Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Schuld oder nicht Schuld? Das ist hier die Frage.

Von Onkel Rosebud

Von dem Kurzgeschichten-Bestseller „Schuld“ von Ferdinand von Schirach gibt es vierzehn Folgen verteilt auf drei Staffeln (2015 bis 2019, ZDF). Porträtiert werden besondere Kriminalfälle aus Sicht eines Strafverteidigers, die allesamt düster und echte Runterzieher sind. Die Top-Five der Serie meiner Freundin stammen alle aus der dritten Staffel plus die letzte Folge der 2. Staffel, zusammen mit der vorletzten Folge der 1. Staffel. Das heißt, das Beste haben sich die Serienmacher meistens immer für den Schluss pro Staffel aufgehoben und insgesamt wurde diese außergewöhnliche Serie hintenraus immer besser. Das Bedrückende, nahezu niederschmetternde und verstörendste daran ist, dass es sich um echte Nacherzählungen des wirklichen Lebens handelt. Reale Fälle also. Jede Folge dreht sich um ein neues Schicksal und ein neues Urteil. Weil man sich das so nicht ausdenken kann.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Das Filmmusical „Annette“ von Leos Carax

Von Onkel Rosebud

Braucht die Welt ein depressives Musical über Liebe, Tod, Selbstzweifel und Wahnsinn, in dem eine Marionette aus Holz mit abstehenden Ohren die Titelrolle spielt und fast jedes Wort gesungen wird? Meine Freundin findet, ja, das braucht‘s. Zumal unser Bester, Adam Driver (wir lieben ihn wegen seiner Auftritte in der Lena-Dunham-Serie „Girls“ und den Filmen „Frances Ha“ sowie „Paterson“ und nicht, weil er Ben Solo/Kylo Ren in dem verkackten Teil des Star Wars Merchandise gespielt hat) neben Marion Cotillard (die authentischste Édith Piaf seit ihr selbst in „La vie en rose“) nebst Simon Helberg (Howard „Fruchtzwerg fliegt ins All“ Wolowitz aus „The Big Bang Theory“) die Hauptrollen spielen. Dass Musik und Text des Films von den Brüdern Ron und Russell Mael der – meiner bescheidenen Meinung nach – legendären, aber völlig unterschätzten Glamrock/Art-Pop/Avantgarde-Band „Sparks“ stammen, war ihr egal, aber der Name des Regisseurs und Drehbuchautors von „Annette“, Leos Carax, ließ sie aufhorchen. Da war doch was? Genau, „Die Liebenden von Pont-Neuf“, ein Film aus dem Jahr 1991 mit der Grande Dame de Schauspiél Juliette Binoche. Das Meisterwerk des damals einunddreißigjährigen Kontroverslings mit der Szene für die Ewigkeit, als Michèle und Alex minutenlang schnellfeuerlachend über die älteste Brücke von Paris tanztoben.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Wut ist nur ein vorübergehender Bewusstseinszustand – Die Knaller-Serie „Beef“

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin übt sich sehr in Achtsamkeit und vergisst sich selten. Wenn sie mal aus der Haut fährt, dann im Straßenverkehr. Ihrer Meinung nach bleibt so ziemlich jeder Verkehrsteilnehmer unter seinen intellektuellen und motorischen Möglichkeiten. In der ein oder anderen Situationen führte das zum Einsatz der wilden Hupe und des gestreckten Mittelfingers. Einmal hat sie sogar einen Saft-Tetrapack nach einem anderen Autofahrer geschmissen (Hashtag „Ausparken“ und „Vorfahrt“). Das wird sie künftig nicht mehr machen, weil sie die sehr unterhaltsame, düstere und zugleich kluge Serie „Beef“ gesehen hat. Sie weiß jetzt, wohin selbst der kürzeste Moment des Kontrollverlustes im Fahrzeug führen kann: nämlich in die Katastrophe.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Tremé – David Simon uber alles

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin ist ein Krimi-Serien-Fan, nicht von der Sorte Handlung, in der ein „whodunit“ abgearbeitet wird; sie bevorzugt die realistische Darstellung von Polizeiarbeit und deren Auswirkungen auf die Persönlichkeiten. So kam sie auf Projekte von David Simon. Der startete seine TV-Karriere Anfang der 90er mit dem Buch zur Serie „Homicide: Life On The Street“, die er auch als Produzent begleitete. Aus dem zweiten Buch machte er „The Corner“, die thematisch über die Armut einer Familie und ihre Verstrickung in den Drogenmarkt angelegt ist. Anfang der 2000er erfand er „The Wire“ (fünf Staffeln zwischen 2002 bis 2008), mit das Beste, was es je auf dem TV-Serienmarkt gegeben hat – bis heute in einer Liga mit „Sopranos“, „Breaking Bad“, „Justified“, „Sons Of Anarchy” etc. – und „Game Of Thrones” bis Staffel 6. Muss man gesehen haben.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Elder Stateswomen im Film

Von Onkel Rosebud

Meiner Freundin liegt Eifersucht fern. Aber wenn ich alles stehen und liegen lasse, wenn Tilda Swinton (geboren 1960) auf der Mattscheibe erscheint, dann rollt sie abschätzig und leicht genervt mit den Augen. Sie fragt sich aber insgeheim, wieso ich es nötig habe, diese Dame (auch noch) anzuhimmeln. Derweil ist Lady Tilda keine Ausnahme. Ich kann in Würde gealterten Schauspiel-Göttinnen so einiges abgewinnen.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Liebe, Tod, Teufel und Sibel Kekilli

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin hat die Schauspielerin Sibel Kekilli zum ersten Mal in „Game Of Thrones“ in der Rolle als Shae im Jahr 2011 wahrgenommen und war begeistert. Sie spielt da eine junge, hübsche Prostituierte, die einige Zeit die Geliebte von einem der wenigen sympathischen Hauptprotagonisten der Serie sein darf. Aber eigentlich war es andersherum: Sie bestimmte, dass er sie „durfte“, und das machte den Reiz ihrer Figur aus.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Wer hat den Hummus erfunden?

