Von Matthias Bosenick (21.07.2025)
Auf seinem Debütalbum „Lost Horizon“ treibt das neu aus der Taufe gehobene internationale Projekt Himmelaya den Krautrock nach (La) Düsseldorfer Art munter vor sich her und versetzt ihn im Wechsel mit ausgedehnten Ambient-Ausflügen wahlweise nach Westdeutschland, nach Fernost oder ins Kosmische. Hinter diesem Projekt stecken der Düsseldorfer (das erklärt einiges) Jochen Oberlack, der Engländer Marc Hunt alias Swordfish von Astralasia sowie als Sprecherin und gelegentlich auch Sängerin Britt Rönnholm von Us And Them aus Schweden. Verrückt: Wer die anderthalbstündige Doppel-LP kauft, bekommt eine Doppel-CD mit Bonustracks on top obendrauf. Im Stream gibt’s dieses besondere Album bedauerlicherweise gar nicht.
Archiv der Kategorie: Album
Kamizol-K – Diary – Kamizol-K 2025
Von Matthias Bosenick (18.07.2025)
Auf „Diary“ gibt’s keine Gnade, keine Atempause, Kamizol-K knüppeln, grooven, brettern durch, mit ihrer Melange, die sie in der Hardcore- und Metal-Szene von Lyon zusammenbrauten und mit allerlei anderen Ingredienzen anreicherten, unerwarteterweise gehören dazu Rap, Tribal-Shoutings und Black-Metal-Gitarren. „Diary“ ist das erst zweite Album des Sextetts in zehn Jahren, und trotzdem ist deren Tagebuch reichlich fett geraten.
We As A Company – First Summer – MiaCameretta Records 2025
Von Matthias Bosenick (17.07.2025)
Da machen die drei Musiker von We As A Company aber einiges Geheimnis um sich, kürzen ihre Namen mit einem Buchstaben ab, verraten als Herkunft lediglich „eine kleine Provinzstadt“ in Italien und liefern gleichzeitig mit „First Summer“ ein Debüt, auf dem sie dem Stoner und dem Doom auf eine Art und Weise Melodien beibrechen, dass es in den härteren Momenten klingt wie eine schwere Variante von Grunge und ansonsten wie eine angerauhte Version britischer Psychedelik. Diese Melodieseligkeit generiert zunächst auch eine Menge gute Laune – und doch liegt diesem ersten Sommer eine natürliche Melancholie inne.
Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Psychedelic Renaissance
Von Onkel Rosebud
Meine Freundin hat irgendwo gelesen, dass es eine neue Musikrichtung gibt: Psychedelic Renaissance. Ob ich das schon wisse? Ich sei schließlich im Rahmen der Arbeitsteilung innerhalb unserer Beziehung für sowas zuständig. Ein gewisser Jon Hopkins würde sich da hervortun. DJ Jon Hopkins? Ohne eine öffentlich zugängliche Enzyklopädie bemühen zu müssen, glänzte ich, dass dieser Chicagoer House-Produzent die Verschnulzung von Coldplay beschleunigt hat. London, korrigierte mich meine Freundin, und ergänzte, dass besagter ehemaliger Spaßbeschaller das Standardwerk der Psychedelic Renaissance veröffentlicht hat, welches bezeichnenderweise „Music For Psychedelic Therapy“ (Domino Recording, 2021) heißt. Das wäre der Soundtrack zur Einnahme von bewusstseinsverändernden Substanzen wie LSD, Ketamin und allerlei anderen Mittelchen von Leuten, die sich das leisten können – für therapeutische Zwecke wohlgemerkt, nicht zum Spaß.
WeiterlesenSpezial: Separated Beats, Teil 5 – Zwei Veröffentlichungen 2025
Von Matthias Bosenick (15.07.2025)
Mit zwei neuen Veröffentlichungen beehrt uns das Label Separated Beats: Auf seiner EP „Smooth Rider“ kredenzt uns Tobi Morare Neunziger-Retro-Beats von den Balearen bis zum Drum And Bass und im vierten Teil seiner Reihe „Durchströmungen“ mit dem Titel „Wellenbrecher“ fokussiert sich Ben Bekeschus auf sein Ambient-Alias Spiralectric.
