The Eden House – Songs For The Broken Ones – Jungle Records 2017

Von Matthias Bosenick (31.08.2017)

Trip Goth! Allein dafür, dass es gelingt, auch im neuen Jahrtausend noch neue schlüssige Genrebezeichnungen zu finden und mit nachvollziehbar abtrennbarem Inhalt zu füllen, gebührt The Eden House aller Respekt. Und dann ist deren Trip Goth auch noch gut, auch auf dem dritten Album in fast zehn Jahren. Sowohl das Trippige als auch das Gothige kommt vom selben Instrument, nämlich vom Bass, und den Rest strickt die Band mit 50 Mitgliedern passend drumherum, nämlich wavige Melodien und Tempi, hymnisch-pathetische Harmonien und ausschließlich weibliche Stimmen. Als Referenz seien hier die Fields Of The Nephilim genannt, und das nicht ohne Grund, spielen die bei The Eden House doch wesentlich mit.

Weiterlesen

The Claypool Lennon Delirium – Lime And Limpid Green – ATO Records 2017

Von Matthias Bosenick (25.08.2017)

Die Verknappung einer Veröffentlichung mit einer Wiederveröffentlichung aufheben ist gut, doch diese ebenfalls verknappen ist ein Witz: Die Cover-10“ „Lime And Limpid Green“ brachten Les Claypool und Sean Lennon ursprünglich zum jüngsten Record Store Day heraus und legten sie jetzt für den freien Markt neu auf. Der Unterschied: Das Vinyl ist jetzt transparent mit grünen Splattersprengseln, einige Tippfehler auf der Hülle sind korrigiert. Die Musik: Das psychedelische Duo spielt vier mehr oder weniger psychedelische Standards im eigenen Sound nach. Ist okay, aber weniger Reizvoll als das gemeinsame Album.

Weiterlesen

Sqürl – EP#260 – Sacred Bones Records 2017

Von Matthias Bosenick (08.08.2017)

Den Rausch ausleben, nicht ausschlafen! Konturen sind was für Anfänger und Remixer, damit halten sich die drei Musiker inklusive des Regisseurs Jim Jarmusch mal gar nicht auf, jedenfalls nicht in den ersten sechs Minuten dieser EP in Über-„Reign In Blood“-Länge. Es schleift und dröhnt, bevor es dezent zu wummern beginnt. Die Musik ist so dunkel und verrätselt, wie es manche Elemente in Jarmuschs Filmen sind.

Weiterlesen

!!! – Shake The Shudder – Warp 2017

Von Matthias Bosenick (29.06.2017)

Was spätestens mit „As If“, dem Vorgängeralbum, leider abzusehen war, bewahrheitet sich auf „Shake The Shudder“: !!! werden synthetisch und geben damit ihr Alleinstellungsmerkmal ab, schweißtreibende Tanzmusik mit der Hand zu spielen. Die Songs auf dem siebten Album sind okay, gelegentlich hört man den typischen Discofunk der Wahl-New-Yorker heraus, doch fehlen die Haken, mit denen sich !!! bis dato ins Ohr bohrten. Not every day is like Yadnus. Trotzdem fließt Schweiß.

Weiterlesen

Tamikrest – Kidal – Glitterbeat Records 2017

Von Matthias Bosenick (09.05.2017)

Was wären Tamikrest nur ohne The Velvet Underground? Auf ihrem vierten Album verhehlen die Musiker aus Mali diesen Einfluss nicht, sollte er es denn überhaupt bis zu ihnen in die Wüste geschafft haben. Doch liegt der Schwerpunkt dieser Band wie stets bei ihren Tuareg-Wurzeln, die sie mit westlichem Instrumentarium bearbeitet. Auf „Kidal“ gerät dies etwas weniger druckvoll und kräftig als zuvor; hier gönnen sich Tamikrest mehr Zwischenräume und Reflexion. Und politische Botschaft.

