Pet Shop Boys – Nonetheless – x2/Parlophone 2024

Von Matthias Bosenick (24.05.2024)

Alles erstaunt: Die Debüt-Single „West End Girls“ der Pet Shop Boys wird 40 Jahre alt – und das im Synthiepop verankerte Achtziger-Duo ist mit seinem 15. Album „Nonetheless“ im Jahr 2024 relevant, und zwar nach wie vor und kontinuierlich und nicht etwa als monetär orientierte Retro-Reunion. Interessanterweise greifen die Engländer hier mehr auf alte Achtziger-Elemente zurück als auf den zurückliegenden Alben, klingen damit aber nicht altbacken, im Gegenteil: Es lohnt sich einfach immer, neue Musik von den Pet Shop Boys zu kaufen, auch wenn’s mal Abstriche gibt. Die Bonus-EP mit den vier Neuversionen alter Hits etwa ist streitbar, aber verträglich. Und sie singen ein Loblied auf die Flippers, uh!

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The Rogues – Songs Of Praise – Atypeek Music 2024

Von Matthias Bosenick (23.05.2024)

Die Kombination aus Altem ergibt Neues, besonders in Zeiten, in denen alles Alte bereits mehrfach kopiert wurde. Beste Voraussetzung also für die Dubliner The Rogues, den alten Punk und den noch älteren Irish Folk auf eine neue Weise zu kombinieren. Ach: Das gibt‘s schon? Diese Kombi ist selbst schon etwas Altes? Nicht nur das: Den Namen The Rogues listet Discogs mindestens 25mal, der Albumtitel „Songs Of Praise“ ist auch schon vergeben. Was also stellt hier den neuen Mehrwert dar? Nach einer halben Stunde bierseligem Fun-Folk-Punk bleibt diese Frage jedoch unbeantwortet. Und das ist erst Teil 1 von 3 in diesem Jahr, der Auftakt zu einem Triptychon. Na, Slàinte aber auch!

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Gatecreeper – Dark Superstition – Nuclear Blast 2024

Von Guido Dörheide (21.05.2024)

O haue ha, Gatecreeper machen jetzt Melodeath, las ich im Vorfeld der Veröffentlichung von „Dark Superstition“, und der Albumtitel klingt ja tatsächlich so, als könnten wir es hier mit dem Cold Lake oder dem Swansong des sympathischen Quintetts aus Arizona zu tun bekommen. Wie viel Göteborg steckt also in der neuen, dritten Vollelängeveröffentlichung von Gatecreeper, und tun sie sich jetzt irgendwo anders anbiedern, um mehr Tonträger zu verkaufen?

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Billie Eilish – Hit Me Hard And Soft – Darkroom/Interscope Records 2024

Von Guido Dörheide (21.05.2024)

Was für 1 Jahr, liebe Lesenden! 2024 bekommen wir nicht nur neue Musik von Taylor Swift und Dua Lipa zu hören, sondern auch von Billie Eilish. Fehlen noch Lady Gaga und Lana del Rey, aber man kann nicht alles haben. Alle aufgezählten Künstlerinnen sind es jedoch, die mich weiterhin an das Gute in der Menschheit glauben lassen, denn wenn sich alternativer, gefühlsbeladener, intelligenter und sehr schön gemachter Dream Pop bzw. altmodische Discorhythmen mit großartiger Gesangsleistung so gut verkaufen bzw. so zahlreich streamen lassen, dass es sich bei den vorgenannten Künstlerinnen sozusagen um die Crème de la crème des angesagten heißen Scheißes handelt und das selbst mir in meinem zugegebenermaßen hohen Alter, ist es um den oftgeschmähten Massengeschmack nicht allzu schlecht bestellt. „Hit Me Hard And Soft“ („HIT ME HARD AND SOFT“) wurde als ein Album angekündigt, das als solches rezipiert werden soll, und nicht als zusammengewürfelte Ansammlung einzelner Songs, die dann ohne schlüssiges Gesamtkonzept in irgendwelchen Playlists auftauchen sollen. Geschenkt, Frau Eilish, ich bin ohnehin mehr so ein altmodischer Albumhörer, der sich alle Songs nacheinander in der vom Künstler aufoktroierten Reihenfolge anhört und auf sich wirken lässt. Und das funktioniert bei „HIT ME HARD AND SOFT“ wahrhaft auf das Vortrefflichste.

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Danilo Ligato – Vurga – EeeE Records 2024

Von Matthias Bosenick (21.05.2024)

Man taucht ab in einen Soundtrack zu einem Film, der maßgeblich aus schwarzweißen Kamerafahrten durch zerklüftete Landschaften besteht, in denen das Leben komplizierte Herausforderungen bereithält. Entsprechend schwermütig sind die Klavier-, Äther- und Drone-Stücke auf „Vurga“, dem ersten Album des in Italien und der Schweiz arbeitenden gebürtigen Bellenzers Danilo Ligato, der indes eine gewisse Wärme aus seiner klassiknahen Musik nicht heraushalten kann. Wer den ganzen Tag auf Alpen guckt, verarbeitet diesen massiven Anblick wohl zwischen gelassener Schicksalsergebenheit und Schwermut. Heraus kommt dabei ganz klar Kunst, und zwar eine, die man intensiv genießen kann.

