Von Matthias Bosenick (01.03.2023)
Ein kleiner Blick in die zurückliegenden Monate und wie sie sich auf das fabelhafte Moskauer Label addicted/noname auswirkten. Zu finden ist wie immer eine breite Palette an Stilen und Sounds: Flötendominierter Psychedelic Rock mit Бур, psychedelischer Doom mit Spaceking, tanzbarer Avantgarde-Indierock mit ЛАНЬ, vielseitiger Black Metal mit Gigrøma, melodischer In-die-Fresse-Thrash-Doom mit Crust und schleppender Hardcore-Sludge mit Erbo.
Archiv der Kategorie: Album
Hellripper – Warlocks Grim & Withered Hags – Peaceville 2023
Von Guido Dörheide (28.02.2023)
Wer bei Ein-Mann-Kapellen noch an den Hund aus der C&A-Werbung denkt, der immer abwechselnd auf die Bassdrum haut und in die Tröte pustet – es geht auch anders. Hellripper aus Aberdeen, Schottland, zeigen das sehr eindrucksvoll. Hellripper bestehen aus James McBain, und das schon seit knapp zehn Jahren. McBain singt sehr schön und spielt alle Instrumente selber. Fast. Doch dazu später mehr. Gesangstechnisch ist Hellripper mehr sowas wie Dunkelripper – James McBain keift, als gelte es, ein Black-Metal-Album der zweiten Welle aufzunehmen, aber das ist meines Erachtens auch schon der einzige Bezug zum Black Metal. Der Rest ist Speed/Thrash und ganz viel Old School NWoBHM.
WeiterlesenDream Invasion – 8.8.64 – db2fluctuation 2023
Von Matthias Bosenick (23.02.2023)
Der Mann liebt Zahlenspiele, und auf seinem dritten numerisch betitelten Studioalbum als Dream Invasion dreht Erwin Jadot die Schraube noch acht Umdrehungen weiter: Nicht nur sind sämtliche acht Tracks auf „8.8.64“ exakt acht Minuten lang, es beginnen alle Titel mit dem achten Buchstaben des Alphabets und bestehen aus exakt acht Buchstaben. Auf diesen acht Tracks – plus einem Bonus-Track im Download – bewegt sich der Soundtüftler aus Belgien im weiten Feld des Ambient, von dräuenden Drones über zarte Synthieflächen bis ab ins All. So chillig Ambient üblicherweise auch sein mag, Jadot vertritt die Ansicht, dass Musik auch mal wehtun darf, und fordert die Hörenden mit vereinzelt gesetzten Spitzen oder dunklen Sounds heraus. Nehmt euch in Acht!
AVA Trio – Ash – Tora Records/Chilli Chilli Agency 2023
Von Matthias Bosenick (21.02.2023)
Was man halt so macht, wenn man epidemisch bedingt dazu gezwungen ist, sich musikalisch anderweitig zu betätigen als gewohnt: Man isoliert sich zu dritt in Groningen im Studio und imaginiert sich in historisch von Asche verschüttete Städte. Auf diese Weise generiert das AVA Trio auf der EP „Ash“ zwei überlange Tracks, improvisiert, assoziiert, ursprünglich, vielmehr eine abstrakte Variante dessen, was man sich so unter Weltmusik vorstellt, als freier Jazz, und obschon chillig, doch zu aufgekratzt, um als Entspannungsmusik durchzugehen. So also klingen „Knossos“ und „Pompeii“ unter einer Staubschicht!
Deichkind – Neues Vom Dauerzustand – Sultan Günther 2023

Von Onkel Rosebud (18.02.2023)
Kindergeburtstag für Erwachsene Folge 8
Neulich im Familienchat: Die Tochter fragt, wer ist die bekannteste Person, die ihr kennt? Sie trumpft auf mit einem italienischen Theaterregisseur, der Papa ihrer besten Freundin. Die Mutter hat mal einer Hollywood-Ikone und Oskarpreisträgerin die Schulter wieder hergestellt, damit sie Dreharbeiten in der Heimatstadt schmerzfrei fortsetzen kann. Das ist natürlich nicht zu überbieten. Dennoch kann ich punkten, weil ich nominiere Philipp Grütering, das einzige verbliebene Gründungsmitglied der Hamburger Band Deichkind.