Weiterlesen

Fixmer/McCarthy – Chemicals – Sonic Groove 2017

Von Matthias Bosenick (06.04.2017)

Seit neun Jahren kein Album mehr, aber plötzlich die zweite 12“ in zwei Jahren. Der französische Techno-DJ Terence Fixmer und der englische EBM-Shouter (so muss man ihn bezeichnen) Douglas McCarthy von Nitzer Ebb ballern ihren trotzdem verbliebenen Folgenden dieses Mal Drogentanzmusik um die Ohren. Als neuem Output auf nur einen Track konzentriert, ist eher das Bedienen die Aufgabe als das Erweitern; „Chemicals“ ist ein im Sinne des Duos klassischer antiseptisch lärmender Neo-EBM-Track mitten in die Fresse. Auf der so genannten Albumlänge sind sie zwar experimenteller, aber man ist ja schon zufrieden, dass sie überhaupt wieder gemeinsam aktiv sind.

Weiterlesen

Under Viewer – Wonders & Monsters, Daniel B. Prothèse – Überlastung – Alfa Matrix 2016/2017

Von Matthias Bosenick (22.03.2017)

Dieser Jean-Luc de Meyer hat aber auch eine geile Stimme. Der veredelt alles, woran er beteiligt ist. Hier nun mit Patrick Codenys an Under Viewer, einem von zwei Projekten, aus denen 1981 Front 242 hervorgingen. Das andere war Prothèse von Daniel Bressanutti. Von beiden gab es keine offiziellen Veröffentlichungen, sieht man von den Demos ab, die das Label Alfa Matrix 2004 zum Rerelease des Front-242-Debüts „Geography“ auf die limitierte Bonus-CD packte. Beide Projekte überarbeiteten ihre Demos und schufen neue Songs, die sie jetzt unter die EBM-Fans bringen – und diese sicherlich eher verstören: Under Viewer ist wunderschöner dunkler minimaler Pop, Prothèse zirpendes Experiment mit Ambient-Schlag, beides also in einem völlig anderen Sinne „Kampfbereit“.

Weiterlesen

Exquirla – Para quienes aún viven – Superball Music 2017

Von Matthias Bosenick (11.03.2017)

Wenn alles gesagt ist, mischt man das Gesagte neu: So funktioniert auch Exquirla, das gemeinsame Projekt der spanischen Postrockband Toundra und des Flamencosängers Niño De Elche. Das Ergebnis ist ein dunkler Fluss an progressiver Rockmusik zwischen heavy und mäandernd mit einer rauhen beschwörenden singsangenden Stimme drüber. Eine beeindruckende und großartige Kombination. Ebenbürtig mit etwa Jambinai aus Südkorea, die in ihren Metal traditionelle Instrumente einfließen lassen. Neu geht noch 2017!

Weiterlesen

Automat – Ostwest – Bureau B/Indigo 2016

Von Matthias Bosenick (06.01.2016)

Was bleibt eigentlich übrig, wenn man der Dubmusik den Dub langsam austreibt? Das Trio Automat begeht mit seinem dritten Album „Ostwest“ den Versuch. Das Ergebnis ist nicht weniger groovend, aber wegen der reduzierten Wiederholungseffekte deutlich minimalistischer. Es bleibt Tanzmusik für Menschen, die vor einem zur Schau gestellten Hedonismus Reißaus nehmen, sich aber doch mal rhythmisch bewegen wollen. Zudem soll „Ostwest“ auch was fürs Hirn sein, was aber bei Instrumentalmusik ein eher aufgesetztes Unterfangen bleibt. Festzuhalten ist: „Ostwest“ ist anders als die beiden Vorgänger und Stillstand ist der Tod.

Weiterlesen

Placebo – Life’s What You Make It – Elevator Lady/UMG Recordings Services 2016

Von Matthias Bosenick (06.11.2016)

Wenn die kolportierte Geschichte stimmt, ist sie lustig: Placebo begehen ihr zwanzigjähriges Bestehen mit einer Best-Of-Doppel-CD und vergessen beim kompilieren, dass sie in ihrem eigenen Repertoire einen Song namens „Twenty Years“ haben. Um das glattzuziehen und den einzigen exklusiven Song auch anderswo unterzubringen, schieben sie halt die 12“ „Life’s What You Make It“ nach. Darauf gibt’s „Twenty Years“ in zwei unterschiedlichen Liveversionen und vier neue Songs, darunter das titelgebende Talk-Talk-Cover. Die EP belegt, dass sich Placebo zu Recht in der indierockigen Lücke zwischen Mainstream und Eigensinn gut eingenistet haben.

Weiterlesen