Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Die Legende Kim Deal

Von Onkel Rosebud

Als das zarte Pflänzlein unserer Liebe noch keimte, also am Anfang der Beziehung mit meiner Freundin, hat mich echt genervt, dass sie Kim Gordon mit Kim Deal verwechselte bzw. dachte, das wäre einunddieselbe Person, die Kim eben. Dabei war das doch aus meiner Sicht gar nicht so schwer, die beiden Göttinnen auseinander zu halten: Die eine spielte Bass in der besten Rockband aller Zeiten und hatte Beef (und eine Tochter) mit dem schlaksigen Thorsten, der sie aber ab und zu mal singen ließ. Die andere spielte Bass in der besten Alternativ-Rockband aller Zeiten und kam mit dem kleinen Frank nicht zurecht, der es nicht für nötig erachtete, sie öfter vor das Mikrophon zu stellen.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Der Küchen-Mix-Meister Matthew Herbert

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin hat einen Narren an Matthew Herbert (* 1972) gefressen. Die Assoziation zur Nahrungsaufnahme ist nicht zufällig gewählt, weil der britischer Elektronikmusiker oft Klänge von Alltagsgegenständen benutzt, um elektronische Musik zu produzieren. Hoch im Kurs steht dabei die Küche.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Geht’s noch cooler als Herbie Hancock?

Von Onkel Rosebud

Dachte ich im zarten Alter von 14, als ich den Song „Rockit“ zum ersten Mal hörte. Der mit halber Geschwindigkeit knatternder Maschinengewehr-Disco-Hit ist heute eine Hymne der Breakdancer. Hancock war damals 43 Jahre alt. Und was dazumal revolutionär war und kaum cooler ging, ist heute nicht mehr ganz so überragend, meint meine Freundin. Da helfe auch keine doppelte Geschwindigkeit.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Warum Daft Punk Götter sind

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin kann sich noch gut an Montag, den 22. Februar 2021 erinnern. Da erschien auf ytb ein Video von Daft Punk. Irgendwann in der Mitte des dramatischen Acht-Minüters namens „Epilogue“ explodiert ein Mitglied des Duos mitten in der Wüste. Darauf folgte die Einblendung „1993 – 2021“. Sie zerrte mich vor den Bildschirm und bejammerte, dass die Helm-Dudes aus Paris hiermit offensichtlich mit ihr Schluss machten, und erklärte mir zum wiederholten Mal, dass Daft Punk mit „Get Lucky“ nicht nur den legendärsten Song der 2010er gemacht haben, sondern auch den, der in ihrem Leben stets gute Laune verbreitete. Als pensionierter DJ wusste ich natürlich, was sie meinte, konnte mir jedoch nicht verkneifen, auf den etwas ekligen Text hinzuweisen. Pharrell Williams, der Sänger im Song, stellt nämlich unmissverständlich klar, heute Nacht unbedingt noch einen wegstecken zu wollen – egal mit wem.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: I don’t want to change the world. I’m not looking for a new England.

Von Onkel Rosebud

… I′m just looking for another girl. Der hypothetisch formulierte Refrain vom Song „A New England“ stimmt natürlich nicht. Die Welt verändern, ein neues, besseres England möchte Billy Bragg (*20. Dezember 1957 in Barking als Stephen William Bragg) nämlich sehr wohl. His Braggness ist ein britischer Sänger, Songschreiber und Gitarrist. Seine eloquenten Texte und sein sozialistisches Gebaren machten ihn zu einer wichtigen Figur englischer Subkultur der 1980er Jahre. Inspiriert vom Folk-Rock von Simon & Garfunkel und Bob Dylan, begann Billy Bragg bereits als Teenager, Musik zu machen. Die Energie von Punk inspirierte ihn zu minimalistischen, technisch unsauber vorgetragenen, oft politischen Songs. Sein größter Hit ist „A New England“. Man muss zwar zugeben, dass sich seine Gitarrenkünste in Grenzen halten, aber seine Texte sind voller Ärgernis und Stichelei gegen die Obrigkeit.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Warum Elbow die besseren Coldplay sind

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin hat die These, dass Coldplay aufgehört haben, Musik zu machen. Lalala „Moon Music“ (Parlophone) Lalala, das zehnte Studioalbum von Chris Martin & Co aus dem Jahr 2024 ist nicht mal Fahrstuhlmusik. Wahrscheinlich muss die Band irgendeinen Label-Knebel-Vertrag erfüllen, um vor allem viel Geld zu verdienen. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Band, die einst im Alternativ-Umfeld mit melancholischen, introspektiven Sounds („Parachutes“ und „A Rush Of Blood To The Head“) begann, sich dann aber mit fröhlich- schnulzigem Pop Richtung Massengeschmack entwickelte. Seitdem ist jede neue Coldplay-Platte wie ein Besuch beim Proktologen: Meine Freundin weiß, dass es weh tun wird, muss aber trotzdem reinhören. Ihrer Meinung nach hat das schleichende Ende der Beliebigkeit des kreativen Outputs der Band mit der Beziehung von Chris Martin zu Gwyneth Paltrow zu tun.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: John Coltrane (1926- 1967)

