Näcken Du Naon – All The Past Horsed Lights – Antibody 2024

Von Matthias Bosenick (05.07.2024)

Schieben wir mal den Fakt beiseite, dass das Brüsseler Duo Näcken Du Naon seine Veröffentlichung „All The Past Horsed Lights“ mit einem Zitat des menschenverachtenden Arschlochs Aleister Crowley begleitet: Die Musik auf diesem kaum halbstündigen Debüt ist nur wenig als solche zu bezeichnen, Eric Desjeux und Alban Mercier experimentieren erstmal mit ihren digitalen Klangerzeugern, Samplern und sonstigen Gerätschaften herum, um düstere Räume zu schaffen, bis sie im dritten von fünf Tracks erstmals einen Rhythmus finden. Unbequem und eindrucksvoll, weit weg von gewöhnlichem Industrial oder gar Synthiepop, eher noch verwandt mit Neunziger-Warp-Acts wie Autechre, nur auf ihre Weise radikaler.

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The Shepherd – The Beguiling Mind Games – Loud Rage Music 2024

Von Matthias Bosenick (04.07.2024)

Es scheppert bei The Shepherd. Milder Name für eine wilde Band, die noch nicht mal eine ist, sondern das Solo-Projekt des umtriebigen Liviu Ionel Gugui aus Bukarest: „The Beguiling Mind Games“ ist eine halbe Stunde auf die Fresse, Death und Thrash Metal, schnell, laut, fett, groovy, gern auch mal melodiös und stets voller Energie. Das gerade halbstündige Album föhnt einem die Haare weg.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Meine 180-Grad-Wende in der Causa AnnenMayKantereit.

Von Onkel Rosebud

Die wichtigsten beiden Frauen in meinem Leben lieben AnnenMayKantereit. Meine Mutter ist nicht dabei. Gemeint sind Freundin und Tochter. Das groovy, melancholisch Heimelige und natürlich Henning Mays Kratzbürsten-Stimme haben es ihnen angetan.

„Pocahontas“ und das ganze erste Album „Alles nix Konkretes“ (2016) hat mich so gar nicht abgeholt, obwohl alle um mich herum es liebten. Der Sänger sang, es tue ihm leid, und unterlag trotzdem dem Irrtum, achtmal in 3 Minuten und 12 Sekunden den Namen Pocahontas zu wiederholen. Ich empfand mich nicht der Zielgruppe zugehörig. Ich bin halt kein Student mehr mit Motivationsproblemen, morgens früh aufzustehen. Ich tat es ab in den Ordner „Banales Dramatisch Besungen“. Diese „Ist-doch-alles-nicht-so-schlimm“-Lyrik aus der Mittelschichtsblase und das „Wir-spüren-wieder-die-Sonnenstrahlen-auf-den-Wangen“-Gefühl empfand ich als schnurzpiepes Langweiler-Gejammer von Großstadt-Privilegierten. Im Nachhinein ist die Platte schlicht bahnbrechend.

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The Shadow’s Gone Out – John Doe/Final Alarm – Bitume Prods 2024

Von Matthias Bosenick (03.07.2024)

Eigentlich ist Industrial Metal ja eine Musikrichtung, die in den Neunzigern mit sagen wir Ministry und Nine Inch Nails sowie zahllosen weiteren Helden und Epigonen auserzählt ist, davon singen Bands wie Filter noch heute traurige Lieder, weil sie sich nicht wie etwa The Young Gods in andere Sphären entwickelten. Wer heute in dem Stil neu beginnt, muss sich schon unterscheiden, wenn er auffallen will. Das beherzigen The Shadow’s Gone Out aus Tours: Ihr Industrial Metal lässt Peinlichkeiten außen vor, schon allein damit, dass Gesang fehlt und also wahlweise dümmliche Inhalte, banale Melodien oder miese Stimmen. Bitume Prods fasst die Debüt-EP „Final Alarm“ mit der Zwischen-Single „Whispering Ghost“ sowie der neuen EP „John Doe“ zu einem Album zusammen, auf dem das Duo elektronisch-tanzbar und gitarrenlastig-aggressiv zugleich vorgeht – indem es die Aspekte progressiv vermengt und dynamisch darbietet. Der alte Gaul Industrial-Metal ist doch noch nicht tot, er riecht nur … anders.

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Spezial: Head Perfume Records

Von Matthias Bosenick (02.07.2024)

Zwei neue LPs bringt René Seim auf seinem Label Head Perfume Records heraus: „Counting Backwards Again“ von Aquarian Blood aus Memphis, Tennessee ist psychedelischer Wüsten-Indie und „Endless Beat“ von Faz Waltz aus Cantù in Italien ist in der Garage gezüchteter Rock’n’Roll.

