Marc Domin – Schwarzer Hafen & Outtakes – R. Volksfeind Produktionen/epubli 2016

Von Matthias Bosenick (20.02.2017)

Der größte Provokateur Wolfsburgs und angrenzender Landkreise versucht sich am Thriller, und das auch noch mit respektablem Ergebnis: Schach ist das Grundthema, sowohl inhaltlich als auch formal. Und das soll ihm mal einer nachmachen. Die Form ist gewagt, die Sprache nicht minder. Als Bonus gibt es ein Büchlein mit „Outtakes“, also Geschichten von Bekannten Domins, die noch nie etwas veröffentlicht haben und denen er eine Plattform für ihre Gehversuche bietet. Ebenbürtig und interessant.

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Sibylle Schreiber – Ich wollte immer mal einen Liebesbrief schreiben… – Formidabel-Verlag 2016

Von Matthias Bosenick (28.01.2017)

Jetzt also doch noch: Das zweite Buch von Sibylle Schreiber, in dem sie wieder schwarze Kurzgeschichten sammelt. Man braucht einiges an Hartgesottenheit, um jeweils gegen Ende der Geschichten nicht durchzudrehen: Die meisten Texte beginnen nämlich in einem vertrauten Setting, kippen dann aber kurz vor Schluss in etwas teilweise Abscheuliches. Diese Abscheulichkeiten offenbaren dabei weniger die schwarze Seele der Autorin, sondern vielmehr die Abgründe der Gesellschaft, die Schreiber beschreibt. Sprachlich und inhaltlich wiegt Schreiber den Leser in Sicherheit und schlägt dann erbarmungslos in die Magengrube. Hier fließt – wie auf dem Cover – Blut aus dem Liebesbrief.

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Till Burgwächter – Die Wahrheit über S.E.X. – Verlag Andreas Reiffer 2016

Von Matthias Bosenick (08.01.2016)

Till Burgwächters Texte sind ein reines Vergnügen, sowohl selbst- als auch vorgelesen, besonders, wenn er mit seiner charmanten Kodderschnauze über Metal und Fußball spricht, also Themenfelder, die er selbstironisch und doch voller Zuneigung zerlegt. Sex hingegen… Ist ein so vielschichtiges und persönliches Thema, dass man es in der Reihe nicht zwingend sehen will. Sex im Humor driftet schnell in Schmuddelecken und flache Lacher, Sex als wissenschaftlicher Gegenstand ins Antiseptische, alles dazwischen ist Geschmackssache. An dieser Konstellation scheitert auch Burgwächter auf weiten Strecken, aber man kann sich bei der Lektüre sehr gut vorstellen, wie das Publikum einer Lesebühne dazu lacht. Schwieriges Experiment.

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Micha-El Goehre – Straßenköter – Satyr-Verlag 2017

Von Matthias Bosenick (28.12.2016)

Dieses soll wirklich das Ende sein, der tatsächlich letzte Teil der „Jungsmusik“-Trilogie, sagt Metal-Slammer und „Legacy“-Kolumnist Micha-El Goehre am Ende des Buches. Dabei ließe sich das Setting sicherlich unendlich erweitern, aber er weiß, wann Schluss ist. Wie die Scorpions. Die Romanreihe erzählt aus dem Leben des trotz diverser Ungeschicklichkeiten moralisch überraschend gefestigten Taugenichts‘ Torben, der sich hier erneut mit den Plagen des Alltags herumschlagen darf, wie Scheidung, Jobwechsel, Schließung der Stammkneipe. Man erfährt, wie aus dem orientierungslosen Tunichtgut ein verlässlicher Tugut wird. Das wäre alles zwar sehr schön, aber recht mittelmäßig, wäre es nicht so metalmäßig.

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Renatus Töpke & Martin Hoffmann – Wer malen will, muss Metal sein – Verlag Andreas Reiffer 2016

Von Matthias Bosenick (24.11.2016)

Malbücher für Erwachsene sind seit einiger Zeit der heiße Scheiß, und da liegt es nahe, auf dem Kamm dieser Welle das Spektrum zu erweitern: um Motive aus Heavy Metal und Rock, genau genommen deren Plattencover. Was für den einen ein flächiger Spaß ist, entlockt den anderen eine handfeste Genrediskussion. Und eine um die Auswahl der Alben und damit der Bands – aber die ist bewusst subjektiv, darauf muss man sich einlassen. So dient das Heftchen den nostalgischen Metaleltern zum gemeinsamen kunterbunten Horizonterweitern mit den Kindern. Die revanchieren sich dann in ein paar Jahren mit dem Malbuch rund um Hip Hop und R’n’B. Oder was sonst dann gerade modern ist.

