Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Wut ist nur ein vorübergehender Bewusstseinszustand – Die Knaller-Serie „Beef“

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin übt sich sehr in Achtsamkeit und vergisst sich selten. Wenn sie mal aus der Haut fährt, dann im Straßenverkehr. Ihrer Meinung nach bleibt so ziemlich jeder Verkehrsteilnehmer unter seinen intellektuellen und motorischen Möglichkeiten. In der ein oder anderen Situationen führte das zum Einsatz der wilden Hupe und des gestreckten Mittelfingers. Einmal hat sie sogar einen Saft-Tetrapack nach einem anderen Autofahrer geschmissen (Hashtag „Ausparken“ und „Vorfahrt“). Das wird sie künftig nicht mehr machen, weil sie die sehr unterhaltsame, düstere und zugleich kluge Serie „Beef“ gesehen hat. Sie weiß jetzt, wohin selbst der kürzeste Moment des Kontrollverlustes im Fahrzeug führen kann: nämlich in die Katastrophe.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Tremé – David Simon uber alles

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin ist ein Krimi-Serien-Fan, nicht von der Sorte Handlung, in der ein „whodunit“ abgearbeitet wird; sie bevorzugt die realistische Darstellung von Polizeiarbeit und deren Auswirkungen auf die Persönlichkeiten. So kam sie auf Projekte von David Simon. Der startete seine TV-Karriere Anfang der 90er mit dem Buch zur Serie „Homicide: Life On The Street“, die er auch als Produzent begleitete. Aus dem zweiten Buch machte er „The Corner“, die thematisch über die Armut einer Familie und ihre Verstrickung in den Drogenmarkt angelegt ist. Anfang der 2000er erfand er „The Wire“ (fünf Staffeln zwischen 2002 bis 2008), mit das Beste, was es je auf dem TV-Serienmarkt gegeben hat – bis heute in einer Liga mit „Sopranos“, „Breaking Bad“, „Justified“, „Sons Of Anarchy” etc. – und „Game Of Thrones” bis Staffel 6. Muss man gesehen haben.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Elder Stateswomen im Film

Von Onkel Rosebud

Meiner Freundin liegt Eifersucht fern. Aber wenn ich alles stehen und liegen lasse, wenn Tilda Swinton (geboren 1960) auf der Mattscheibe erscheint, dann rollt sie abschätzig und leicht genervt mit den Augen. Sie fragt sich aber insgeheim, wieso ich es nötig habe, diese Dame (auch noch) anzuhimmeln. Derweil ist Lady Tilda keine Ausnahme. Ich kann in Würde gealterten Schauspiel-Göttinnen so einiges abgewinnen.

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Geister: Exodus (Riget – Exodus) – Lars von Trier – DK 2022/Plaion Pictures 2024

Von Matthias Bosenick (09.04.2024)

Die zweite Staffel der Krankenhaus-Serie „Geister“, im Original „Riget“, international „The Kingdom“, ließ 1997 viele Fragen unbeantwortet. 25 Jahre später nimmt Regisseur Lars von Trier, ganz wie sein Vorbild David Lynch mit „Twin Peaks“, mit „Geister: Exodus“ die Fäden wieder auf, lässt eine Karen an die Stelle der Geisterseherin Sigrid Drusse treten, reibt sich an Schweden und seiner eigenen Biografie auf und vermengt abermals Aber- und sonstigen Witz mit Horror und Grusel. Das Ende hinterlässt indes wiederum Fragen und die Betrachtenden verunsichert: Was war denn das jetzt?

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Liebe, Tod, Teufel und Sibel Kekilli

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin hat die Schauspielerin Sibel Kekilli zum ersten Mal in „Game Of Thrones“ in der Rolle als Shae im Jahr 2011 wahrgenommen und war begeistert. Sie spielt da eine junge, hübsche Prostituierte, die einige Zeit die Geliebte von einem der wenigen sympathischen Hauptprotagonisten der Serie sein darf. Aber eigentlich war es andersherum: Sie bestimmte, dass er sie „durfte“, und das machte den Reiz ihrer Figur aus.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Wer hat den Hummus erfunden?

Von Onkel Rosebud

Vom kruden Humor des mittlerweile fast Hundertjährigen Mel Brooks, der eigentlich Melvin Kaminsky heißt, mag man halten, was man will, doch seine Parodie-Filme „Spaceballs“ oder „Robin Hood: Men In Tights“ konnten meiner Freundin das ein oder andere Lächeln abringen. Immerhin ist er einer der wenigen Mitglieder der sogenannten EGOT-Truppe, d.h. Künstler bzw. Komiker, die im Laufe der Karriere mit den vier wichtigsten Auszeichnungen der US-Unterhaltungsbranche ausgezeichnet wurden, aber was hat das heute noch zu bedeuten. Mein Favorit seines filmischen Schaffens ist „Die verrückte Geschichte der Welt Teil 1“. Vor allem wegen der Steinzeit-Szenen. In einer entdeckt der Urmensch zufällig die Musik, indem ihm bei der Arbeit ein Stein auf den Fuß fällt. Daraufhin schreit dieser vor Schmerz und das Schlagen mit Steinen auf unterschiedliche urmenschliche Füße gebiert Laute, aus denen eine frühe Fassung von Georg Friedrich Händels „Hallelujah“ zu erkennen ist. Ist sicherlich etwas schlichter Humor, aber recht unterhaltsam und schön doppeldeutig.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Shameless: Was riecht hier so? Ist das Kotze oder teurer Käse?

