Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Friesland: Heiter bis tödlich – Hinterm Deich lauert das Seemannsgarn

Von Onkel Rosebud

Der Lieblingswitz meiner Freundin während Corona ging ungefähr so: Die Bewohner Norddeutschlands fordern die Abschaffung des vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes. Sie wollen ihren alten Abstand von drei Metern zurück.

Diese Art Humor fasst gut zusammen, was den nordisch-spröden Witz, der mittlerweile seit dem Jahr 2014 in siebzehn im ZDF erschienenen „Friesland“-Filmen ausmacht: Die kleine Welt der Ostfriesen und ihr leiser Humor, der im Möwengekreisch untergeht. Die Serie gehört in die Rubrik „Lustiges aus der Provinz“. Für sie wurde das Unwort „Schmunzelkrimi“ erfunden. Und für gebührenfinanziertes Fernsehen made in Germany ist es nahezu ein großer Wurf: Die Geschichten sind unaufgeregt erzählt, liebevoll inszeniert, launig, mit einer gut bemessenen Dosis Tragik gewürzt. Meistens plätschert die Handlung tempoarm vor sich hin, um jäh von Kurzweiligkeit abgewechselt zu werden. Aber vor allem sind die Filme durchweg nicht langweilig. Das macht sie schon mal zu einem hiesigen Qualitätsprodukt und die Einschaltquoten bestätigen das. Samstagabend zur besten Sendezeit haben die bisher erschienenen „Friesland“-Episoden im Durchschnitt einen Marktanteil von über 22%, Tendenz steigend. Für lineares Fernsehen ist das heutzutage eine Sensation. Disney+ hat das auch mitbekommen und einige Folgen in das Portfolio aufgenommen.

Der Grund, warum sich „Friesland“ zu schauen lohnt, ist auch die gute Besetzung. Die Figuren sind zwar schablonenhaft angelegt, aber durchweg recht sympathisch. Im Mittelpunkt stehen die Polizisten Jens Jensen (mild und herzensgut Florian Lukas), abgelöst ab Folge 6 durch Henk Cassens (Maxim Mehmet) und Süher Özlügül (Sophie Burcu Dal). Er ist im Dorf verwurzelt und eher bequem unterwegs. Sie ist dagegen eine strebsame Einzelgängerin und durch ihren Vater in den Ort der Handlung, nach Leer, emigriert. Beide sollen im Team arbeiten und, wenn es drauf ankommt, auch zusammenhalten, aber auch oft genug geraten sie aneinander, wenn sie in Ermittlungen ihre Kompetenzen überschreiten oder Dienstliches und Privates nicht trennen können. Kurzgefasst: Er guckt immer treudoof, sie mal streng, mal lieb.

Dazu die Nebenrollen: Jan Brockhorst (Felix Vörtler), Kriminalhauptkommissar, zunächst von Wilhelmshaven aus für Mordfälle in Leer zuständig, ab Folge 4 wird er als neuer Dienststellenleiter dorthin strafversetzt. Was ihm das Leben vollkommen vermiest, da er von Friesland allgemein und von Leer im Besonderen überhaupt nichts hält. Seine zwei Untergebenen behandelt er betont herablassend, wird in Dialogen persönlich, verletzend, diskriminierend. Sein beißender Spott ist immer ein Höhepunkt der Filme. Wolfgang Habedank (Matthias Matschke leider nur in der 1. Folge, dann immer Holger Stockhaus) ist Bestatter am Ort, betreibt im Keller seines Hauses eine Hanf-Plantage und ist verantwortlich für zahlreiche Running Gags. Und Insa Scherzinger (die grandiose Kira Theresa Beatrice Frederike Felicitas Cornelia Maria „Resi“ Underberg) gibt eine äußerst charmante Apothekerin und leidenschaftliche Hobby-Forensikerin ab, die mit ihren Erkenntnissen der offiziellen Rechtsmedizin immer voraus ist.

Hauptdarstellerin ist jedoch die Landschaft. Die Kameraarbeit mit der ostfriesischen Gegend erschafft einen überdurchschnittlich ausgereiften Stil der Reihe und nutzt diese auch, um Stimmung zu erzeugen. Dazu die Titelmelodie von David Bowie aus dem Song „Suffragette City“ – das hätte öffentlich-rechtlich scheußlicher kommen können.

Die Drehbücher überzeugen leider weniger, denn die den Krimifall entsprechenden Erklärungen wiederholen sich, meist albern und vorhersagbar. Die Dialoge sind weitestgehend spröde geschrieben, oft unmotiviert vorgetragen und fast so flach, wie die Inseln, auf denen sie spielen. Die Gags, die oft viel zu erzwungen und ausgelutscht wirken, kommen als Nummernrevuen, die auf Familientauglichkeit getrimmt sind, rüber.

Unterm Strich: Die „Friesland“-Filme sind wie ein Witz, der mit umgekehrten Vorzeichen funktioniert: Blondinen und Ostfriesen gewinnen am Ende immer.

Onkel Rosebud

P.S.: Der Menschenschlag, von dem meine Freundin abstammt, hat nach der Wiedervereinigung die Witze über Ostfriesen abgelöst. Trotzdem kann ich mir jetzt und hier nicht verkneifen, die unvermeidlichen Großen Fünf der Ostfriesenwitze (politisch überhaupt nicht korrekt und menschenverachtend dazu) darzubieten:

5. Was passiert, wenn ein Österreicher nach Ostfriesland geht? Die Österreicher haben einen Deppen weniger, die Ostfriesen einen Ingenieur mehr.

4. Warum haben die Ostfriesen keine U-Boot-Flotte mehr? Die ist am Tag der offenen Tür untergegangen.

3. Warum streuen Ostfriesen Pfeffer auf den Fernseher? Damit das Bild schärfer wird!

2. Was machen Ostfriesen, wenn der Strom ausfällt? Sie gehen ans Meer und holen sich ein Kilo Watt.

1. Ein Ostfriese lehnt sich gegen die Wand. Die Wand fällt um. Warum? Der Klügere gibt nach.