Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Elder Stateswomen im Film

Von Onkel Rosebud

Meiner Freundin liegt Eifersucht fern. Aber wenn ich alles stehen und liegen lasse, wenn Tilda Swinton (geboren 1960) auf der Mattscheibe erscheint, dann rollt sie abschätzig und leicht genervt mit den Augen. Sie fragt sich aber insgeheim, wieso ich es nötig habe, diese Dame (auch noch) anzuhimmeln. Derweil ist Lady Tilda keine Ausnahme. Ich kann in Würde gealterten Schauspiel-Göttinnen so einiges abgewinnen.

Los ging die Verherrlichung der Diven aus Film und Serie Anfang der Neunziger mit Juliette Binoche (*1964). Filme wie „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ und „Die Liebenden von Pont-Neuf“ haben dazu beigetragen, meine frankophile Aversion, die in Wahrheit auf meine Französisch-Lehrerin an der polytechnischen Oberschule zurückzuführen ist, abzumildern. Mit „Drei Farben: Blau“ brach Madame Binoche mir endgültig das Herz. Sie spielt darin eine trauernde Frau, die ihre Familie verloren hat. Aber eigentlich geht es darum, wie sie mit diesem Schicksalsschlag auf ihr Umfeld reagiert, worauf sie achtet und was ihr wichtig ist.

Serien, die ich nur wegen der weiblichen Hauptrolle zu Ende gesehen habe, sind zum Beispiel „The Leftovers” und „The Gilded Age“ (Carrie Coon, *1981), Keri Russell (*1976) in „The Americans“ und Claire Danes (*1979) in „Homeland“. Keine dieser faszinierenden Frauen möchte ich gegen meine Freundin eintauschen, aber bei den folgenden filmischen Sensationen werde ich immer schwach:

Sandra Hüller (*1978), Suhl’s Finest. Absolut grandios in „Toni Erdmann“. Cate Blanchett (*1969). Ehrlich? Ich habe die „Herr der Ringe“-Triologie nur wegen ihr als Figur „Galadriel“ ertragen. Laura Dern (*1967) bewundere ich seit ihrer Zusammenarbeit mit David Lynch in „Blue Velvet“, „Wild At Heart“ und der 3. Staffel von „Twin Peaks“. In „Big Little Lies“ verkörpert sie großartig den Charakter Renata, die sich aus ärmlichen Verhältnissen emporgearbeitet hat und einen materiellen und gesellschaftlichen Absturz erlebt. Allison Janney (*1959) als C.J. Cregg in „The West Wing“. Scharfsinnig, wortgewandt, charmant und humorvoll. Frances McDormand (*1957) als schwangere Sheriff in „Fargo“ und unübertroffen in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri”.

Nun zu den Grand Damen: Klar, kein Weg führt in meiner Generation an Sigourney Weaver (*1949) vorbei. Die ersten vier Filme der „Alien“-Reihe machten sie zum ersten weiblichen Actionstar der Filmgeschichte. Unvergesslich bleibt auch ihr selbstironischer Auftritt in „Paul – Ein Alien auf der Flucht“. Helen Mirren (*1945) ist eine Offenbarung in „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“ und natürlich als die Queen. Aber die tollste von allen ist die unvergleichliche Maggie Smith (*1934). Jede Szene, in der sie als Violet Crawley, Dowager Countess of Grantham, in „Downton Abbey“ mitwirkt, ist ein Smasher. Und natürlich ist mir die kinderbedingt mehrfache Ertragung des filmischen Harry-Potter-Kanons leichter gefallen, weil Margaret Natalie Smith Cross, Minerva McGonagall, die Hauslehrerin von Gryffindor und Lehrerin für Verwandlung, schauspielerisch verantwortet. Durchschnittlich einmal im Monat recherchiere ich, ob sie noch lebt. Und dann freue ich mich, dass dem noch so ist.

„Never complain, never explain.“ (Violet Crawley). So wie der Sinn dieser Kolumne.

Onkel Rosebud