WeiterlesenOld Town Crier – A Night With Old Town Crier – OTC 2023
Von Matthias Bosenick (16.02.2023)
Was für eine energetische Spielfreude die Leute haben, die Jim Lough für den ersten und bislang einzigen Livegig seines Projektes Old Town Crier zusammenfügte! Eine Auswahl zuvor unveröffentlichter, mithin exklusiver Songs stellt der Bluegrass-Musiker aus Lakeville, Massachusetts als „A Night With Old Town Crier“ bereit und spendet die Hälfte des Erlöses an eine Obdachlosenorganisation. Sein zweites Benefizprojekt nach „You“ also, an dem einige der hier beteiligten Musikanten ebenfalls mitwirkten, und nicht das letzte: Lough kündigt an, diese Herangehensweise fortzusetzen. Auf dem Album gibt es nun glasklar gespielten Blues, Alt.-Country, Boogie, mit E-Piano und Saxophon zum klassischen Bandsetting und alles mit einem Seitenblick auf eine freundliche Indierockmusik – und Jazz.
Ahab – The Coral Tombs – Napalm Records 2023
Von Guido Dörheide (15.02.2023)
Nachdem ich mich in meinem letzten Artikel mit Genrebezeichnungen, von denen ich keine Ahnung habe, weit aus dem Fenster lehnte, versuche ich es gar nicht erst, die Musik von Ahab irgendwie zu klassifizieren. Gut 7 Jahre nach ihrer letzten Veröffentlichung „The Boats Of The Glen Carrig“ melden sich die Haupt- und wohl einzigen Protagonisten des Nautik Funeral Death Doom mit „The Coral Tombs“ eindrucksvoll vom Rande des Odenwaldes zurück.
WeiterlesenGroborsch Kowald Schneider – Bedlam – GKS 2023
Von Matthias Bosenick (13.02.2023)
Gleich zwei Vermächtnisse in einer Aufnahme: Mit zwei Kontrabässen und einem Schlagzeug improvisierten Frederik „Fred“ Groborsch, Peter Kowald und Jörg A. Schneider 2002 im Studio von Guido Lucas herum. Kurz darauf verstarb Kowald in New York, und Lucas reiste ihm 2017 nach. Das gemeinsame Album „Bedlam“ erscheint jetzt, leider ausschließlich digital, aber wenigstens überhaupt, und man darf hier das Trio dabei begleiten, wie es arhythmisch unstrukturierten und angenehm hörbaren Jazzlärm generiert, mit Bogen über Saiten und einem damals eigentlich noch intakten Noiserock-Schlagzeuger, der seine zukunftsweisende Taktlosigkeit erst danach so richtig auszuleben begann. 15 Miniaturen, schlicht nach Alphabet durchbetitelt und grob dem Free Jazz und der Impro-Musik zugeordnet. Wie gut, dass diese Aufnahme jetzt die Archive verlässt!
In Flames – Foregone – Nuclear Blast 2023

Von Guido Dörheide (11.02.2023)
Mein Gott, wie Scheiße! War – mit Verlaub – das erste, was mir zu neuen Veröffentlichung von In Flames einfiel, nachdem ich sie erstmalig durchgehört hatte. Ist das noch Göteborg oder ist das schon Metalcore? Als ob ich nichts Wichtigeres zu tun hätte – Voodoo Jürgens und Ernst Molden beispielsweise als letzte 2022er Nachzügler zu rezensieren – weil unser Nachbarland Österreich musikalisch in keinem Jahr auch nur annähernd genug gewürdigt werden kann, oder mich mit dem neuen – ebenfalls heuer in 2023 erschienenen – neuen Album von Pascow zu beschäftigen. Stattdessen beschäftige ich mich mit Schweden, die neue In Flames wird ja allerorten gefeiert, als wäre in Schweden jüngst nicht nur Bullerbü, sondern selbst das Fahrrad neu erfunden worden.Nun – Ist es das?
WeiterlesenZoahr – Apraxia – Zoahr 2022
Von Matthias Bosenick (08.02.2023)
Mit beiden Beinen knietief irgendwo drinstecken, das erfordert zumeist einen gewaltigen Spagat, aber der fällt dem Trio Zoahr aus Pirmasens leicht: Die Jungs stecken nämlich mit einem Bein in den psychedelisch rockenden Siebzigern und mit dem anderen in dichten Rauchschwaden. Heraus kommt das live im Studio eingespielte „Apraxia“, das bereits zweite Album von Zoahr, und wie schon beim Debüt „Off Axis“ mag man nicht glauben, dass diesen fetten Stoner-Sound nur drei Leute erzeugen. Drin in dieser Tüte ist alles, was man so erwartet, und weil das ja schon bekannt ist, einfach noch einiges mehr: klassischer Siebziger-Hardrock, sich bei dem ohnehin bedienender Neunziger-Grunge, Wüstenblues, ein Ausflug in den Spacerock und was am Wegesrand noch so wächst. So retro, dass es in der Zukunft wieder rauskommt.