Liegengeblieben!

Hallo. Ich bin Chrisz Meier und arbeite bei einem Bürgerradio in Südwest-Niedersachsen. Der Sender bekommt ständig Promo-CDs zugeschickt, die niemand verlangt hat und um die sich niemand kümmert. Diese CDs landen dann mitsamt ihrem Beipackzettel der Plattenfirma, auf der die jeweilige Band stets als die Neuerfinder der Musik gepriesen wird, in einer schmucklosen Ablage, beschriftet mit „Zum Mitnehmen“. Einige der bei dem Sender ehrenamtlich Tätigen, Betreiber ihrer eigenen Radioshows, bedienen sich daraus, vieles bleibt aber dennoch liegen. Diese Liegengebliebenen durchforste ich in unregelmäßigen Abständen, immer auf der Suche nach unentdeckten Perlen – nicht zuletzt deswegen, weil ich, selbst Teil einer Band, der keinerlei Beachtung entgegengebracht wird, es ungerecht finde, diese mit viel Herzblut und Zeit hergestellte Musik einfach zu ignorieren.

Also werde ich an dieser Stelle hin und wieder ein paar dieser Liegengebliebenen vorstellen.

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The Wedding Present – Marc Riley Sessions Vol. 5 – Clue Records 2025

Von Matthias Bosenick (17.06.2025)

Seit diversen Jahrzehnten avancierte David Gedge zum Meister der Zweitverwertung, da kann man die Serie an BBC-Mitschnitten für Marc Riley mit den Gardinencovern durchaus hinzuzählen. Deren fünfter Teil mit Aufnahmen von 2019 und 2023 birgt mit zwei Coverversion und diversen roheren Neueinspielungen abseitiger älterer sowie bis dato noch unveröffentlichter Songs der englischen Schrammel-Indierock-Instanz The Wedding Present einigen Kaufanreiz. Aber Vorsicht: Bei der CD handelt es sich lediglich um eine CDr!

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The Hu live im Wolters Applausgarten – Sonntag, 15. Juni 2025 (Vorband: Eihwar)

Von Guido Dörheide (16.06.2025)

Ich war immer skeptisch, was die Hu anbetrifft, konnte ich mich doch noch gut an den Hype um eine mongolische Rock- bzw. Metalband vor einiger Zeit erinnern und auch, wie ich damals dachte, „Vertraue nie dem Hype“, und so immer einen Bogen darum gemacht habe, mir „The Gereg“ (2020) einmal anzuhören.

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Melancholie bis zur existentiellen Erschöpfung: The Hard Quartet live im Beatpol, Dresden, 15. Juni 2025

Von Onkel Rosebud (15.06.2025)

Sonntagabend in Dresden. Der bisher heißeste Tag des Jahres (32°C) geht mit einem reinigenden Gewitter dem Ende zu. Heerscharen von Touristen schauen auf die Carolabrücke, wie sie langsam zu Staub zerfällt. Die Stadt macht sich bereit für Freiluftgedöns und Erregung öffentlicher Langeweile bei den Filmnächten am Elbufer. Dieses Jahr haben sich die Veranstalter gedacht, Ski Aggu, Nina Chuba, Johannes Oerding, Provinz, Die Vier Komischen Fünf aus Stuttgart und Sido wären als Pentobarbital-Substitut für die Masse eine gute Idee. Deshalb freut es meine Konzertgruppe und mich umso mehr, dass der altgediente Indie-Schuppen mit dem Siegel für Geschmackssicherheit namens Beatpol, formerly known as Starclub, nach der Corona-Zeit wieder mit einem Programm in alter Stärke aufwartet. Dieser reine Konzertklub ist eine Instanz dieser Stadt, hat seit Anfang der Neunziger für uns quasi das Wohnzimmer verlängert und diverse Sternstunden der Daseinsbewältigung inklusive Melancholie bis zur existentiellen Erschöpfung bereitgehalten, wie zum Beispiel den Auftritt von NoMeansNo anno 2016.Wowee Zowee, war der schön.

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Hatred Inherit – Void – Pest Records 2025

Von Matthias Bosenick (16.06.2025)

Schlagzeug und Bass überholen alle anderen, da kommen selbst die Gitarren kaum mit. Zur Abrundung gibt’s Growlen obendrauf. „Void“, das zweite Album der Bottroper Hatred Inherit, ist im Death Metal angesiedelt, allerdings kann man bei dem Tempo auch den Black Metal annehmen. Oder auch mal zwischendurch zu Thrash Metal entspannt mit dem Kopf nicken, der Nacken bekommt noch früh genug wieder sein Fett weg. Und Melodien können die fünf auch! Nur eines nicht: gute Laune – zum Glück.

