We Fog – Sequence – We Fog/Peyote 2024

Von Matthias Bosenick (21.10.2024)

Das geht zurück in eine andere Art von Neunziger: Noiserock, Stop-And-Go-Riffs, vereinzelt schöne Melodien in Lärm eingebettet, Bock auf geordneten Krawall, übersteuerte Saiteninstrumente, saftiges Schlagzeug, beiläufiger Gesang, unkonventionelle Songstrukturen, alles, wie man es sich wünscht, wenn man auf Sonic Youth, 13th Dye und andere energetische Noiserocker steht. Wer zusätzlich etwas außerhalb dieser Schublade haben möchte, bekommt zuletzt zwei Songs mit Amaury Cambuzat, der das Veroneser Trio We Fog in andere Bahnen lenkt, strukturell und die Atmosphäre betreffend. „Sequence“ ist erst das zweite Album von We Fog, mit 21 Minuten zwar kurz, aber intensiv geraten.

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In Liebe, Eure Hilde – Andreas Dresen – D 2024

Von Matthias Bosenick (18.10.2024)

Warum sollte man sich ein Ticket für einen Film lösen, in dem die Nazis gewinnen? Nicht nur angesichts gegenwärtiger Wahlergebnisse ist das keine attraktive Aussicht. Aber „In Liebe, Eure Hilde“ ist von Andreas Dresen, das ist ein Argument dafür. Und Dresen löst jede Erwartung ein – im Guten wie im Schlechten: Seine Bildsprache und seine Erzählweise sind rein filmisch betrachtet mehr als sehenswert – und die Geschichte ist in ihrem Ausgang absolut unerträglich und erschütternd. Man begleitet die in der gesamtdeutschen Historie aus dem Blickfeld verschwundene kommunistische Widerstandskämpferin Hilde Coppi parabelartig vorwärts in ihre Exekution und rückwärts in ihre Rolle als Geliebte und antifaschistische Verschwörerin. Und Dresen hält erbarmungslos drauf.

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Chaos Shrine – Shadows Of The Invisible – EEEE 2024

Von Matthias Bosenick (17.10.2024)

Zwei unveröffentlichte Songs und einen Remix kombiniert das Turiner Duo Chaos Shrine, bestehend aus dem klassisch ausgebildeten Komponisten Andrea Cauduro und dem Expermentalmusiker Paul Beauchamp, zu einer EP, bevor es sich an das zweite Album macht: „Shadows Of The Invisible“ ist ein feiner Titel für diese Art von abstrakter Musik, die man leicht in die Industrial-Schublade legen kann, obwohl die viel zu eng für die Musik hier ist. Die beiden ersten Tracks sind überraschend rhythmisch, das Wort Remix hingegen blendet die Erwartungen, denn tanzbar ist der Bonus-Track mitnichten. Rework passt da als Bezeichnung viel besser.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Die Lüge – Über das Verdrängen einer Vergewaltigung

Von Onkel Rosebud

Im Original heißt die Miniserie auf Netflix „En helt vanlig familj”, wie auch im Englischen: „A nearly normal Family“ – also eine fast normale Familie. Denn das schöne Familienbild, das sich die Sandells aufgebaut haben, stimmt so nicht ganz. Das wird vor allem in einer Situation ganz deutlich. Die Tochter überlebt in jungen Jahren einen Vorfall von sexualisierter Gewalt – und versucht, ihren Eltern die Situation zu erklären. Ihr Vater steht auf ihrer Seite, doch überraschenderweise will ihre Mutter den Vorfall nicht zur Anzeige bringen. Sie beteuert zwar, dass sie ihrer Tochter glaubt, doch weiß sie, dass eine Anzeige zu einer sehr persönlichen Befragung und Untersuchung führen würde, die Stella womöglich noch mehr traumatisieren könnte.

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Traum – Traum – Tonzonen Records 2024

Von Matthias Bosenick (15.10.2024)

Sonne und Entspannung aus den Sechzigern verspricht das Kölner Psychedelik-Trio Traum auf seiner selbstbetitelten 12“, der erst zweiten Veröffentlichung dieser Band überhaupt. Vier harmonische Songs, durch die die Sonne von Haight-Ashbury und Britische Harmonien strömen. Keine Modernismen, sehr authentisch, da haben die jungen Leute die Plattenkisten ihrer Mamas & Papas geplündert und sehr gut hingehört. Eine leichte Weh- oder Schwermut schwingt unüberhörbar mit, das erdet diese Retrolieder.