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Axel Klingenberg – Die Wahrheit über Niedersachsen – Verlag Andreas Reiffer 2016

Von Matthias Bosenick (12.10.2016)

Die Wahrheit über „Die Wahrheit über Niedersachen“ ist, dass Axel Klingenberg hier mit Fleiß und aus eigenen Erlebnissen einen zeitgleich sachlichen und unsachlichen Blick auf das zweitgrößte Bundesland der Republik wirft (Niedersachsen ist sogar größer als ganz Dänemark). Das etwa lückenhafte Ergebnis fällt aber nur denjenigen Lesern auf, die schon mal in diesem Land zwischen Bergen (Harz) und Meer (Nordsee) unterwegs waren (also in der Heide), denn Klingenberg zieht hier mit einer wohl platzbedingten Eile ins Feld, die über Lücken einfach hinwegfegt. Sein Tonfall wechselt dabei zwischen ironisch und bitterernst, den Themen angemessen. Als Reiseführer dient dieses Büchlein zumindest anteilig, das ist nicht die Hauptintention; in den meisten Fällen liegt das aber auch einfach am betrachteten Gegenstand: Wer nach Niedersachsen will, fährt eben schlicht in die Berge, ans Meer oder in die Heide und braucht dafür keine Details. Die es dennoch gibt und die den Blick lohnen.

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B. Trinker (Hg.) – Braunschweig schön trinken – Verlag Andreas Reiffer 2016

Von Matthias Bosenick (26.09.2016)

Stimmt schon, bisweilen muss man sich „Braunschweig schön trinken“. Ist aber keine ganztägige tägliche Lösung. Besser, man sucht sich in der Stadt seine Eckchen, die man schön findet. Vorliegendes Kompendium bietet dazu eine Betrachtung beträchtlicher Kneipen an, von denen einige definitiv Inseln des Schönen sind. Die Betrachter rekrutieren sich hier aus jungen Kunststudenten und alteingesessenen Trinkerprobten. Da die HBK Auslöser für das Projekt war, tat es diesem gut, dass sich die Autorenschaft durchmischt. Vollständig ist diese Übersicht natürlich nicht, aber ausreichend kenntnisreich selektiert.

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Hardy Crueger – Der andere Krieg: Die Odyssee des Victor Rosenfels – Edition Narrenflug 2015

Von Matthias Bosenick (05.12.2015) / Auch veröfentlicht auf Kult-Tour – Der Stadtblog

Noch so ein Braunschweiger Vielschreiber: Hardy Crueger veröffentlicht mit „Der andere Krieg“ sein mindestens drittes Buch in diesem Jahr. Mit dem vorliegenden macht er es seinem Leser nicht ganz einfach: Einerseits behandelt er Themen, die dem halbwegs gebildeten Leser längst mehr als vertraut sind, andererseits setzt er zu viel Hintergrundwissen voraus, um für Jugendliche leicht nachvollziehbar zu sein. Die Geschichte an sich entwickelt indes einen starken Sog: Crueger lässt einen vom Schicksal gepeinigten Heranwachsenden namens Victor Rosenfels in den Dreißigerjahren wie eine Art Hiob auf Odysse durch Deutschland und die USA mäandern. Trotz aller bekannter Umstände erzählt Crueger die Geschichte so komprimiert, dass man das Buch wie im Zwang verschlingt, bei jedem Umblättern gebannt denkend: Was passiert denn jetzt noch?

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Axel Klingenberg – Das wird man ja wohl noch sagen dürfen! – Verlag Andreas Reiffer 2015

Von Matthias Bosenick (16.11.2015) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour – Der Stadtblog

„Wie Deutschland verblödet“, lautet der Untertitel zu Axel Klingenbergs neuer Schrift „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“. Das geht an der Intention dieses Büchleins allerdings vorbei: Hier geht es nicht ums schlichte Blödsein, sondern darum, dass Rechtssein immer normaler wird. Dem liegt zwar sicherlich ein gewisser Bildungsmangel zugrunde, aber das eher in der vermeintlich breiten Masse; Klingenberg findet Rechtssein jedoch vornehmlich bei – nun – Intellektuellen. Und schon ist man mittendrin in der Diskussion, die der Autor mit diesem Buch auch befeuern will. Keine leichte Aufgabe und sehr dünnes Eis, auch aus Punksicht. Doch Klingenberg entlarvt die hetzerische Rhetorik schlüssig und entschlüsselt das, was die Redner tatsächlich damit sagen.

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Ben Aaronovitch – Fingerhut-Sommer – DTV 2015

Von Matthias Bosenick (11.11.2015)

Schnell mal alle fünf Bücher in zweieinhalb Wochen gelesen, trotz der Werbung in einem Gruftmagazin angesprochen gefühlt, trotz des „Spiegel-Bestseller“-Stickers nicht zurückgeschreckt und trotz des miserabel übersetzten ersten Bandes fasziniert genug gewesen, um dran zu bleiben: Ein reizendes Konglomerat aus Versatzstücken unzähliger Vorlagen ist Ben Aaronovitch da mit seiner Mär um den zur Zauberei fähigen Police Constable Peter Grant im London der Gegenwart gelungen. Die Reihe hat so viele Vorzüge, dass ihre Nachteile kaum ins Gewicht fallen, obwohl sie offenkundig sind. Aber das sind die Zeichen der Zeit: Mittelmaß ist das neue Gut, man ist ja schon dankbar, dass hier Gut mal das neue Sehr Gut sein darf. Und man ist hier darüber hinaus eben aufs Heftigste gefesselt.

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