Flix – Das Humboldt-Tier – Carlsen 2022

Von Matthias Bosenick (31.08.2022)

Flix alias Felix Görmann ist ja nun echt mal ein ausgezeichneter Zeichner. Was er indes nicht immer ist, ist ein ansprechender Erzähler. Das gilt für seine Adaption „Spirou in Berlin“ ebenso wie für sein neues Marsupilami-Abenteuer „Das Humboldt-Tier“. Das dicke und teure Buch ist umwerfend schön anzusehen, familiengerecht niedlich und auch mal zum Schmunzeln, aber inhaltlich eine Enttäuschung. Nur ein Jahr nach dem vergleichbar enttäuschenden, noch dickeren und noch teureren „Die Bestie“ von Pé und Zidrou ersinnt der Berliner eine weitere Mär rund um die Erst-Entdeckung des schwarzgelben Wundertiers aus dem Palumbianischen Dschungel, die André Franquin 1952 noch seinen Serienhelden Spirou und Fantasio andichtete. Die Grundideen bei Flix sind ja nicht schlecht, nur leider verliert sich diese Berlin-in-der-Weimarer-Republik-Geschichte vornehmlich in süßlich-braver Glückskindgerechtheit.

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Soulflfy – Totem – Nuclear Blast 2022

Von Matthias Bosenick (29.08.2022)

25 Jahre Soulfly, „Totem“ ist deren Album Nummer (kurz auf den Titel des obligatorischen Instrumentals gucken) XII. Die Band um Max Cavalera mostet mächtig munter, reißt ruppige Riffs runter, integriert die bei Sepultura ausprobierten Tribal-Drums und gönnt sich bis kurz vor Schluss keine Atempause. Maxe brüllt sich die im Bandnamen verankerte Seele aus dem Leib, wie man es sich wünscht. In Sachen Thrash, Death und Groove Metal ist „Totem“ nix essentiell Besonderes, aber das ausgesprochen solide und wirkmächtig. Wer schon elf Alben von Soulfly hat und seinerzeit den Wechsel vom NuMetal zurück zum brutalen Thrash begrüßte, hat keinen Nachteil davon, wen er auch zum zwölften Mal zugreift.

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Boris – Heavy Rocks – Relapse Records 2022

Von Guido Dörheide (19.08.2022)

Handelt es sich bei „Heavy Rocks (2022)“ wieder um so eine Rewiederneuveröffentlichung eines alten Albums? Gar bereits um die zweite? Immerhin haben Boris aus Tokio schon 2002 und 2011 ein Album mit diesem Titel veröffentlicht. Aber weit gefehlt: Das legendäre, unvergleichliche, gutaussehende und über alle Maßen wundervolle Trio scheint sich auf die Fahne mit der aufgehenden Sonne geschrieben zu haben, ungefähr alle zehn Jahre mit einer Fortsetzung des 2002er-Albums „Heavy Rocks“ um die Ecke zu kommen: So erschien 2011 das Album „Heavy Rocks“ und nunmehr, 20 Jahre nach „Heavy Rocks“, also „Heavy Rocks“.

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Nick Cave – Seven Psalms – Cave Things 2022

Von Matthias Bosenick (25.08.2022)

„Solche Dinge sollten nicht passieren, aber sie passieren“, sagt Nick Cave im sechsten seiner „Seven Psalms“, sieben zur Ambient-Musik von Warren Ellis gesprochene Kontemplationen über „Glauben, Wut, Liebe, Trauer, Barmherzigkeit, Sex und Lobpreis“, wie es Cave selbst bezeichnet. Für jeden Tag der Woche ein Psalm, alle zusammen ein Angebot zur Meditation. Angesichts des Umstandes, dass Cave jüngst auch seinen zweiten Sohn an den Tod verlor, kann man seine Haltung beinahe als stoisch auffassen, mindestens als gestärkt, gesund und zukunftsgewandt. Und der Geist Gottes schwebt über dieser 10“.

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Amon Amarth – The Great Heathen Army – Metal Blade Records 2022

Von Guido Dörheide (10.08.2022)

Vielen vielen schönen guten Abend, meine hochverehrte Krautnick-Metalgemeinde, es ist dies die Woche der Melodeath-Verrisse, und Hoffnung naht wieder einmal mehr nur aus Richtung Nippon, wenn auch nicht mit Melodeath, aber dazu erst später in einigen Tagen. Zunächst einmal ziehen wir uns „The Great Heathen Army“ der von mir ebenso hochverehrten Amon Amarth rein, und das wird leider wieder eher schmerzhaft denn lustvoll.

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Arch Enemy – Deceivers – Century Media 2022

Von Guido Dörheide (20.08.2022)

Vor einigen Jahren hat mich die schwedische Melodeath-Institution Arch Enemy – damals noch mit Angela Gossow als Sängerin – sehr beeindruckt. Harte Musik und ein gegrowlter Gesang, bei dem es mich immer erstaunt hat, dass da tatsächlich eine Frau singt und kein Mann. Nach Gossows Ausstieg 2014 ist Alyssa White-Gluz in deren Fußstapfen getreten. Eine Kanadierin, was schon mal ein gutes Zeichen ist, schließlich macht beispielsweise Mel Mongeon von den kanadischen Grindcore-Veteranen Fuck The Facts mit schöner Regelmäßigkeit deutlich, dass tiefes, lebensverneinendes Growling keine Männerdomäne sein muss und auch nicht sein darf. White-Gluz macht auch gesanglich alles richtig und steht Gossow in Sachen Growlingkompetez in nichts nach. „Deceivers“ heißt nun das neue Album von Arch Enemy – wird es dem Titel alle Ehre machen und enttäuschen? Äh, nun ja, Spoiler-Alert: Ja, es wird.

