Solbrud – Live im DR Koncerthuset, Koncertsalen, Kopenhagen, am 10.02.24

Von Pernille Sørensen (11.02.2024)

Eure betreute Rezensentin hat sich in Solbrud verliebt vor vielen Jahren her. Und das Konzert gestern war einer der größten Venues wo ich sie gesehen habe. Und eine, kann man Kulmination sagen?!
Wenn man nie im DR Koncertsalen war muss ich kur davon erzählen. Das Raum hat Platz für 1800 Zuhörer. Es ist von Jean Nouvels Hand und ähnelt einem Meteor in einem Eisblock. Und alles ist in den Farben Orange. Beeindruckend und auch intim.
Die Bühne ist central und man sitzt herum in verschiedene Erdgeschossen.

Aber jetzt zum Konzert…
Solbrud würden zum ersten und letztes Mal die neue LP „IIII“ durch spielen live.
Es war also ein one-off Erlebnis.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Skurriler Konzert-Trend: Zeug auf die Bühne werfen

Von Onkel Rosebud

Da ich meine Freundin schon länger kenne, weiß ich um ihre Verfehlungen. Von den wenigen Dingen, die sie bereut, in ihrem Leben getan zu haben, gehört, auf einem Konzert der Formation Amor & die Kids ihr gelbes Katzen-Stofftier mit rotem Kunstlederhalsband und Druckknopf (!) auf die Bühne in Richtung des Sängers geworfen zu haben. Ihre Hoffnung war, dass Tobias Künzel, damals so eine Art Gary Barlow aus Leipzig, es wertschätzt. Der damaligen Euphorie folgte Verlust des geliebten Kuscheltiers und ich konnte bei ihr punkten, als ich ihr zu einem Jubiläum ein Replikat der gelben Katze auf den Tisch legte, die ich auf einer Auktionsplattform erwarb.

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Der Erfinder der Hook-Line oder Wie ich nicht Mittelstreckenläufer wurde. Peter Hook & The Light, „Substance 35th Anniversary“-Tour Live in der Reithalle, Dresden, 17. November 2023

Von Onkel Rosebud (17.11.2023)

Es kommt eigentlich nicht vor, dass ich Bammel vor einem Konzert habe. Bei Peter Hook, Mitbegründer von Joy Division und New Order, mache ich eine Ausnahme, denn er hat sich mit Band angesagt, um Songs von ebendiesen, meinen Ikonen der Popkultur, vorzutragen. Die Erwartungshaltung ist riesig und was wird das emotional mit mir machen? Joy Division waren das größte Versprechen der Musikgeschichte. Hauptsächlich wegen Ian Curtis‘ Bariton, der den depressiven Charakter der Musik, die die Band unverwechselbar machte, maßgeblich prägte. Peter Hook bediente damals den Bass. Sein Instrument wurde in den Songs oft als melodieführend eingesetzt. Er spielte auf den hohen Saiten und erzeugte diesen „Heavy-Chorus-Effekt“, die nach ihm benannte sogenannte „Hook-Line“. Dachte ich lange.

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Joe Casey ist John Maynard – Protomatyr – Live im Hole 44, Berlin, 2. November 2023

Von Onkel Rosebud (04.11.2023)

Neues vom Hauptstadt-Korrespondenten: Ein trüber Donnerstagabend im November nötigte eine kleine, aber feine Reisegruppe, nach Kreuzberg aufzubrechen, denn Protomatyr, eine Post-Punk-Band aus Detroit, hatten sich im Hole 44 angesagt. Die Formation hat seit 2012 sechs Alben und sechzehn Singles mit schlecht gelauntem Gleichmut auf röhrenden Stakkato-Gitarren veröffentlicht und ist live immer eine Bank, wie wir uns schon vor drei Jahren im Lido überzeugen konnten. Vorher noch zum Italiener. Er nimmt nur Bares. Dit is Ballin.

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Polly Jean kann gut mit Vögeln – PJ Harvey – Live im Velký Sál, Lucerna Prag, 19. Oktober 2023

Von Onkel Rosebud (20.10.203)

Einer regelmäßigen Tradition folgend wird sich bei uns nach Schichtschluss zur Gruppe formiert, ins Auto gesetzt und dann geht es ab in die historische Hauptstadt Böhmens. Der erste Haltepunkt so eines Kurzausrittes ist immer ein Hostinec, um einheimische Spezialitäten einzunehmen. Dieses Mal wählten wir das Pivnice U Sadu in Vinohrady, Prag 3, ein Ort, der für sein Pissoir ähnlich legendär ist, wie die nächste Haltestelle, der Veranstaltungsort Lucerna-Palast. Das ist ein Vergnügungskomplex am Wenzelsplatz, der – wenn es nach dem Willen des Vaters von Václav Havel gegangen wäre – eigentlich ein Eishockey-Stadion geworden wäre. Nachdem sich zu Beginn der Bauarbeiten herausgestellt hatte, dass die Halle für diesen Zweck nicht geeignet war, wurde sie zu einem großen Ballsaal umgeplant. Und wir hatten uns in Schale geschmissen, um in eben dem Polly Jean Harvey aus der südwestenglischen Grafschaft Dorset darbieten zu sehen.

