Tanks And Tears – Timewave – Swiss Dark Nights 2024

Von Matthias Bosenick (28.03.2024)

Diese „Timewave“ reicht 40 Jahre zurück: Sieben Jahre nach dem Debüt-Album „Aware“ reicht die zwischendurch zum Quartett angewachsene Band aus Prato bei Florenz ihr zweites Album nach. Veränderungen gab es nicht nur durch den Zuwachs eines Keyboarders, auch durch die weltweit bekannte Einschränkung bei der Entstehung des Albums: Corona zwang die vier zum Homerecording und digitalen Zusammenführen der Files. Damit macht die Band einen erheblichen Schritt weg von Waverock und Postpunk zu Synthiepop und Indie-Electro der Achtziger. Selbst das Instrumentarium ist authentisch, daher ist die Platte so retro, als wäre sie bereits 40 Jahre alt. Mit ihren guten Songs rechtfertigen Tanks And Tears diesen Rückgriff – „Timewave“ versetzt die Hörenden zurück in die dunklen Ecken der Achtziger.

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The Cassandra Complex – Death & Sex/The Plague (CX40 Version) – COP International 2024

Von Matthias Bosenick (27.03.2024)

Hier treffen gleich zwei unschöne Ereignisse aufeinander: das Comeback und die Neueinspielung alter eigener Songs. Im Falle von The Cassandra Complex, ursprünglich aus Leeds, findet dies gottlob auf zwei verschiedene Alben verteilt statt: „The Plague“ ist das bereits vor zwei Jahren erschienene Comeback-Album, das jetzt zum 40. Bestehen der Wave-Electro-Rock-Band als remasterte „CX 40“-Version (dabei geht es um 40 Jahre Cassandra Complex, nicht um eine 40 Minuten lange Chromdioxid-Kassette) endlich auch auf Tonträger erscheint, und nur eine Woche davor haut eine um Rodney Orpheus neu formierte Band das 1993er Album „Sex & Death“ in stark gekürzter Form als „Death & Sex“ neu raus. Überraschung: Das Comeback-Album ist ein Hammer, die Neueinspielung immerhin eine nette Spielerei.

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Sleepytime Gorilla Museum – Of The Last Human Being – Avant Night 2024

Von Matthias Bosenick (26.03.2024)

Hier greift selbst die Kategorie Avantgarde viel zu kurz. Sicherlich machen Sleepytime Gorilla Museum aus Oakland in Kalifornien Rockmusik, irgendwo innendrin, aber drumherum passiert so viel experimentelles Zeug, dass es unbedarfte Hörende gar überfordern dürfte. Klassische Songstrukturen jedenfalls findet man selbst unter Riffs und Rock nicht, die Band bricht alles auf, verdreht es, fügt Absonderliches hinzu und bleibt dabei mehr als nur genießbar – das vierte Album „Of The Last Human Being“, das nun nach 17 Jahren Schein-Pause vorliegt, bietet eine eigenwillige Kunstmusik, die weit aus allen Schubladen herausragt und große Freude bereitet. Es gibt auch mal gute Comebacks.

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The Jesus And Mary Chain – Glasgow Eyes – Fuzz Club 2024

Von Matthias Bosenick (24.03.2024)

Manche Musik zu hören ist immer wie eine Reise in meine Kindheit. Zum Beispiel The Jesus And Mary Chain. 1987 hörte ich in den BFBS Top 40 den Song „April Skies“ (BFBS stand für „British Forces Broadcasting Services“ und versorgte die Angehörigen unserer Besatzungsmacht und hunderttausende deutsche Jugendliche zu Zeiten des Kalten Krieges mit britischer Kultur. Die allsonntäglichen „BFBS Top 40“ waren laut Eigenauskunft die „fastest moving charts in Europe“ und für mich damals Pflichtprogramm.), war begeistert, und als ich dann 1988 mit meinem besten Freund Klaus den Osterurlaub in Poole, Dorset, verbrachte (eine Sprachreise der Braunschweiger Arbeiterwohlfahrt, auf der wir dank unseres Bustickets sowohl Poole als auch die Nachbarstadt Bournemouth mehrere Male im legendären Routemaster durchmaßen und bei Joan und Mervin, einem liebenswerten älteren Ehepaar, die englische Gastfreundschaft kennen- und lieben lernten), erstand ich im örtlichen HMV-Store sowohl das den von mir geliebten Titel beinhaltende Album „Darklands“ als auch das bis heute gefeierte Debüt „Psychocandy“.

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Kim Gordon – The Collective – Matador 2024

Von Guido Dörheide (24.03.2024)

Soloalben von Thurston Moore fand ich immer eher Singer/Songwriter-lastig und weicher und melodischer als alles von Sonic Youth, Kim Gordon geht 2019 auf „No Home Record“ und jetzt auf „The Collective“ einen anderen Weg: Was Moores Ex-Frau auf ihren Soloalben macht, finde ich wesentlich spannender, weil es eher rhythmusbetont, schräg, noisig und unmelodiös ist und DENNOCH seinen Weg ins Ohr findet. Das liegt zum einen an Gordons Stimme und ihrer Art zu singen. Wer noch niemals Kim Gordon singen gehört hat, greife jetzt bitte zu Sonic Youths 1990er Großtat „Goo“: Klar hat Thurston Moore erstmal die Stiefel an, die Nase vorn und überhaupt den Längsten mit „Dirty Boots“, aber die wahren Schätze des Albums sind „Tunic“ (ein komplett berührender und alle Emotionen umrührender Song über Karen Carpenter und ihr tragisches Ende) und „Kool Thing“, dem grandiosen Duett mit Public Enemys Chuck D.