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Bernhard Wöstheinrich featuring Erik Emil Eskildsen – Rest – Bernhard Wöstheinrich 2024

Von Matthias Bosenick (01.07.2024)

Dieser „Rest“ ist als „Ruhepause“ gemeint, nicht als „Übrigbleibsel“: Mit einer als solcher gar nicht mehr erkennbaren Fender Rhodes experimentieren die Experimentatoren Bernhard Wöstheinrich, bildender und musizierender Künstler aus Herzebrock, und der in Dänemark geborene Erik Emil Eskildsen herum, jagen die Sounds durch unendlich verkettete Effektgeräte und generieren ein zum expliziten Chill-Out aufforderndes Album aus, nun, experimentellen Sounds, ohne Melodien und wiederkehrende Strukturen, also Berliner Schule in noch minimalistischer und langsamer. Hier kommt man automatisch ins Meditieren, und so soll das auch sein. Anderthalb Stunden Zeit lassen die beiden den Hörenden dafür.

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Freida McFadden – The Housemaid Is Watching – Poisoned Pen Press 2024

Von Guido Dörheide (01.07.2024)

Freida McFadden aus New York City ist Besitzerin einer schwarzen Katze und arbeitet hauptberuflich als Ärztin, spezialisiert auf Schädel-Hirn-Traumata. Neben dem Job hat sie schon über 20 Romane geschrieben. Drei davon bilden die „Housemaid“-Reihe, die so heißt, weil deren Heldin Wilhelmina („Millie“) Calloway nach dem Ende einer zehnjährigen Haftstrafe wegen Totschlags verschiedene Jobs als Haushälterin antritt, während derer sie regelmäßig von ihrer Vergangenheit eingeholt wird (wie es zu dem erwähnten Totschlag kam, will ich hier nicht verraten, falls Sie die Bücher noch lesen wollen, auf jeden Fall hatte Millie gute und nachvollziehbare Gründe dafür). Im Zuge der wechselnden Beschäftigungen in verschiedenen Haushalten wird Millie wiederholt Zeugin von Manipulation, Unterdrückung und sexueller Gewalt, wobei nie etwas so ist, wie es zunächst scheint, was in den ersten zwei Bänden immer dann deutlich wird, wenn der erste Abschnitt (erzählt aus Millies Sicht in der Ich-Perspektive) endet und der zweite beginnt (erzählt aus der Sicht einer anderen Person aus deren Ich-Perpektive). Dabei gibt es immer Tote mit ordentlich viel Blut und am Ende fügen sich alle Puzzleteile aufs Wunderbarste und Überraschendste ineinander.

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Spezial: Jive Music – Vier Alben – 2022/2023

Von Matthias Bosenick (27.06.2024)

Einen bunten Strauß sehr unterschiedlicher Musikstile bietet Rens Newland fast neu auf seinem Label Jive Music an: „Keys To Peace“ von Myroslav Levytsky ist neoklassischer Piano-Ambient, „The Miles Mode“ von Ostinato ist live eingespielter Funk-Jazz-Rock, „Susmogus“ vom Joschi Seeberger Gypsy Swingtet ist Oldschool-Swing und „Singles, Grooves & Memories“ ist ein Überblick über 40 Jahre Jazz-Rock, Funk und Fusion vom Labelchef selbst.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Udo Schenk: Yevgeny Marlov, der James Bond des Ostens.

Von Onkel Rosebud

Wenn es um charismatische Männerstimmen in der deutschen Synchronisations- und Hörspiellandschaft geht, mag meine Freundin neben Rufus Beck und Klaus-Dieter Klebsch besonders Udo Schenk (*1953) aus Wittenberge im Landkreis Prignitz. In den Harry-Potter-Filmen synchronisierte er „den, dessen Name nicht genannt werden darf“ und auch sonst lieh er diversen spektakulären Bösewichten, wie James Gordon in der Christopher-Nolan-Batman-Triologie, Henry Hill in den Mafia-Dramen von Martin Scorsese, Benjamin Linus in „Lost“ oder David Morrissey „The Governor“ in der Fernsehserie „The Walking Dead“, seine Stimme.

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Echotide – As Our Floodlights Gave Way To Dawn (10th Anniversary Remix & Remaster) – Bird’s Robe Records 2024

Von Matthias Bosenick (26.06.2024)

Noch so ein Rerelease eines Debüts auf Bird’s Robe Records, dieses Mal von Echotide aus Brisbane und nach zwölf (sic!) Jahren, und wiederum aus dem episch-opulenten instrumentalen Post-Rock – da geht was in Australien. Der Titel „As Our Floodlights Gave Way To Dawn“ ist ungefähr so lang wie das Album (70 Minuten), die Band Echotide – zunächst ein Seitenarm der Prog-Metaler Arcane – hat danach nicht wesentlich mehr veröffentlicht und die typischen Parameter des Genres finden sich hier in einem eigenständig erweiterten Umfeld wieder. Bemerkenswert an diesem Sound ist das Piano, das hier die gewohnten Post-Rock-Strukturen begleitet.

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