Von Onkel Rosebud

Vom kruden Humor des mittlerweile fast Hundertjährigen Mel Brooks, der eigentlich Melvin Kaminsky heißt, mag man halten, was man will, doch seine Parodie-Filme „Spaceballs“ oder „Robin Hood: Men In Tights“ konnten meiner Freundin das ein oder andere Lächeln abringen. Immerhin ist er einer der wenigen Mitglieder der sogenannten EGOT-Truppe, d.h. Künstler bzw. Komiker, die im Laufe der Karriere mit den vier wichtigsten Auszeichnungen der US-Unterhaltungsbranche ausgezeichnet wurden, aber was hat das heute noch zu bedeuten. Mein Favorit seines filmischen Schaffens ist „Die verrückte Geschichte der Welt Teil 1“. Vor allem wegen der Steinzeit-Szenen. In einer entdeckt der Urmensch zufällig die Musik, indem ihm bei der Arbeit ein Stein auf den Fuß fällt. Daraufhin schreit dieser vor Schmerz und das Schlagen mit Steinen auf unterschiedliche urmenschliche Füße gebiert Laute, aus denen eine frühe Fassung von Georg Friedrich Händels „Hallelujah“ zu erkennen ist. Ist sicherlich etwas schlichter Humor, aber recht unterhaltsam und schön doppeldeutig.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Shameless: Was riecht hier so? Ist das Kotze oder teurer Käse?

Von Onkel Rosebud

Die Serienwelt meiner Freundin ist übersichtlich, Sie teilt sie in vier Prioritäten: 1. Romantik, 2. Das Gute gewinnt (oder wie sie sagen würde: „irgendwas mit Superhelden-Ringe-Drachen-Laserschwert“), 3. Whodunnits und 4. den Rest, dem ich anheimgefallen bin.

Zum Besten, was uns in der vierten Kategorie jemals passiert ist, gehört die uns seit Jahren begleitende US-Version der Serie „Shameless“. (Das Original ist britisch, auch gut, aber nicht besser als das Remake.) In insgesamt 134 Folgen (verteilt auf 11 Staffeln) wird das Alltagsleben einer prekären Familie behandelt. Im Mittelpunkt stehen sechs Kinder, die sich größtenteils selbst versorgen, da ihre Mutter die Sippe vor Jahren verlassen hat, und ihr Vater, ein Alkoholiker, keine Hilfe darstellt. Es geht darum, wie Menschen in Armut versuchen, über die Runden zu kommen, in einer würdelosen Welt die Würde zu behalten und auch aus noch so beschissenen Situationen etwas Gutes rauszuholen. Diese Themen sind ein Trigger für uns, weil wir beide auch mit beschissenen Jobs, die schlecht bezahlt wurden, in die letztendliche Unabhängigkeit gestartet sind.

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Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Not for sale – Yellowstone

Von Onkel Rosebud

„There’s only four ways to get rich, kid. One, inherit it. That ain’t happening for you. Two, you steal it. You do not have, my friend, the patience, the power or quite honestly, the intellect to steal anything of substance and keep it, so three, work really, really fucking hard. Okay? You learn. You fail. Learn more, fail more. And don’t let anyone outwork you. Ever. What is option four? Learn how to suck a dick like you lost your car keys in it.”

Als in Staffel 4, Folge 3, die Tochter des Patriarchen diese Brandrede an ihren Adoptivsohn richtete, räkelte sich meine Freundin auf der Couch, knuffte mich liebevoll in die Seite und meinte, da hast Du den Aufhänger, einen Text über die Serie, die quasi wie „Sons Of Anarchy“ ist, nur mit Pferden anstelle Motorrädern, zu schreiben.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: „Oh boy, ich zerfick dir dein Gesicht“ – Brutalismus 3000

Von Onkel Rosebud

Hin und wieder fragt mich meine Freundin, ob ich ihr nicht mal was vorspielen kann, das bei der Generation Z angesagt ist. Meine Reaktion ist dann meistens Augenrollen. Wäre das eine olympische Disziplin, ich wäre im Kader, aber neulich konnte ich bei ihr mit einem Tipp aus dem Musikfeuilleton von Deutschlandfunk Kultur punkten: Brutalismus 3000. Das ist ein Ballerbeat-Duo aus Berlin, das man irgendwo zwischen Hardcore-Techno, Gabber und Elektropunk einordnen kann. Also übersetzt für uns GenXler: D.A.F. trifft Atari Teenage Riot, nur in jung, weiblich und hip, dazu bissig, respektlos und schnell. Ihr 2023er Debüt-Longplayer „Ultrakunst“ (Live From Earth) ist ein wildes und selbstbewusstes Album, ein abwechselnd beängstigendes und rotziges Feuerwerk aus Wut und Humor, das wie eine richtig gute Party klingt, die aus den Fugen geraten ist. Und bei dem Thema kenne ich mich aus, auch wenn ich noch nie im Berghain war (und auch nicht da rein will). Vor dem Album hatten Dingsbums 3000 in den Corona-Years drei EPs rausgebracht: „Amore Hardcore“, „Liebe in Zeiten der Kola“ sowie „Eros Massacre“. Allesamt Perlen der guten Laune.

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