Mazut – Dirt Collector – Positive Regression/Rope Worm 2025
Von Matthias Bosenick (14.07.2025)
„Dirt Collector“ ist eine retrofuturistische Grenzsprengung: Auf diesem ersten Album nach vier Jahren Pause kombiniert das Duo Mazut aus Warschau Industrial, EBM, Acid und Techno früherer Epochen zu etwas Zukunftsweisendem. Auch mit gelegentlichen treibenden Uptempo-Nummern ist die Grundstimmung auf diesem Album eher düster, bisweilen angenehm bedrohlich, unkomfortabel. Zu entdecken gibt es eine Menge: Wie etwa klängen DAF auf Acid?
Sophie Tassignon – A Slender Thread – Nemu Records 2025
Von Matthias Bosenick (11.07.2025)
Dieses Album lässt sich nur bedingt unter Jazz einsortieren – vielmehr ließe sich von experimenteller Neo-Klassik sprechen, wie man sie annähernd auch aus den kulturell offeneren Randbereichen der jüngeren Gothic-Szene kennt. Auf ihrem zweiten Solo-Album „A Slender Thread“ rückt die in Berlin arbeitende Belgierin Sophie Tassignon ihre Stimme in den Mittelpunkt, mal als Vehikel für deutsche, englische, russische oder arabische Texte, mal als avantgardistische Chorbegleitung, mal als zusätzliches Instrument. Außer Ambient-Soundscapes sind kaum Instrumente zu hören – erst im letzten Track wird es plötzlich elektronisch. Dieser Bach reißt die Hörerschaft mit.
6SISS – Spare Parts – Antibody Label 2025
Von Matthias Bosenick (10.07.2025)
Lose Skizzen sammelte Peter Andriaenssens zusammen, sagt er, und erstellte daraus „Spare Parts“, sein neues Album unter dem Alias 6SISS. Darauf zu hören sind Retro-Industrial nach modernster Ausführung, IDM und eine Idee von Techno, von Melodien befreit, nicht indes von Atmosphären und Emotionen, solchen zwischen Einsamkeit und Energieausbruch. Für einen Haufen heterogener Ersatzteile klingt dieses Album des Belgiers angenehm homogen.
Drazek Fuscaldo feat. Jörg A. Schneider & Thymme Jones – Certain Kinds – Schneider Collaborations 2025
Von Matthias Bosenick (08.07.2025)
Das Album beginnt mit einem Lachen. Dabei wirkt die Musik so ernsthaft und melancholisch: „Certain Kinds“ vom Duo Drazek Fuscaldo, bestehend aus Przemysław Krzysztof Drazek und Brent J. Fuscaldo von Mako Sica, hier unter Zuhilfenahme von Schlagzeuger Jörg A. Schneider und Pianist Thymme Jones, lässt sich zwischen Neoklassik, Freejazz und Sakralmusik ansiedeln, hält sein Gestüm im Zaum und lässt sich trotz der unkonventionellen Herangehensweise als entspannend auffassen. Und dann dieses Lachen zu Beginn: Als wüsste man nicht intuitiv sowieso, dass es wohl eine Menge Spaß macht, miteinander solche Musik abseits ausgetretener Pfade zu erstellen.
Maps And Foils – Nulle Part – Maps And Foils 2025
Von Matthias Bosenick (07.07.2025)
Vom Opener sollte man sich nicht abschrecken lassen, wenn einem Härte und Melodien als Kombi nicht so sehr behagen: Maps And Foils aus Paris machen mitnichten Metalcore, dafür aber einen Hardcore, den sie so variantenreich darbieten, wie sie es vor 30 Jahren bei Refused lernten. „Nulle Part“ ist das dritte Album der zum Trio veränderten Band, die sogar nach noch weit mehr Leuten klingt. Hier gibt’s Tupfer von Industrial, Folk und Groovemetal inmitten des Gebrülls, und das kommt gut so.