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The House Of Love – Burn Down The World: The Fontana Years – Cherry Red 2022

Von Matthias Bosenick (24.08.2022)

Wie viele Veröffentlichungen mit dem Titel „The House Of Love“ gibt es von The House Of Love? Und wie oft veröffentlichten sie ihren Hit „Shine On“? Wer bei der englischen Indierock-Shoegaze-Rave-Band einsteigen will, braucht gute Recherchefähigkeiten. Heute ist das ja Dank Discogs und Wikipedia einfacher als vor 30 Jahren. Aktuell bereitet sich die Band auf ihr drittes Studioalbum seit der Reunion vor, „A State Of Grace“ soll das heißen, und wirft als Vorboten eine Acht-CD-Box mit dem Material zwischen der Indie-Zeit auf Creation Records und dem Split auf den Markt, die die Zeit auf dem Fontana-Label abdeckt – die auch nur vier Jahre andauerte, aber immerhin drei Alben und eine Compilation abwarf. Die vorliegende Box mit dem martialischen, nach einem Song von „Babe Rainbow“ benannten Titel „Burn Down The World“ ist nahezu vollständig und beinhaltet zudem Preziosen, von denen man nicht wusste, dass sie existieren.

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The Twang live auf dem Lammer Open Air – 13. August 2022

Von Guido Dörheide (16.08.2022)

Wieder einmal mehr begann alles ganz harm- und arglos. Die Töchter sind im Urlaub, ich habe nichts verplant, müsste mal wieder Leute sehen und frage deshalb Frank, ob er mal in den nächsten Tagen Bock auf ein Bier hätte. Und er schlägt das Lammer Open Air als Treffpunkt vor. Ich hatte schon überall in der Stadt die „Extrabreit“-Plakate gesehen und dachte, oh Hammer, dachte ich, da spielen solche Hochkaräter schon seit Jahren und ich war noch niemals da. Sowas gehört geändert. Wobei – ich habe zwar gut ein Fünftel meines bisherigen Lebens virtuell an der FernUni in Hagen verbracht, kann aber mit den dortigen Musikschaffenden (Nena, Extrabreit) oft nur wenig anfangen. Dann sah ich, dass The Twang ebenfalls dort auftreten und Lamme war gesetzt. Ich habe dann also am Vortag beim – sehr sympathisch anmutenden und wunderschön eingerichteten – Friseursalon neben dem Festivalgelände zwei Tickets erstanden und bin dann am Samstag mit meinem 9-EUR-Ticket per Bus (von Haustür zu Haustür in weniger als 9 Parsecs – ohne Umsteigen!) gen Lamme gereist. Zivile Getränkepreise, supernette freiwillige Helfer/-innen, gastrologische Versorgung dank Bratwurst-und-Backschinken-Stand aufs Beste gesichert, dazu ein aufgeräumtes, übersichtliches und mit einer wahrhaft professionellen Bühne bestücktes Festivalgelände – möge der Spaß nun beginnen!

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Dan Scary – Reden ist Quecksilber und Schweigen auch nur Gift – Dan Scary 2021

Von Matthias Bosenick (15.08.2022)

Der Wolfsburger Daniel Url macht es andersherum als etwa Alice Cooper oder Nena: Aus dem jahrelang als Ein-Mann-Projekt geführten Dan Scary macht er die Band Dan Scary. Mit Bassist Christian Schwarz, bei dem es sich sogar um einen Rückkehrer handelt, und Schlagzeuger Boxa/Boxer Wagner bekommt der nach vorn treibende Punkrock einen Extraschub. Unfassbar, welche Dynamik da plötzlich hervortritt! Nachzuhören auf der bereits im vergangenen Jahr erschienen EP „Reden ist Quecksilber und Schweigen auch nur Gift“ mit vier Songs, die dem ursprünglichen Düsterpunk Dan Scarys eine mächtige Portion Groove hinzufügen.

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A Secret Revealed – When The Day Yearns For Light – Lifeforce 2021/2022

Von Matthias Bosenick (11.08.2022)

Eigentlich existiert dieses dritte Album von A Secret Revealed bereits seit Oktober 2021, nur dauerte es mit der Vinyl-Veröffentlichung aufgrund bekannter Probleme mit den Presswerken bis ins folgende späte Frühjahr. Jetzt ist es endlich da, und bunt wie das Vinyl ist auch die Musik, wenngleich man jener eine Neigung zum modernen Black Metal zugestehen muss, also der unbuntestmöglichen Spielart des Heavy Metal. Aber, und das ist das Besondere an diesem Würzburger Quintett: A Secret Revealed definieren Metal nicht nach Schubladen, sondern danach, worauf sie Bock haben. Da ist der gebrüllte Gesang eher dem Hard- bis Metalcore entnommen, da ist die Musik drumherum von allem mit heavy verzerrten Gitarren etwas und dabei so wenig genau konkreten Metal-Genres zuzuordnen, dass man allem guten Gewissens ein „Post-“ vorausschicken kann.

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