Von Matthias Bosenick (31.05.2019)
Hier gewinnt der Inhalt über die Form: Verglichen insbesondere mit Sebastian Schippers vorherigem Film „Victoria“ besticht „Roads“ mit der Geschichte, die er erzählt, und dies in eher konventionellen Bildern. Aber die Handlung fesselt: Ausgehend von zwei Familiendramen, handelt „Roads“ Adoleszenz, Flüchtlingsschicksale, Europa und Antirassismus gekonnt miteinander verwoben ab. Zwei Teenager aus verschiedenen Kulturkreisen suchen Angehörige und überwinden dabei nicht nur geographische Grenzen. Und The Notwist besorgen den chilligen Soundtrack dazu.
Archiv der Kategorie: Kino
Pokémon Meisterdetektiv Pikachu (Pokémon Detective Pikachu) – Rob Letterman – USA/J 2019
Von Matthias
Bosenick (09.05.2019)
Die Pokémon-Go-Spieler, die einfach
nur ihre Lieblingsmonster animiert im Kino sehen wollen, reiben sich
überrascht die Augen: Die Story, die um das
Taschenmonster-Multiversum herumgestrickt wurde, ist mehr als nur
okay, und die Bilder begeistern auf allerweitesten Strecken. Einem
Pikachu mit Pelz und einem entwaffnenden Schatz an rhetorischen
Mitteln guckt man gern dabei zu, wie es als Kumpel eines
melancholischen Detektivsohns in einem Mordfall ermittelt, in dem
Drogenmissbrauch, illegale Arenakämpfe und das Streben nach
Weltherrschaft wichtige Rollen spielen. Ohne Vorkenntnisse mindestens
aus Pokémon Go hat man zwar etwas weniger Spaß an diesem Film, mit
dafür unbändigen. Eine gelungene Umsetzung.
Avengers: Endgame – Joe & Anthony Russo – USA 2019
Von
Matthias Bosenick (01.05.2019)
Überraschend unscheiße
für einen Nicht-Marvel-Gucker stellt sich „Avengers: Endgame“
heraus, wahlweise der vierte Teil oder der zweite Teil des dritten
Teils der Reihe. Mit einigem von Sitznachbarn abgehorchten Vorwissen
über die Geschehnisse aus den gefühlt 100 Filmen aus dem
Marvel-Universum, deren Schicksale hier zusammenfallen, hat man Spaß
und Genuss an dem Drei-Stunden-Abenteuerfilm. Das Regisseurduo Joe
und Anthony Russo macht einiges besser als die anderen Kollegen aus
Hollywood, und für eine Comicverfilmung ist das Ergebnis trotz der
Superheldenthematik angenehm in der Realität verankert. Bei so viel
Positivem sind Logiklücken verkraftbar, die sind bei Zeitreisefilmen
nun mal nicht zu vermeiden.
Dumbo – Tim Burton – USA 2019
Von Matthias
Bosenick (25.04.2019)
Was hat sich der Künstler dabei
gedacht? Wollte sich Tim Burton, wie weiland Peter Jackson mit „King
Kong“, einen Kindheitswunsch erfüllen? Dann hätte er „Dumbo“
besser privat für sich drehen sollen. Sein Remake des
Disney-Zeichentrickklassikers von 1941 lässt beinahe alles
vermissen, was man von einem Burton-Film erwartet: das Märchenhafte,
das Fantastische, das Spukige, das Skurrile, den subtilen Humor, die
melancholische Tragik, die schlagfertigen Dialoge, die
bemerkenswerten Charaktere. Burton versteckt seine wenigen guten
Ideen in einer stressig aneinander montierten, in sich aber dünnen
Geschichte, und findet erst am Ende die Ruhe, die der ganze Film
verdient hätte. Außerdem lässt er den Titelhelden viel zu kurz
kommen. Enttäuschend.
Vom Lokführer, der die Liebe suchte… – Veit Helmer – D 2019
Von Matthias Bosenick (21.03.2019)
Ein Film ohne Worte und trotzdem ohne Langeweile: Veit Helmer zaubert wieder. Den an Feelgood-RomComs gemahnenden Titel muss man ignorieren, denn um eine Schmonzette handelt es sich hier nicht. Vielmehr bricht der Hannoveraner einmal mehr mit Film-Sehgewohnheiten: Er lässt seine Figuren schweigend, aber Dank der Bilder dennoch mit Inhalt interagieren, und schickt seine Hauptfigur, einen in die Jahre gekommenen Diesellokführer, in Aschenputtel-Manier auf die Suche nach der Trägerin eines BHs, der sich bei der Durchfahrt durch eine engbebaute Siedlung an seiner Eisenbahn verfing. Helmer gelingt eine detailverliebte, visuell einnehmende Geschichte, die ihre Schwächen ausgerechnet beim Kern hat: zu viel Brust, zu wenig Handlung. Ansonsten: ein Fest.
