Marc Ribot – Map Of A Blue City – New West Records 2025

Von Guido Dörheide (02.07.2025)

Irgendwo las ich jüngst, wie es zum Titel des neuen Marc-Ribot-Albums kam: Als seine Tochter ein Kind und Marc Ribot ein junger Vater war, zeichnete die Tochter die Karte einer Stadt in tiefem Blau, und er meinte, das wäre eine schöne blaue Karte einer Stadt. Die Tochter korrigierte den Vater und sagte, es sei keine blaue Karte einer Stadt, sondern die Karte einer blauen Stadt. Sowas kriegen nur Töchter hin, ich musste gleich dran denken, wie meine ältere Tochter früher immer auf meine Frage „Hey M., soll ich die Pizza in 6 oder in 8 Stücke schneiden?“ mit „Papa! 6 Stücke. 8 Stücke sind zu viel, die schaffen wir nicht!“ antwortete und wir uns kaputtgelacht haben. Töchter sagen sowas, und es ist großartig, ebenso wie das „Hey Du! Ich mag Dich nicht mehr – gib mir sofort meine Telefonnummer zurück“ von meiner Jüngsten.

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La Nouvelle Musique – La Nouvelle Musique – Fruits de Mer Records 2025

Von Matthias Bosenick (03.07.2025)

Von wegen „La Nouvelle Musique“, was das gleichnamige Londoner Duo auf seinem Debütalbum präsentiert, ist schon sehr retro, und außerdem wirkt es wie eine Compilation, weil Joanna Beck und Ian de Silva eine überraschend weite Palette an Genres auf ihre elf Songs verteilen. Kammerpop, Akustik-Folk, Bond-Song, Wave, Soul – was diese Stücke eint, ist eine unterschwellige Melancholie, die selbst bei den fröhlicher arrangierten Songs noch mitschwingt. Gerade das ist ein weiteres Qualitätsmerkmal dieser vermeintlich neuen Musik.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Die Legende Kim Deal

Von Onkel Rosebud

Als das zarte Pflänzlein unserer Liebe noch keimte, also am Anfang der Beziehung mit meiner Freundin, hat mich echt genervt, dass sie Kim Gordon mit Kim Deal verwechselte bzw. dachte, das wäre einunddieselbe Person, die Kim eben. Dabei war das doch aus meiner Sicht gar nicht so schwer, die beiden Göttinnen auseinander zu halten: Die eine spielte Bass in der besten Rockband aller Zeiten und hatte Beef (und eine Tochter) mit dem schlaksigen Thorsten, der sie aber ab und zu mal singen ließ. Die andere spielte Bass in der besten Alternativ-Rockband aller Zeiten und kam mit dem kleinen Frank nicht zurecht, der es nicht für nötig erachtete, sie öfter vor das Mikrophon zu stellen.

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Gasbrand – Fading Away In Nothingess – Gasbrand 2025

Von Guido Dörheide (01.07.2025)

Eine neue Band mit einem bekloppten Namen – und zu allem Überfluss nennt sich der Sänger und Bediener sämtlicher Instrumente mit Ausnahme des Schlagzeugs auch noch Azaziel – hieß so nicht der Kater von Gargamel bei den Schlümpfen? Also so viel vorweg: Gasbrand hat nichts mit dem gefürchteten Gefrierbrand zu tun, auch nicht mit flackernden Gasbeleuchtungen, sondern meint im pschyrembelschen Sinne eine mit Gasbildung einhergehende nekrotisierende Infektion der Weichteile, die hauptsächlich auf eine Wundkontamination mit dem Bakterium Clostridium perfringens zurückzuführen ist, auch bekannt als clostridiale Myonekrose, eine im Ersten Weltkrieg unter Soldaten sehr verbreitete Todesursache. Der vermeintlich reißerische Bandname hat also einen ernsten Ursprung, wer sich in seinen Texten mit den Schrecken des Krieges beschäftigt, darf sich auch einen martialisch anmutenden Bandnamen zulegen und unter den Pseudonymen Azaziel und F.N. firmieren, von mir aus.

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Swans – Birthing – Mute/Young God Records 2025

Von Matthias Bosenick (02.07.2025)

„Birthing“ soll laut Bandkopf und Liturg Michael Gira das letzte Album der Swans im alten Sound sein, also in der Gemengelage aus Lärm und Schönheit, die diese Band seit 1981 so einzigartig in die Welt brüllt. So richtig zum Brüllen kommen die Swans auf diesem 17. Album schon jetzt nicht mehr, in den zwei Stunden überwiegen hypnotische Loops und Drones und Chöre über die physisch wahrnehmbaren Lärmwände. Auf der beigefügten DVD kann man sowohl Gira solo als auch die Band dabei beobachten, wie sie ihre einzigartigen Monumente errichtet. Ein Spektakel!