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Once a Banshee, always a Banshee! – Depeche Mode – Live im Olympiastadion Berlin, 9. Juli 2023

Von Onkel Rosebud (09.07.2023)

Während meiner Adoleszenz in der DDR gab es eigentlich nur zwei Entscheidungen zu fällen: Erstens, Mitglied der Jung- und Thälmannpioniere, der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft, der Freien Deutschen Jugend und der Gesellschaft für Sport und Technik zu werden oder vorzugeben, an Gott zu glauben, um so um den Wehrdienst drum rumzukommen. Und zweitens, Depeche Mode oder The Cure. Die Antwort auf die erstere Frage lasse ich mal aus, aber letztere kann ich bis heute glockenklar beantworten: Songs wie „Play For Today“, „A Forest“ und „Blasphemous Rumours“ haben mein Leben verändert, aber unterm Strich hat Robert Smith einen Ein-Tor-Vorsprung vor Team Gore/Gahan/Fletcher.

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Husum verdammt – Turbostaat – Live im Tante Ju, Dresden, 2. Juni 2023

Von Onkel Rosebud (03.06.2023)

Die erste Regel des Konzertbesuches lautet: Ziehe nie das T-Shirt der Band an, auf deren Konzert Du gehst. Die zweite Regel des Konzertbesuches lautet: Ziehe – Husum verdammt noch mal – nie das T-Shirt der Band an, auf deren Konzert Du gehst… Fans der Formation Turbostaat scheinen diese Regel nicht zu kennen und gehören deshalb von Tyler Durden oder einem kommunistischen Känguru persönlich geboxt. Fast die Hälfte des Puplikums im Alter zwischen 3 bis 80 im sehr symphatischen Live-Club der sächsischen Landeshauptsadt tragen Obertrikotagen mit Devotionalien der Husumer Punkrock-Band. Das ist ein bisschen unheimlich, aber da sind ja noch meine beiden besten, stilsicheren Konzertfreunde, mit den ich unterwegs bin. Der eine mit Sleaford-Mods-Aufdruck und auf der Brust des anderen findet sich der Schriftzug von The Sebadoh. Bevor es losgeht, sitzen wir draußen, trinken Schorle und amüsieren uns vor allem über die Pärchen im bandeigenen Eulen-Motiv-Partner-Look.

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Danube – Live im Wohnzimmer von Maren & Arni in Fallersleben, 13. Mai 2023

Von Matthias Bosenick (14.05.2023)

Ihr allererstes Wohnzimmerkonzert überhaupt gab die junge Sängerin und Musikerin Stella Lindner unter ihrem ihrer Geburtsgegend Neuburg in Bayern entnommenen Alias Danube als Gewinn einer Instagram-Losaktion im Wohnzimmer von Maren und Arni in Fallersleben. Acht ausgewählte Gäste verfolgten die Darbietung, die Stella kurzerhand von ihrem mitgebrachten Keyboard aufs vorhandene Klavier verlegte, wenn sie nicht die Akustikgitarre bediente. In komplexen Melodien sang sie – nun, nicht nur von Flüssen, auch von Liebeskummer und Selfcare, und das Publikum lauschte ergriffen ihrer emotionalen Darbietung. Jedes Mal Stille, bis der letzte Ton auch wirklich verklang. Und kein Hauch von Fremdsein.

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Ziehe Du endlich diesen Herbstpulli aus: Yo La Tengo – Live in Huxleys Neuer Welt, Berlin, 25. April 2023

Von Onkel Rosebud (25.04.2023)

Einer meiner besten Freunde und meine seit über 20 Jahren im Verkehr befindliche Tochter haben gemeinsam, dass sie eine Wollmütze mit „YLT“-Initialen besitzen. Als sie zu Hause auszog, hat sie heimlich drei Dinge von mir mitgehen lassen. Neben meiner gestrickten Yo-La-Tengo-Haupthaarbedeckung, die Schallplatte „To Bring You My Love“ von PJ Harvey und ein schweres Schraubdings aus Edelstahl, wo man kleine, sehr persönliche Dinge reintun oder einem Einbrecher eine schwere Kopfverletzung zufügen kann. Ich toleriere das, weil keiner der über 30 Tonträger, die ich von der Formation aus Hoboken besitze, dabei war. Die sind mir heilig. Ich halte die Band für die Quintessenz des Indierocks und gönne ihnen, dass der kommerzielle Erfolg mit ihrer Musik seit fast 40 Jahren ausbleibt, weil nur ausgewählte, kaltherzige, geschmackssichere Dödel wie ich ihre Gassenhauer mitsummen sollen und nicht jeder Dorsch.

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De Staat – Live in der 60er-Jahre-Halle im Faust, Hannover, am 14. April 2023

Text und Fotos von Guido Dörheide und Matthias Bosenick (15.04.2023)

Was für eine Präsenz! Sobald Torre Florim als letzter des Quintetts De Staat aus Nijmegen die Bühne betritt, kniet die Gemeinde nieder. Ihm würde man alles abnehmen, sich unterordnen, sich leiten lassen. Und so geschieht es auch im Faust in Hannover. Da ist es auch egal, ob man die Musik wirklich letztgültig feiert oder nicht, der Mann im mattsilbrig glänzenden Anzug, mit dem todernsten, furchteinflößenden und fordernden Gesichtsausdruck und den suggestiven Bewegungen fordert alle Aufmerksamkeit ein. Und kann sich doch auch mal, sobald die Band keinen synthetischen White-Man’s-Funk spielt, sondern ins Psychedelische abtaucht, hinter den Songs zurücktreten. Eine Naturgewalt! Und sympathisch.

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