The Lego Movie 2 – Mike Mitchell – USA 2019
Von Matthias Bosenick (04.03.2019)
Zwei Hauptaspekte hat der Film: Jung und Mädels spielen zusammen, und dies nach Möglichkeit lebenslang. Schönes Fazit eines US-Blockbusters, der sich rund um Dänisches Spielzeug dreht, und der das wichtigste Element des ersten Teils übernimmt: die Meta-Ebene nämlich. Natürlich reichen Handlung und Gagdichte nicht ganz an den ersten Film heran, aber empfehlenswert guckbar ist „The Lego Movie 2“ trotzdem. Selten, so etwas im Biz.
Heavy Trip – Jukka Vidgren & Juuso Laatio – B/FIN/N 2018
Von Matthias Bosenick (02.03.2019)
Eine Ansammlung von Klischees aus Komödie und Heavy Metal, die beiden Seiten nicht gerecht wird und bei der es dann umso mehr verwundert, dass dabei trotzdem gelegentlich übermäßig gute Gags herauskommen: Das ist „Heavy Trip“. Um die guten Gags herum hätte man sich einen so guten Film einfallen lassen können, aber nein, viel lieber greifen die Finnen auf das zurück, was jeder Zuschauer schon hinreichend kennt. Das allein macht aus „Heavy Trip“ leider keinen guten Film. Immerhin, der Song der Band, um die es geht, hat Qualität.
25 km/h – Markus Goller – D 2018
Von Michael „Schepper“ Schaefer (17.02.2019)
„Irgendwas geht immer am Wochenende. Wir sind schließlich in Braunschweig“, antwortete Serge, als ich ihm sagte, dass ich noch nicht wisse, was ich abends machen würde.
Und er hatte Recht. Mein Samstagabendsdeckeaufdenkopffall-Syndrom trieb mich also ins kleine, feine Universum-Kino und in den Film „25 km/h“, den ich eigentlich schon längst gucken wollte.
Loro – Paolo Sorrentino – I/F 2018
Von Matthias Bosenick (29.01.2019)
„Er“ steht im Mittelpunkt, auch in Abwesenheit: Der göttliche Paolo Sorrentino dreht einen Sittengemälde-Politfilm, der sich lose an dem Bild orientiert, das die Öffentlichkeit von Italiens mehrfachem Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi hat. Zwar fällt die Vokabel „Bunga Bunga“ nie, doch kann Sorrentino ausgelassene Feste bei dem Thema natürlich nicht auslassen. Damit beschert er gewohnt opulente Bilder und versetzt diese, anders als zunächst erwartet, mit Handlung und Dialogen. Und obwohl der Zweiteiler in Deutschland lediglich in einer auf gut zweieinhalb Stunden gekürzten Fassung läuft, ist er immer noch lang – und keine Minute überflüssig. Beeindruckender Mix aus Bewunderung und Abscheu.
The House That Jack Built – Lars von Trier – DK/S/D/F 2018
Von Matthias Bosenick (12.12.2018)
Wenn Lars von Trier einen Serienmörderfilm dreht, kommt dabei bei Weitem kein Genrefilm heraus – so gut sollte man den Mann inzwischen kennen. „The House That Jack Built“ greift die Struktur des Vorgängers „Nymp()maniac“ auf: Was dort der Porno war, ist hier eben der Serienkiller, an dessen Geschichte entlang von Trier Themen aus dem Fachbereichen Soziologie, Psychologie, Architektur, Religion, Kunst, Philosophie, Önologie und Jagd abhandelt. Das blutrünstige Monster bietet hier die Vorlagen für das Bildungskino – und natürlich trotzdem einen guten Grund für den Dänen, zu provozieren. Auch das ist typisch für von Trier. Zweieinhalb Stunden Film ohne Langeweile, mit Inhalt und trotz aller Begeisterung ohne den Wunsch, sich ihnen zwingend noch einmal auszusetzen.