Spezial: Head Perfume Records/Windlustverlag

Von Matthias Bosenick (28.02.2024)

Mit drei neuen Zugpferden aus zweien seiner Ställe macht René Seim dieser Tage auf sich aufmerksam: Der Verleger und Labelbetreiber aus Dresden stellt dem europäischen Publikum das retroselige Surfpunk-Duo Turnstyles mit der Best-Of-CD „Variations“ vor und teast das kommende Album des italienischen Rock’n’Roll-Trios Faz Waltz mit der 7“ „Rave A-Comin‘/Jackal Hop“. Außerdem legt er das Best-Of-Büchlein „Mach dich hübsch, spring ins All und komm am Sonntag wieder“ mit seinen eigenen Gedichten aus über zehn Jahren Lyrikerdaseins mit einigen Bonus-Tracks zum dritten Mal auf.

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The The – 1$ One Vote – Cinéola/Earmusic 2023

Von Matthias Bosenick (20.03.2023)

Resteverwertung mit Biss: Zwei ältere Songs veröffentlicht Matt Johnson als The The frisch auf Single, die titelgebende A-Seite neu mit Band eingespielt und die bereits vor Jahren zu Hause allein aufgenommene B-Seite erstmals physisch. Allein das Lick von „1$ One Vote“ ist die Anschaffung dieser Single wert, das geht ins Ohr, klingt wie altvertraut und gleichzeitig frühlingsfrisch, der Song drumherum ist ein lieblicher Poprocksong. „Mrs Mac“ hat zwar weniger Power, aber den gleichen Geist. Ist das schön, seine Stimme wiederzuhören!

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Man … Or Astro-Man? – Distant Pulsar – Chunklet Industries 2022

Von Matthias Bosenick (05.01.2023)

Es gibt sie noch – oder wieder und noch: Nach dem Jahr 2000 dauerte es zwar 13 Jahre bis zur obligatorischen Reunion einer Neunziger-Indie-Band, aber das Comeback-Album ist mittlerweile auch schon wieder gut zehn Jahre alt. Seitdem veröffentlichen die Surfrocker aus der Zukunft nur noch spärlich Singles, „Distant Pulsar“ ist sogar eine Doppel-7“ mit vier Tracks. Die belegen, weitgehend von dem Schabernack der Neunziger befreit, um was für grandiose Musiker es sich bei Man … Or Astro-Man? tatsächlich handelt. Natürlich fehlt das juvenile Ungestüm der Anfangszeit, aber dafür bekommt man eben gereiften Indierock, fett produziert, voller Einfälle und mit wissenschaftlicher Lehrstunde on top obendrauf.

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Cryptic Brood – Caustic Fetid Vomit – Lycanthropic Chants 2022

Von Matthias Bosenick (03.11.2022)

Sprach- und Lärmgewaltig präsentieren Cryptic Brood aus Flechtorf (Gemeinde Lehre) ihre neue 7“ „Caustic Fetid Vomit“, die erste Studioveröffentlichung mit ausschließlich eigenen Songs seit drei Jahren. Sprachgewaltig, weil das Trio zum Ausdruck unvorstellbarer Abscheulichkeiten Wörter verwendet, die man selbst als halbwegs verhandlungssicherer Englischnutzer erst nachschlagen muss, und Lärmgewaltig, weil Cryptic Brood einfach die Klaviatur des Death Metal mit allem beherrschen, was angrenzend noch so existiert. Zwei Tracks, zehneinhalb Minuten, Geknüppel, Geschrei, Gemoste und Riffs, Brüche, Brutalität. In ausgewählt unekligen Farben!

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Spezial: addicted/noname Label aus Moskau, Teil 12

Von Matthias Bosenick (05.05.2022)

Post und Emails gab es dieses mal aus Moskau, und man freut und wundert sich, dass beides dieser Tage überhaupt durchkommt. Die drei Betreiber des Labels, das wahlweise addicted heißt oder einfach namenlos ist, also auf noname reagiert, bleiben unermüdlich, auch wenn Paypal-Zahlungen aus dem Verkauf bei Bandcamp derzeit aufgrund der westlichen Embargos gegen die Kriegstreibermacht gar nicht ihre auch wohlgesonnenen Ziele in Russland erreichen. Es bleibt zu hoffen, dass es bald ein „danach“ geben wird, in dem die Oppositionellen nicht unter die Räder kommen. Musik gibt es dieses Mal als Download, CD oder 7“, darunter auch vom Bruderlabel Bad Road Records, und zwar mit der Compilation „Addicted Tunes“, neuen Alben von Detieti und Был замечен… sowie Singles von Fistula, Koffinsurfer und Crawl – und zwar nicht nur aus Russland, sondern auch aus der Ukraine.