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Verstärker – V – Finaltune Records 2024

Von Matthias Bosenick (14.10.2024)

Merkst du, was ich merke? Instant-Ohrwurm, sobald man den Bandnamen Verstärker liest. Die Musik auf „V“ indes hat mit Blumfeld nicht sonderlich viel gemein: Instrumental-Postrock, verteilt auf fünf live eingespielte neue Tracks dieses Münchener Trios (und nicht der Band aus Kentucky!). Nun ist der Postrock in seinem Genre etwas limitiert und in den Jahren, die er existiert, reichlich auserzählt worden. Da muss man sich also unterscheiden, wenn man dem noch etwas hinzufügen will, und nachdem Verstärker zwei Tracks lang zwar die klassische Anmutung, aber mit mehr Fuzz bedienen, schlagen sie Kapriolen, die mehr als nur aufhorchen lassen.

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20 Jahre KrautNick – Die Radioparty auf Radio Okerwelle am 12. Oktober 2024

Von Guido Dörheide, Onkel Rosebud und Matthias Bosenick

Wir arbeiten noch an der Betrachtung unserer Radioparty. Erstmals sind wir dankbar – euch fürs Zuhören und Mitlesen und Teilnehmen, Marvin, dass er uns den Sendeplatz zur Verfügung stellte und uns so versiert betreute, und euch Kulturschaffenden, dass ihr unser Leben so bereichert. Mehr folgt!

[21.10.2024] Und zwar hier, auf einer eigens ins Leben gerufenen Seite, inklusive Links zu den drei Listen der drei Betreibenden zu 20 Jahre – 20 Ereignisse.

Die Show zum Nachhören:

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The Notwist – Live im WestAnd in Braunschweig am 11. Oktober 2024

Von Matthias Bosenick (13.10.2024)

Mein alter Biolehrer hat jetzt auch eine Band, der Herr Acher. Der singt da, aber das kann man oft kaum hören, und er spielt Gitarre, aber nicht so richtig gut, der haut da immer so mehr drauf rum, und dann drückt er auf Synthies irgendwelche Tasten oder macht an einem Plattenspieler herum, und die anderen sechs machen wohl eigentlich die Musik, auch so mit Synthies, und Harmonica, Tuba, mehr Gitarren und so Zeug, die steigern sich da so in ihre Mucke rein, das soll wohl so elektronische Rockmusik sein, und dann wird es plötzlich Techno und Reggae und Free Jazz und Madchester-Rave und Hardcore und Dub, meine Güte, und erst zum Schluss so ein bisschen mehr so Rockpop. In mündlich hat er mir mal 12 Punkte gegeben, der Herr Acher, für ein Referat, fand ich gut. Ach ja, The Notwist heißt seine Band, und mit der war er im WestAnd in Braunschweig. Und machte den Saal glücklich.

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Clarke Buehling – Live im Café MokkaBär, Braunschweig, am 10. Oktober 2024

Von Matthias Bosenick (11.10.2024)

Das war eine Zeitreise: Nicht nur überhaupt Musik auf dem fünfsaitigen Banjo ist der Schwerpunkt des in Banjokreisen als lebende Legende geltenden Clarke Buehling aus Fayetteville, Arkansas, USA, er weiß zu den Kompositionen und Arrangements einiges zu berichten und nimmt die Zuhörenden mit in die USA von vor 200 bis 100 Jahren, als das Land noch stärker als europäische Kolonie in Erscheinung trat. Begleitet von zwei Schweden namens Pär, nämlich Pär Engstrand (von der Folkband Plough) an der Akustischen und Fotograf Pär Persson Mattsson (alias Fiddlestomper) an der Fiddle, bereitete der Weitgereiste dem Publikum im Braunschweiger Café MokkaBär einen virtuosen, stimmungsvollen und unterhaltsamen Abend.

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Bastard – Live And Alive – Lava Records 1980/Sireena 2024

Von Matthias Bosenick (10.10.204)

Noch so ein Vermächtnis, das die Leute von Sireena aus dem Nirwana zurückholen: Bastard war eine von AC/DC beeindruckte End-Siebziger-Hardrockband aus Hannover, die es auf lediglich zwei Studioalben brachte. Als Schwanengesang veröffentlichte die Gruppe 1980 auf dem lokalen Indie-Label Lava Records die Zusammenstellung zweier Konzertmitschnitte als „Live And Alive“, auf der sie ihre Riffs erst so richtig aus der Hüfte feuerten. Das gibt’s jetzt erstmals auf CD und im Stream – und es ist die Neu- und Wiederentdeckung wert.

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