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Benedict Taylor & Dirk Serries – Geometric Folklore – A New Wave Of Jazz 2025

Von Matthias Bosenick (01.07.2025)

Folklore also, soso. Das kann ja jeder behaupten. Mit dem Zusatz Geometrisch passt es schon besser: An der Archtop-Gitarre, also einer gewölbten Akustischen, sitzt Dirk Serries, an der Bratsche Benedict Taylor, zusammen generieren sie live in der Oude Kloster Kapel zu Brecht in Belgien diese „Geometric Folklore“, selbstredend improvisiert, festgehalten auf ihrem neuen gemeinsamen Album. Es kratzt und klimpert – in der Tat: Folklore kann man ahnen, die Abstraktion zerlegt aber jeden durchaus vorhandenen Ansatz herkömmlicher Strukturen. Das macht dieses Album dann auch hörbar, dass das Duo nicht auf Vertrautes verzichtet, es nur anders zusammenfügt und erweitert.

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Kokkinià – The Last Are Lost From The List – Bitume Prods/Kokkinià 2025/2022

Von Matthias Bosenick (30.06.2025)

Drei Jahre nach der Veröffentlichung in Eigenregie bringt das Label Bitume Prods das Debüt „The Last Are Lost From The List“ der griechischen Heavy-Psych-Rockband Kokkinià neu heraus, ergänzt um zwei neue Songs, die das Spektrum der Athener erheblich erweitern. Basieren die ersten sieben Songs noch auf variantenreichem Bluesrock, entwickelte die Band in der Zeit danach einen Blick für Progressivität. Den für soziale Gerechtigkeit und Antifaschismus behielt sie bei.

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Austere – The Stillness Of Dissolution – Prophecy Productions 2025

Von Guido Dörheide (25.06.2025)

Ja wow – nur ein Jahr nach „Beneath The Treshold“ veröffentlichen Austere aus New South Wales, Australien, ihre nächste Langspielplatte. Ihre fünfte insgesamt. Ihre dritte seit dem 2023er Comeback „Corrosion Of Hearts“, davor war seit 2009 („To Lay Like Old Ashes“) sozusagen ein Hiatus, aber nun sind sie ja wieder da. Und wie!

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Trainer – Oh, Mandy! – Fidel Bastro/Broken Silence 2025

Von Matthias Bosenick (26.06.2025)

Konventionen sind für Anfänger, und weil das so ist, bricht die Band Trainer gleich mal mit so ziemlich allen, die ihr einfallen. Als erstes verzichten Trainer auf Bass und haben stattdessen zwei Gitarren. Als zweites verzichten sie auf herkömmliche Songstrukturen, als drittes auf Gefälligkeit und als viertes muss auch nicht jeder Ton akkurat und sauber sitzen, um als Ganzes ansprechende und gelungene Musik zu ergeben: Was die vier Saarbrückener hier machen, startet irgendwo im Noiserock und endet noch längst nicht im No Wave. Und bleibt dabei dennoch zugänglich. „Oh, Mandy!“, das zweite Album des Quartetts, kommt im August, die Single „Mammoth“ ist bereits zu hören. Mit Barry Manilow hat dieses Album aber nichts am Hut, gottlob.

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Wolf Kadaver & Die Betrüger – Fortsetzung folgt …/Im Morgengrauen – Tanzende Kadaver 2025

Von Matthias Bosenick (25.06.2025)

Mit „Fortsetzung folgt …“ trägt das neue Album von Wolf Kadaver & Die Betrüger schon mal einen vielversprechenden Titel, den das noch junge Projekt um den Kopf der Tanzenden Kadaver auch umgehend umsetzt, indem es den Song „Im Morgengrauen“ als Single mit B-Seiten auskoppelt. Dieses Projekt trägt weit weniger Punkrock in sich als die Hauptband, dafür aber haufenweise Sounds und Stile mehr, die man nicht erwartet hätte, bis hin zum Surf und zum Techno, die sich in diese Menge aus Waverock, Deutschrock, Spaßpunk und vielen weiteren Genres bestens einnisten. Mit der durchschlagenden Kraft des Ohrwurms.

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