Axel Klingenberg – Das wird man ja wohl noch sagen dürfen! – Verlag Andreas Reiffer 2015

Von Matthias Bosenick (16.11.2015) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour – Der Stadtblog

„Wie Deutschland verblödet“, lautet der Untertitel zu Axel Klingenbergs neuer Schrift „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“. Das geht an der Intention dieses Büchleins allerdings vorbei: Hier geht es nicht ums schlichte Blödsein, sondern darum, dass Rechtssein immer normaler wird. Dem liegt zwar sicherlich ein gewisser Bildungsmangel zugrunde, aber das eher in der vermeintlich breiten Masse; Klingenberg findet Rechtssein jedoch vornehmlich bei – nun – Intellektuellen. Und schon ist man mittendrin in der Diskussion, die der Autor mit diesem Buch auch befeuern will. Keine leichte Aufgabe und sehr dünnes Eis, auch aus Punksicht. Doch Klingenberg entlarvt die hetzerische Rhetorik schlüssig und entschlüsselt das, was die Redner tatsächlich damit sagen.

Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Faschismus und anderes menschenverachtendes Gedankengut hat seit einiger Zeit die Tendenz, sich zu tarnen. Waren früher Slogans wie „Ausländer raus“ noch einfach zuzuordnen, denken die Hetzer der rechten Lager heute mehrfach um die Ecke, um ihre perfiden Parolen selbst solchen Leuten schmackhaft zu machen, die sich für liberal oder gar links halten. In seinem Buch sammelt Klingenberg populäre und hinterhältige Texte jener Rechtspopulisten und zieht das jeweilige rhetorische Tarnnetz beiseite.

Leichte Ziele sind AfD, Hogesa und Pegida, klare Gegner die Bild, Thilo Sarrazin und Akif Pirinçci. An denen hält Klingenberg sich daher gar nicht so lang auf, denn es gibt Subtileres aufzudecken. Er schießt sich fast auf Matthias Matussek ein, findet Tendenziöses bei Politikern von CDU bis SPD und nimmt Statements von Kirchenvertretern auseinander. Klingenberg seziert auch Fußballpatriotismus und Pop-Deutschtümelei und behandelt Verschwörungstheorien, Asylpolitik, Israelkritik, Geschichtsklitterung und vieles mehr.

Grob sortiert Klingenberg seine Funde nach Themen, ist in seinen Kapiteln aber sehr sprunghaft; wer ihm folgen will, muss wach sein. Aber das muss man als Bürger dieser Welt ja sowieso. Das Feld ist weit, auf dem die Rechten ackern, und es repräsentativ und doch komprimiert unter einen Aluhut zu bekommen, ist eine schwere Aufgabe. Zudem ist es gefährlich, mit einer offensiv linken Sichtweise die rechte offenzulegen; dabei kann einem leider schnell Polemik vorgeworfen werden oder dass man sich genau so benähme wie die, die man zu kritisieren gedenkt. Geschenkt. Auch könnte man dem Autor seine flapsige Art vorwerfen; dabei ist sie angemessen, weil sie den Manipulatoren mit der gebührenden Respektlosigkeit gegenübertritt. Ein Buch wie dieses ist – leider! – notwendig, und diene es auch nur zur Argumentationsstütze am Stammtisch oder am Arbeitsplatz. Oder in Dresden. Um mal genau so kategorisch zu sein wie die „Asylkritiker“.