Von Matthias
Bosenick (30.08.2019)
Wenn der Soundtrack deutlich länger
ist als der Film dazu, hat Thom Yorke etwas geschafft, was ihm mit
„Suspiria“, der Veröffentlichung davor nicht gelang, obwohl es
sich dabei sogar um ein Doppel-Album handelte. Das liegt aber auch
daran, dass „Anima“ nur eine Viertelstunde lang ist, und es ist
auch gut so, dass das auf das Album nicht zutrifft: Yorke extrahiert
den Electro-Anteil aus seiner Rockband Radiohead und erzeugt daraus,
ergänzt durch ein Orchester, eine intelligente, warme, künstliche
und künstlerische Musik. Der Netflix-Film dazu von Paul Thomas
Anderson ist auch ganz reizvoll.
Archiv der Kategorie: TV
Stranger Things 3 – The Duffer Brothers – Netflix 2019
Von Matthias
Bosenick (15.07.2019)
Was tut man, wenn eine Geschichte
eigentlich längst auserzählt ist, aber überraschenderweise so
viele Anhänger fand, dass man sich von Marktes Seite dazu getrieben
sieht, sie fortzusetzen? Man baut äußere Umstände wie das
Erwachsenwerden der Jungschauspieler in die Story ein, zitiert die
rahmengebenden Achtziger wie nix, dreht an der Action- und
Gewaltschraube und vergisst, worum es vor drei Jahren mal ging. In
Staffel 3 der Netflix-Serie „Stranger Things“ findet man sich als
Fan der ersten Stunde kaum noch zurecht. Zwar ist die Geschichte –
nachdem man die unsäglichen ersten Episoden überstanden hat –
spannend, aber nicht im Sinne der Serie, sondern lediglich aus sich
selbst heraus. Ein, zwei Staffeln sollen noch folgen, heißt es. So
geht das im Kapitalismus, der ist stärker als die Kunst. Zum
Beispiel die Kunst, aufzuhören.
Akte X: Staffel 11 – Chris Carter – FOX TV 2018
Von Matthias Bosenick (08.01.2019)
Überraschend unscheiße, die elfte (und erneut finale) Staffel von Akte X. Zwar merkt man den Hauptdarstellern an, dass sie nicht mehr so richtig Bock haben, erneut Scully und Mulder zu spielen, und zwar verbiegen die Autoren die Serienrealität zugunsten neuer unvorhergesehener Wendungen, und zwar überwiegt hier die Action über der Charaktertiefe, aber sind die Episoden überwiegend fesselnd und weitestgehend frei von Albernheiten erzählt. Inklusive der Metabegründung, warum die Serie heute nicht mehr funktioniert, weshalb man hoffen sollte, dass sie jetzt endgültig ad acta gelegt wird. „The Lone Gunmen“ auf DVD wäre jetzt noch ein schöner Nachklapp.
Auslöschung (Annihilation) – Alex Garland – USA 2018
Von Matthias Bosenick (27.12.2018)
„2001: A Space Odyssey“ im Wald von „Blair Witch Project“: Wie eine unbestimmte außerirdische Macht da an irgendeinem Strand die Evolution manipuliert, lehrt eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen das Fürchten. Alex Garland erzählt diese bisweilen etwas konstruiert wirkende Dezimierungsgeschichte entspannt und ergreifend, schmückt sie mit ansehnlichen Bildern und vermeidet Kleistermucke. Hübscher Film, der sich sicherlich auch auf der Leinwand gut gemacht hätte, besonders der Flug in den Monolithen, ähm: der Blick in den Klon sowie die dezidiert gesetzten Sequenzen mit mutierten Angreifern im Regenbogenwald des Grauens.
Die Brücke IV (Broen/Bron IIII) – Edel:Motion 2018
Von Matthias Bosenick (13.12.2018)
So findet nun leider diese formidable Thrillerserie ein Ende, die Vorlage für Remakes rund um den Globus war: In der vierten und finalen Staffel der Dänisch-Schwedischen Koproduktion treffen die autistische Saga Norén aus Malmö und der Junkie Henrik Sabroe aus Kopenhagen zum zweiten Mal aufeinander, um beide Länder betreffende Morde aufzuklären. Schöne Bilder, vielschichtige Figuren, Düsternis und Einblicke ins Leben der nordischen Nachbarn machen diese Serie so reizvoll. Ihr Ende bedauert man daher und sieht gnädig über die Schwächen in diesem der Serie angemessenen Finale hinweg.