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Pearl Jam – Dark Matter – Republic Records/Monkeywrench Records 2024

Von Matthias Bosenick (17.05.2024)

Ach ja, Pearl Jam gibt es ja auch noch! Neben Mudhoney und, hm, den Melvins die letzten Überlebenden des Seattle-Grunge. Zuletzt waren sie auf Alben eher so mittelmäßig bis langweilig, anders als die Soloalben von Sänger Eddie Vedder, und nach dem eher unterdurchschnittlichen „Giganton“ aus dem Jahr 2020 stand schon zu denken, dass dies der Schwanengesang sein würde. Mitnichten, Pearl Jam sind still alive und reißen sich auf „Dark Matter“ nochmal zusammen, kreieren einige ruppige und einige gefühlvolle Rocksongs, alles ganz ordentlich. Hier noch von Grunge zu sprechen, wirkt anachronistisch und im Vergleich zum 1991er-Debüt „Ten“ auch gar nicht mehr angebracht. „Dark Matter“ ist wunderbar räudig, lediglich das hohe Energielevel plättet den Hörenden auf Strecke – und es wird sich zeigen, wie viele Songs nachhaltig im Gedächtnis bleiben, denn nach den ersten Durchläufen scheinen es nicht so viele zu sein, so gern man das Album auch hören möchte.

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Anandammide – Eura – Anandammide/Sulatron Records 2024

Von Matthias Bosenick (16.05.2024)

Als „Utopian Psych Folk“ bezeichnet Michele Moschini die Musik seines Projektes Anandammide, sein zweites Album „Eura“ gibt ihm Recht. Mit Musikern aus halb Europa wildert der in Paris arbeitende Italiener aus Bari in der langen Historie psychedelischer Folkmusik von den Sechzigern bis heute, fügt die Puzzleteile zusammen und generiert Musik, die nur oberflächlich chillig wirkt, denn in den Eingeweiden von „Eura“ geschieht eine Menge, dem aufmerksam zuzuhören sehr lohnt. Gute Laune ist auch nicht eben die Kernaufgabe von Anandammide, dem Album wohnt bei aller vermeintlich leichtfüßigen Instrumentierung eine Schwere inne. Am Ende des Albums ist man mindestens bekifft.

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Fretting Obscurity – Das unglückliche Bewußsein – Bitume Prods 2024

Von Matthias Bosenick (13.05.2024)

Ja, Philosophie kann ein schweres Thema sein, und das hört man der Musik von Fretting Obscurity auch an: Unter diesem Alias generiert Yaroslav Yakos aus Kiew seit 2018 einen schwer schleppenden Funeral Doom, mit „Das unglückliche Bewußtsein“ zum zweiten Mal in Albumform. Auf nur vier Tracks in 50 Minuten kommt der Solist, sein Metronom verreckt auf halber Strecke, die Halsbonbons versagen ihre Wirkung, die von Kant-Kind Yakos thematisierten griechischen und deutschen Philosophen rotieren gemächlich im Grabe, und inmitten der Todeswalzen wagt der Multiinstrumentalist einige bemerkenswerte Ausfallschritte, denn Melodien und Atmosphären beherrscht der Mann ebenfalls. Eine etwas fettere Produktion indes stünde diesem Album gut.

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Einstürzende Neubauten – Rampen (APM: Alien Pop Music) – Potomak 2024

Von Matthias Bosenick (06.05.2024)

„Wie lange noch?“, fragt Blixa Bargeld zu Beginn, und man kann nach diesem Doppel-Album, das auch auf nur eine CD gepasst hätte, nur hoffen, dass die Antwort irgendwas Zustimmendes mit „sehr“ beinhaltet. Man kann das neue Album „Rampen (apm: alien pop music)“ auf zwei Arten hören: mit und ohne Hintergrundwissen, und beide Möglichkeiten öffnen Augen und Ohren. Denn bei den „Rampen“ handelt es sich um eine auf Improvisation fußende Kompositionsvariante der Einstürzenden Neubauten, mit der sämtliche 15 Tracks entstanden sind – die indes auch ohne dieses Wissen als großartige Musik beeindrucken. Wer kann, der kann.

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Niedeckens BAP – Zeitreise (Live im Sartory) – Universal Music Group/Vertigo 2024

Von Guido Dörheide (29.04.2024)

Ähnlich bei „Doctor Who“ existieren verschiedene Inkarnationen von BAP, die ich im Unterschied zur Fernsehserie allerdings nicht am Hauptdarsteller (der war und ist immer Wolfgang Niedecken), sondern am jeweiligen Leadgitarristen festmache: Da war die erste Zeit als „Wolfgang Niedeckens BAP“ mit Hans Heres an der Gitarre und nur einem Album („…rockt andere kölsche Leeder“), dann die Ära Klaus „Major“ Heuser von 1980 bis 1999 mit allen bedeutenden BAP-Alben, aber auch dem musikalisch schlechtesten Werk der Band, dem unerträglich seicht-poppigen „X für e U“ (1990); „Pik Sibbe“ (1993), „Amerika“ (1996) und „Comics und Pin-Ups“ (1999) klangen dann deutlich besser, und in der Ära Helmut Krumminga von ebenfalls 1999 („Tonfilm“) bis 2014 (letztes Studioalbum „Halv so wild“ 2011) lieferten BAP ganz wunderbare Alben wie das Plugged/Unplugged-Werk „Radio Pandora“ (2008) ab, und seit 2014 ist nun Ulrich „Ulle“ Rode für die erste Gitarre zuständig und BAP firmieren nun als „Niedeckens BAP“.

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