Von Onkel Rosebud

Die Serienwelt meiner Freundin ist übersichtlich, Sie teilt sie in vier Prioritäten: 1. Romantik, 2. Das Gute gewinnt (oder wie sie sagen würde: „irgendwas mit Superhelden-Ringe-Drachen-Laserschwert“), 3. Whodunnits und 4. den Rest, dem ich anheimgefallen bin.

Zum Besten, was uns in der vierten Kategorie jemals passiert ist, gehört die uns seit Jahren begleitende US-Version der Serie „Shameless“. (Das Original ist britisch, auch gut, aber nicht besser als das Remake.) In insgesamt 134 Folgen (verteilt auf 11 Staffeln) wird das Alltagsleben einer prekären Familie behandelt. Im Mittelpunkt stehen sechs Kinder, die sich größtenteils selbst versorgen, da ihre Mutter die Sippe vor Jahren verlassen hat, und ihr Vater, ein Alkoholiker, keine Hilfe darstellt. Es geht darum, wie Menschen in Armut versuchen, über die Runden zu kommen, in einer würdelosen Welt die Würde zu behalten und auch aus noch so beschissenen Situationen etwas Gutes rauszuholen. Diese Themen sind ein Trigger für uns, weil wir beide auch mit beschissenen Jobs, die schlecht bezahlt wurden, in die letztendliche Unabhängigkeit gestartet sind.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Not for sale – Yellowstone

Von Onkel Rosebud

„There’s only four ways to get rich, kid. One, inherit it. That ain’t happening for you. Two, you steal it. You do not have, my friend, the patience, the power or quite honestly, the intellect to steal anything of substance and keep it, so three, work really, really fucking hard. Okay? You learn. You fail. Learn more, fail more. And don’t let anyone outwork you. Ever. What is option four? Learn how to suck a dick like you lost your car keys in it.”

Als in Staffel 4, Folge 3, die Tochter des Patriarchen diese Brandrede an ihren Adoptivsohn richtete, räkelte sich meine Freundin auf der Couch, knuffte mich liebevoll in die Seite und meinte, da hast Du den Aufhänger, einen Text über die Serie, die quasi wie „Sons Of Anarchy“ ist, nur mit Pferden anstelle Motorrädern, zu schreiben.

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Chicken Run: Operation Nugget (Chicken Run: Dawn Of The Nugget) – Sam Fell – GB/Netflix 2023

Von Matthias Bosenick (29.12.2023)

Nett. Ganz nett, doch. 23 Jahre nach „Chicken Run – Hennen rennen“ lässt das Knetgummifilmstudio Aardman, eben das mit „Wallace & Gromit“ und „Shaun, das Schaf“, seine Hühner abermals rennen, dieses Mal mit umgekehrten Vorzeichen: Es geht darum, in eine hochmoderne Hühnerfarm einzubrechen. Ganz zeitgemäß ist die Hauptfigur ein junges Mädchen, und zwar die Tochter des Geflügelpaars aus dem ersten Teil. Die Analogien zu Hollywoodfilmen sind Teil des Konzeptes, werden hier aber so sehr bedient, dass man sich mehr britischen Humor und mehr Punkrock wünscht. Solide Unterhaltung ist es allemal. Und streckenweise angenehm brutal.

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Veröffentlicht unter TV

Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Friesland: Heiter bis tödlich – Hinterm Deich lauert das Seemannsgarn

Von Onkel Rosebud

Der Lieblingswitz meiner Freundin während Corona ging ungefähr so: Die Bewohner Norddeutschlands fordern die Abschaffung des vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes. Sie wollen ihren alten Abstand von drei Metern zurück.

Diese Art Humor fasst gut zusammen, was den nordisch-spröden Witz, der mittlerweile seit dem Jahr 2014 in siebzehn im ZDF erschienenen „Friesland“-Filmen ausmacht: Die kleine Welt der Ostfriesen und ihr leiser Humor, der im Möwengekreisch untergeht. Die Serie gehört in die Rubrik „Lustiges aus der Provinz“. Für sie wurde das Unwort „Schmunzelkrimi“ erfunden. Und für gebührenfinanziertes Fernsehen made in Germany ist es nahezu ein großer Wurf: Die Geschichten sind unaufgeregt erzählt, liebevoll inszeniert, launig, mit einer gut bemessenen Dosis Tragik gewürzt. Meistens plätschert die Handlung tempoarm vor sich hin, um jäh von Kurzweiligkeit abgewechselt zu werden. Aber vor allem sind die Filme durchweg nicht langweilig. Das macht sie schon mal zu einem hiesigen Qualitätsprodukt und die Einschaltquoten bestätigen das. Samstagabend zur besten Sendezeit haben die bisher erschienenen „Friesland“-Episoden im Durchschnitt einen Marktanteil von über 22%, Tendenz steigend. Für lineares Fernsehen ist das heutzutage eine Sensation. Disney+ hat das auch mitbekommen und einige Folgen in das Portfolio aufgenommen.

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