The Team II – Kasper Gaardsøe – D/DK/B/A + Edel.Motion 2018
Von Matthias Bosenick (27.11.2018)
Vielleicht sollte man für eine dritte Staffel der international produzierten Krimi-Serie „The Team“ nicht nur die Schauspieler, sondern auch die Showrunner austauschen. Die Idee ist lobenswert: In Zeiten von Brexit, Nationalismus und Ausgrenzung die Stärken europäischer Zusammenschlüsse vermittels eines Krimis herausarbeiten. Wie in der ersten Staffel arbeiten – dieses Mal aber andere – Ermittler aus Deutschland, Belgien und Dänemark an einem Fall, der alle drei (und noch weitere) Länder betrifft; es geht natürlich um Flüchtlinge, Nazis und Terrorismus. Auf der Positivseite überzeugen manche interessante Figuren und aufgebrochene Rollenklischees, die andere Waagschale ziehen das schlechte Drehbuch und die gekünstelten Dialoge herunter. Dabei ist die Idee doch eigentlich gut.
Lutter: Die Gesamtedition – ZDF 2017
Von Matthias Bosenick (18.12.2017)
Ein Sozialromantiker sei Kommissar Lutter aus Essen, sagt ihm einer seiner Kontrahenten in der zweiten von sechs Episoden dieser Krimiserie, die das ZDF vor zehn Jahren startete. Anders gesagt: Hier schlägt Sozialdavid in allen Fällen den Geldgoliath. Das Ruhrgebiet mit seiner Hauptstadt Essen ist hier mehr als nur Kulisse, die Figuren sind sympathisch, die Fälle weitgehend komplex, Joachim Król als Pottcolumbo ist ein Vergnügen – da sieht man gern über manch deutsche TV-typische Untiefe hinweg.
Stranger Things 2 – The Duffer Brothers – Netflix 2017
Von Matthias Bosenick (06.11.2017)
Die ersten zwei Drittel der zweiten Staffel von „Stranger Things“ knüpfen mitreißend an das Überraschungsdebüt der Duffer Brothers an, dann steigt ihnen plötzlich das Konzept zu Kopfe. Der Schluss zieht die Freude an der liebevollen Achtziger-Geschichte mit den überzeugenden Charakteren ins Beliebige, in den Zitatetrash, dem die Geschichte zu folgen hat, anstatt umgekehrt. Unter diesem Umständen hält sich die Vorfreude auf die dritte Staffel leider in Grenzen.
The Fall – Tod in Belfast (The Fall) – Jakob Verbruggen – UK/BBC Northern Ireland 2013/ZDF 2015
Von Matthias Bosenick (25.11.2015)
Hast noch’n Rätselheft für Omma? Wer sich die BBC-Serie „The Fall“ angucken will, sollte sich auf jeden Fall eine Nebenbeschäftigung suchen. Der Versuch der BBC, einen skandinavischen Thriller in Serienform zu drehen, gelingt in sofern, als dass man sich an die schlechtesten Vertreter dieses Genres erinnert fühlt. Da helfen auch Superstars wie Gillian Anderson aus „Akte X“ und Jamie Dornan aus „50 Shades Of Grey“ nichts. Man kann ja froh sein, dass das ZDF die Serie auf neun Stunden gekürzt hat, und wundert sich trotzdem, dass sie überhaupt länger dauert als eine Dreiviertelstunde. Es reicht eben nicht, einige typisch skandinavische Elemente zu übernehmen: Eine weinerliche und sediert wirkende, aber notgeile Ermittlerin jagt einen vermutlich sexuell motivierten serienmordenden Familienvater. Toll. Das Ergebnis ist Zeit- und Ressourcenverschwendung.
The Team – ZDF – Kasper Gaardsøe, Kathrine Windfeld – DK/D/B/A/CH 2015
Von Matthias Bosenick (08.03.2015)
„The Team“ ist als TV-Serie in so ziemlich allen Punkten bemerkenswert, und wo nicht großartig, da zumindest gut. Da hat jemand in Sachen Globalisierung und EU endlich mal die Chancen und Vorzüge davon genutzt. Die Serie zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den beteiligten Ländern (das sind Dänemark, Belgien, Deutschland, Österreich und die Schweiz), allem voran die Unterschiede in den Sprachen. Das allerdings nur in der ZDF-Mediathek-Variante, nicht in der Ausstrahlung – und damit geht einer der attraktivsten Faktoren dieser Serie verloren. Man sollte die achtstündige Serie also unbedingt im Internet gucken oder zumindest darauf hoffen, dass die DVD (ab Ende März im Handel) die Originalspur untertitelt.