Von Onkel Rosebud

Unvorstellbar, obwohl schon fast 60 Jahre tot, John Coltrane könnte heute theoretisch noch leben, abseits von Dancefloor-Jazz und Kuschel-Rock, von Easy Listening, Pop-Klassik zum Träumen und Vivaldi für Gestresste. Er könnte noch leben, hundertjährig, in seinem eigenen musikalischen Universum, und trotzdem wie alle demokratisch ereilt von dieser akustischen Kontaminierung des Alltags durch den Ohrenschmaus aus Aufzügen, Kaufhäusern, Wartezimmern, Restaurants: Ein Triumph der Musik und ihrer Ausbreitung im Leben, und zugleich ihre Überführung ins Massengrab der Belanglosigkeit. Was würde er wohl heute dazu sagen?

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Otto Pankrock aus Hagen

Von Onkel Rosebud

Neulich verschlug es meine Freundin aus beruflichen Gründen nach Hagen, dem „Tor zum Sauerland“. Sie beschwerte sich, wie öde es da gewesen sei: Die Fußgängerzone sähe aus wie in Kassel, überhaupt BRD-70er-Jahre-Ästhetik überall. Auf dem Bahnhof zöge es wie Hechtsuppe und das Freizeitangebot bestünde aus einer Tour durch ehemalige Luftschutzeinrichtungen oder ein begehbares Planetenmodell. Hier leben, nein danke, schimpfte sie. Ich konnte sie nicht trösten, wusste aber zu berichten, dass Hagen Ende der Siebziger mal das „Liverpool Deutschlands“ genannt wurde, denn die Stadt war für einen kurzen Augenblick das musikalische Epizentrum der Neuen Deutschen Welle. Die Humpe-Schwestern, Nena, Extrabreit kommen aus Hagen… und natürlich Grobschnitt.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Nachbarlärm

Von Onkel Rosebud

Missliebige Geräusche sind sehr häufig ein Grund für Zwist. Das gilt auch für meine Freundin. Unserer innerstädtischen Wohnsituation geschuldet, mussten wir im Haus gegenüber eine zeitlang einen adoleszenten Jungspund ertragen, dem es in der Morgenstunde regelmäßig eine Freude war, bei geöffnetem Fenster sein Lieblingslied abzuspielen. Und zwar mehrfach hintereinander und mit der vollen Ömme, die seine Klangerzeugungskonfiguration hergab. Er machte wohl eine Phase durch, in der weniger adoleszente deutschsprachige Barden, die zu griffigen Gitarrenakkorden gutturale Laute in Reimform abstießen, den Soundtrack seines Frühaufsteher-Lebens begleiteten. Da er den weniger dezenten Versuchen verbaler Kommunikation meiner Freundin, wie „Hier kommt nicht gleich nur Alex“ oder „Du hast mich eben nicht gefragt“ unaufgeschlossen gegenüberstand, musste erst ein klärendes Gespräch mit der Hausverwaltung her, um seine nachbarschaftlich-unfreundliche 6-Uhr-Start-in-den-Tag-Routine zu beenden.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: If You Tolerate This Your Children Will Be Next

Von Onkel Rosebud

Der Song steht im Guinness-Buch der Rekorde als Nummer-Eins-Single mit dem längsten Titel ohne Klammern. Das wußte meine Freundin nicht, aber dafür hat sie ja mich. Der Name des Liedes stammt von einem republikanischen Propagandaplakat aus dem Spanischen Bürgerkrieg der 1930 Jahre, das in englischer Sprache verfasst war und das Foto eines von den Nationalisten getöteten Kindes vor einem Himmel voller Bomber zeigte, mit der titelgebenden Warnung am unteren Rand. Erstmals vorgetragen wurde der sehr dufte Song von der walisischen Formation Manic Street Preachers im August 1998. Damals schon ohne Richey Edwards, dem Gitarristen, denn er verschwand 1995 über Nacht. Bis heute ist unklar, was tatsächlich mit dem Musiker geschah. Sein Verschwinden bleibt eine der bewegendsten, mysteriösesten und ungelösten Episoden in der jüngeren Geschichte der Popmusik. Über den vermissten Rockstar wurden jede Menge Bücher geschrieben. Meine Sekundärliteratur für diesen Text ist das empfehlenswerte Buch „Withdrawn Traces: Searching For The Truth About Richey Manic“ von Sara Hawys Roberts.

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