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Agabas – Hard Anger – Agabas 2025

Von Matthias Bosenick (16.06.2025)

Der Titel passt wie die Faust aufs Butterbrot: „Hard Anger“ knallen einem Agabas aus Trondheim um die Ohren, als Amalgam aus irgendwie Hardcore, irgendwie Metal und irgendwas mit Saxophon. Ausgehend von Oldschool-Elementen, preschen und dreschen die sechs Norweger einem ihre eigene Vision dessen ins Antlitz, wie man sich künftig musikalisch die Rübe einkloppt. Jedes Break sitzt, das Screamo-Geschrei passt, das Saxophon führt sich auf wie ein natürlicher Bestandteil von allem, was brutalst das Gesicht eindrückt. Zurückhaltung, Wiedererkennbarkeit und Struktur sind Agabas dabei auch nicht fremd, damit runden sie dieses Album ab.

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The Young Gods – Appear Disappear – Two Gentlemen Records 2025

Von Guido Dörheide (14.06.2025)

Von den Young Gods aus der Schweiz habe ich – damals als Kind – zuerst gelesen, dann ihre dritte Veröffentlichung „Play Kurt Weill“ (mit wunderbaren Industrial-Versionen von Songs aus der „Dreigroschenoper“ und „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“) gehört, bei meinem Gifhorner Freund Klaus, dem ich ohnehin einen großen Teil meiner musikalischen Sozialisierung zu verdanken habe.

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Van Morrison – Remembering Now – Exile/Virgin 2025

Von Guido Dörheide (13.06.2025)

Von Van The Man zu Ivan The Horrible oder um nicht zu sagen „Schorsch Ivan, hör auf am sabbeln, die Leute gucken schon!“, so stellte sich der Werdegang des gerade mal knapp über anderthalb Meter großen Nordiren seit Corona leider dar. Nun bricht man nicht einfach mal so eben mit dem Schöpfer von „Gloria“ und „Brown Eyed Girl“ sowie dem Interpreten von „It’s All Over Now, Baby Blue“, nein, sowas macht man sich schwer und hadert mit sich und versucht, Künstler und Kunstwerk zu trennen. Was im Falle von Schorsch Ivan nicht ganz so einfach ging, weil er ja sein Geschwurbel auch in seine Texte hat einfließen lassen. Dazu höre man sich gerne mal „What’s It Gonna Take?“ aus dem Jahr 2022 an, Kotztüten verschicke ich gerne auf Anfrage.

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Hans Rosenthal – Zwei Leben in Deutschland – eine jüdisch deutsche Geschichte (gebundenes Buch: Quadriga 2025; Hörbuch: Lübbe Audio 2025)

Von Guido Dörheide (12.06.2025)

Hans Rosenthal, einer der Titanen der Rundfunk- und Fernsehunterhaltung der deutschen Nachkriegszeit, wäre am 2. April dieses Jahres 100 Jahre alt geworden. Leider ist er schon im Februar 1987, kurz vor seinem 62. Geburtstag, in Folge einer Krebserkrankung verstorben. Mit „Dalli Dalli“ und „Rate mal mit Rosenthal“ hat er für zahlreiche Fernsehsternstunden meiner Kindheit gesorgt, mit seiner immer authentischen, warmherzigen Art – Rosenthal war jederzeit darauf bedacht, die Auftretenden in seinen Shows gut dastehen zu lassen und menschlich-sympathisch rüberzubringen – machte er mir deutlich, dass man sowohl prominent als auch bescheiden und menschlich sein konnte, und dann erzählte mir meine Oma, dass Rosenthal als Jude nur mit Mühe und Not das Dritte Reich überlebt habe.

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Spezial: Nemu Records – Fünf Veröffentlichungen – 2022-2024

Von Matthias Bosenick (13.06.2025)

Seine letzten fünf Veröffentlichungen teilt das Jazz-Label Nemu Records. In dieser Sparte gibt es keine Band- oder Projektnamen, hier heißen die Zusammenkünfte wie die Beteiligten, und ein Name taucht auf allen fünf Covern auf: Klaus Kugel, Schlagzeuger und Percussionist – und gleichzeitig einer von zwei Labelbetreibenden. Zu hören gibt es hier: „Live At FreeJazzSaar 2019“, „No ToXiC“, „Black Holes Are Hard To Find“, „Yamabiko Quintet“ und „Transitions – Transatlantic Five“.

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