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Goethes Erben – Elemente – Dryland Records 2021

Von Matthias Bosenick (05.09.2021)

Das mit der „duften Sache“ kam den Initiatoren schon selbst als Werbebotschaft in den Sinn, dennoch sei der hier zugestimmt. Öffnet man nämlich die „Elemente“-Box von Goethes Erben, verströmt sie einen überraschenden Seifenduft – weil ihr Seife beiliegt. Aus der „Seelenbalsam“-Kollektion von Bandchef Oswald Henke nämlich. Und noch viel mehr, darunter die vier 7“-Singles, die den Titel der Box definieren, sowie eine CD mit sämtlichen Songs und einigen Bonusstücken. Neben Liveversionen von Klassikern sind auch neue Stücke enthalten, und zusätzlich erhärten sie den Ruf nach einer geschmackvoll kuratierten Remix-Sammlung mit Neubearbeitungen von Hits und Kuriositäten aus 30 Jahren Neuer Deutscher Todeskunst.

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Cryptic Brood & Night Hag – Swollen With Rancid Phlegm (Split)/Repulsive Feast – Meat Hook Mutilation – Rotted Life/Lycanthropic Chants 2021/2020

Von Matthias Bosenick (15.03.2021)

Gleich zweimal schwere Kost aus Flechtorf: Cryptic Brood bespielen eine Split-LP mit Night Hag aus den USA und Repulsive Feast knüppeln eine 7“-Single mit vier Songs ein. Die drei Beiträge können kaum verschiedener sein: Cryptic Brood schwenken das Tempo zwischen Doom und Death herum, Night Hag bleiben auf der dunkel-schleppenden Doomlinie und Repulsive Feast grooven den Punk in den Metal, knüppeln mithin einen gutgelaunten Grindcore. Und das in lustig bunten Vinylvarianten: So geht Metal!

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Xchnum Miiimiiikry – I – Jems 2020

Von Matthias Bosenick (30.07.2020)

Mit dem Projekt Xchnum Miiimiiikry hebt Jonas Kolb sein künstlerisches Wirken von Machyyre auf das nächstdüstere Level: Die Zweisongsingle ist mit dem Etikett Black Metal beklebt, aber das ist nicht die ganze Wahrheit, denn dafür ist die Musik zu experimentell. Wer Machyyre kennt, hat zumindest eine Ahnung davon, was ihn bei Xchnum Miiimiiikry erwartet: Theatralisch, abgrundtief, dunkeldüster, schmerzvoll, leer, blutig und böse sind die Songs. Zur Nachahmung nicht empfohlen!

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Monday Music Club – Descend/Shine On – Monday Music Club/Minga Records 2019

Von Matthias Bosenick (09.04.2020)

Von Braunschweig nach München, von der NDW-Band mit dem diskutablen Namen Clit zum Indie-Rock mit dem Monday Music Club: Als Vinyl-Single veröffentlicht das klassisch besetzte Quintett um Ulrich Lißner zwei frische Songs. Mit reichlicher Dringlichkeit untermalt der Club seine Anliegen: gegen Rechts und gegen Drogen, verkürzt benannt. Die Songs sind catchy, zielen aber nicht vordergründig auf Partytauglichkeit. Straight, schnörkellos, punktgenau gespielt – man hört, dass da Leute mit Erfahrung am Werk sind.

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Myrkur – Juniper – Relapse 2018

Von Matthias Bosenick (23.05.2019)

Es ist nicht mehr so einfach, sämtliche Songs von Myrkur physisch in die Finger zu bekommen. Die letzten beiden erschienen kürzlich als 7“, und das nach einer raren Flexi-Single sowie einem Album, das es in limitierter Fassung mit einer Bonus-EP gab. Seitdem ist es um Amalie Bruun allerdings auch reichlich ruhig geworden. So ruhig wie die beiden Songs auf diesem Stück Vinyl: Black Metal dient hier lediglich der Gefolgschaft als Orientierungshilfe, zu hören gibt es im weitesten Sinne Folklore. Damit überrascht die Dänin ihre Verehrer mitnichten, die Puristen indes gewiss.

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