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Christin Nichols – Rette sich, wer kann! – My Own Party Rec. 2024

Von Guido Dörheide (24.03.2024)

Ich erinnere mich an 2022, eine meiner ersten Rezensionen hier, „I’m Fine“ von Christin Nichols, und nicht nur die Musik, sondern auch die Texte hauten mich damals um. Kann Nichols Zeilen wie „Ich hab auch kein Sex-Appeal und kein Verkehr, ich hab auch kein Backup gemacht, und die Milch ist schon wieder leer.“ („Sieben Euro Vier“ vom besagten „I’m Fine“-Album) noch irgendwie toppen?

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Der Nino aus Wien – Endlich Wienerlieder – Sony Music 2024

Von Guido Dörheide (24.03.2024)

Bin ich grundsätzlich zu blöd, um mitzubekommen, wenn meine österreichischen Lieblingskünstler neue Musik veröffentlichen, schreiben die Medien zu wenig darüber, oder sind 2022 so viele gute Alben erschienen, dass ich einfach den Überblick verloren habe? Von der Veröffentlichung der beiden Weltklasse-Alben „Oame Söö“ von Ernst Molden (ein wunderbares Album über den Tod, nee, Quatsch, über Märchen und Sagen. Also doch über den Tod.) und „Wie die Nocht noch jung wor“ von Voodoo Jürgens aus 2022 nahm ich zumindest erst im vergangenen Jahr Notiz. Über „Endlich Wienerlieder“, die aktuelle Veröffentlichung von Der Nino aus Wien, las ich immerhin nur eine knappe Woche verspätet in den Medien, und dabei bekam ich dann auch zufällig mit, dass auch Nino Mandl (der heißt nämlich gar nicht „aus Wien“ mit Nachnamen) bereits 2022 ein neues Album veröffentlicht hatte („Eis Zeit“), das komplett spurlos an mir vorübergegangen war.

Nun also „Endlich Wienerlieder“ vom Bob Dylan vom Praterstern, wie der Kritiker:innenliebling von den Kritiker:innen liebevoll genannt wird, und ich bin gespannt.

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Carpet – Collision – Kapitän Platte 2024

Von Matthias Bosenick (22.03.2024)

Was haben die Beatles machen lassen? Aus der Liverpooler Echokammer präsentieren die Bayrischen Schwaben Carpet ihr neues Album „Collision“, das aufgrund der inzwischen fast schon wieder vergessenen Corona-Pandemie und den damit verbundenen physischen wie psychischen anderen Umständen in seiner Entstehung einem permanenten Wandel unterlag. Das muss man indes gar nicht so genau wissen, um zu erleben, dass die Augsburger die progressive Rockmusik mehrfach um sich selbst drehten, mit Trompeten und Orgeln bestückten und die sieben Tracks in einen wandlungsfähigen Fluss brachten. Und nein, die Beatles-Harmonien dominieren „Collision“ nicht, hier gibt’s auch Ausbrüche, die jene nie gewagt hätten. Oder?

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Damnation – Fátum – Pest Records 2024

Von Matthias Bosenick (21.03.2024)

Um die Welt mit Metal: Aus Ungarn werfen Damnation ihr erstes Album in den Ring, und auch wenn einem Ungarisch mit seinen für uneingeweihte verwirrenden Sonderzeichen wie ö und ő, ü und ű sowie den ganzen á, é, í, ó, ú und so fort sprachlich ein ewiges Rätsel bleiben wird, erschließt sich einem der Album-Titel „Fátum“ – das ist indes nordisch, Isländisch vermutlich, für „Schicksal“. Zu fünft generiert die noch junge Band aus alten Hasen ein Death-Metal-Werk voller Dynamik, Groove und Energie, mit Riffs, Growls und einigen Schnörkeln. Klassischer Stoff also, für den es sicherlich einige Entsprechungen im Regal finden lassen und der dennoch mit Attraktivität punktet, nämlich über die Rezeptur, die gekonnte Darbietung und die satte Produktion. Lärm, Most und Gebrüll!

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Job For A Cowboy – Moon Healer – Metal Blade Records 2024

Von Guido Dörheide (18.03.2024)

Yee-haw! Die Cowboys from Death haben – 10 Jahre nach „Sun Eater“ – nunmehr einen neuen Job. Und der Fallmanager hat dabei gute Arbeit gemacht: „Moon Healer“ setzt „Sun Eater“ kongenial fort, auf beiden Alben geht es um Drogen, ein Thema, das mich a) kaum interessiert und von dem ich b) wenig Ahnung habe, also lasse ich mich hier mal lieber lang und breit über die Musik auf dem neuen Werk aus: Job For A Cowboy haben mal als Deathcoreband angefangen und spielen seit „Sun Eater“ eher düsteren, technischen Death Metal mit Grunz- anstelle von Klargesang, und wo noch bis „Demonocracy“ (2012) ein steter Wechsel zwischen brutalem Grunzen und panischem Kreischen an der Tagesordnung war, presst Sänger Jonny Davy inzwischen seine Growls und Screams eher gequält heraus, was viel wirkungsvoller ist und auch hübscher klingt als davor.

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