Von
Matthias Bosenick (10.11.2019)
Linden, das Braunschweig
von Hannover. Der linksalernative Veranstaltungsort mit dem
charmanten Namen Bei Chéz Heinz ist dort unter einem Schwimmbad
gelegen und bietet entsprechend wenig Kopffreiheit. Bei dem Konzert
der Post-Black-Metal-Instanz Der Weg einer Freiheit und den zwei
Supportern Praise The Plague und A Secret Revealed staken die
Pommesgabeln mithin in der Decke. Und Anlass gab es zuhauf, die
ausgestreckten Finger zu recken, aber nicht weniger, sich einfach in
der brutalen Ambientmusik fallen zu lassen.
Archiv der Kategorie: Konzert
Open Arsch (Closed) – Acht Bands live im Kulturzentrum Hallenbad in Wolfsburg am 19. Oktober 2019
Von Matthias Bosenick (21.10.2019)
Und über allem schwebte der Geist von Knotke. Der Schlagzeuger der Trottelkacker verstarb im vergangenen Jahr, und da Die Trottelkacker in den Neunzigern die maßgeblich für das Open Arsch verantwortliche Band waren, bezogen sich viele der an diesem Festivalrevival beteiligten Musiker auf diese Größe der Velpker Subkultur. Schlagzeuger Paul, mit gleich zwei Bands eine Klammer um alle Auftretenden bildend, organisierte dieses Klassentreffen, aus Altersgründen jedoch nicht in Rümmer auf der Schweineweide wie noch vor 20 Jahren, sondern im Kino des Kulturzentrums Hallenbad, also im einstigen Kaschpa, was ja auch passt. Acht Bands mit direktem Open-Arsch-Bezug machten an dem Abend den größten Unterschied zu damals deutlich: Seit den Neunzigern lernten sie alle, ihre Instrumente zu beherrschen und noch grandiosere Songs zu komponieren und zu arrangieren als damals, als sie alle noch Amateure waren. Open-Arsch-Momente gab es dennoch zahllose. Gabuze!
Clawfinger – Live im WestAnd Braunschweig am 4. Oktober 2019
Von Matthias
Bosenick (07.10.2019)
Das war also der Einstand des neuen
Braunschweiger Veranstaltungsortes WestAnd als Konzerthalle, und
vermutlich lösten nicht wenige auch genau deshalb ein Ticket für
die partiell belächelte Crossovercombo Clawfinger, die seit einem
Dutzend Jahren keine neue Platte veröffentlichte, in den Neunzigern
aber diverse Indieclubhits geliefert hatte. Bands dieser mittleren
Größenordnung waren seit ungefähr derselben Zeit nicht mehr in der
Stadt, weil es keine Venues für sie gab, und also kamen an diesem
Braunschweiger Abend diverse Interessen zusammen. Und, Überraschung:
Keines wurde enttäuscht. Das WestAnd funktionierte wie geschmiert
und die Band machte mit ihrem „Rapmetal“ zwar erwiesenermaßen
keine Qualitätsmusik, aber dafür eine grandiose Party.
Brass Against – Live im MusikZentrum Hannover am 12. Juni 2019
Von Matthias Bosenick (13.06.2019)
Im Projektnamen ist das mittlerweile erweiterte Konzept hinterlegt: Brass Against begannen ihre Karriere damit, die Hits von Rage Against The Machine mit Blasinstrumenten nachzuspielen. Längst erweiterten die New Yorker ihr Repertoire um weitere Neunziger-US-Indie-Hits und holen so das Altstadtfest-Coverband-Feeling in die kleinen alternativen Clubs, sehr zur Freude der Übervierzigjährigen, die die Originalinterpreten nicht live erwischen können. Der Blechblassound pumpt ordentlich, die Sängerin erfüllt den Tatbestand der Rampensau, der Spaß ist abendfüllend und die Frage nach der grundsätzlichen Relevanz von Coverbands immanent.
Die Müller-Verschwörung – Live in Harrys Bierhaus, Braunschweig, am 16. März 2019
Von Matthias Bosenick (18.03.2019)
Müller und die Platemeiercombo ist tot, es lebe die Müller-Verschwörung, die aus grafischen Gründen im Original ohne Bindestrich auskommen muss. Da Heil und Plate keine Zeit mehr haben, reformierte Müller mit Meier die Combo und holte sich Roland Kremer als neuen Sänger sowie Olli als neuen Schlagzeuger dazu. Damit hat man trotz gelegentlichen Rückgriffen auf die Platemeierdiscographie eine neue Band vor sich und muss sich damit arrangieren, dass nun einiges anders ist. Die größte Veränderung liegt im Gesang und in der Folge daraus in den Texten. Es bleiben die außergewöhnlichen Rhythmen und Kompositionen, die psychologisch fundierte linke Haltung und mit jedem Konzert nicht nur eine amtliche Mitwippgarantie, sondern ein Anlass für die zahlreiche Gefolgschaft zur Zusammenkunft. Und Harrys Bierhaus bietet dafür genau die richtige Kulisse.
Soundtrack WOB: Abschlusskonzert – Halle 54, Steamgenerator, Disco Mutante und Intercool live im Hallenbad Wolfsburg am 9. März 2019
Von Matthias Bosenick (11.03.2019)
„Scheiß auf die Stadt, aber ich liebe die Leute“: Uwe Meyer, Sänger von Halle 54, bringt auf den Punkt, was der Abend, die Ausstellung, die Existenz von Subkultur in Wolfsburg transportieren. Mit diesen kleinen Festival rundet Organisator und Wolfsburgsfinest-Blogger Torsten Schitting die gefeierte Ausstellung „Soundtrack WOB“ ab, mit der Kurator Dr. Arne Steinert seit Oktober 2018 im Stadtmuseum der Wolfsburger Bevölkerung verdeutlichte, dass es in der Volkswagenstadt sehr wohl kulturelle Abweichungen vom schichtgetakteten Mainstream gibt. Die Gigs von Halle 54, Steamgenerator, Disco Mutante und Intercool und die sympathische Atmosphäre im früheren Kaschpa unterstrichen, wie relevant diese Subkultur für die Stadt ist und dass sowohl Protagonisten als auch Konsumenten glücklich zu schätzen wissen, was da passiert, sobald etwas passiert. Seligmachend, bewegend!
Treedeon & The Moth – Live im Nexus in Braunschweig, 17. November 2018
Von Matthias Bosenick (18.11.2018)
Ein schönes Doppelpack an Sludge und Doom kredenzte da das Nexus: Treedeon und The Moth loteten die verschiedenen Enden der heruntergestimmten Gitarrenbrettskala aus. Während Treedeon quasi einmal am Stück in die Fresse hieben, schlugen The Moth eher von verschiedenen Seiten unvermittelt zu. Mit Yvonne Ducksworth stand bei Treedeon überdies eine verdiente Veteranin des Punkrock auf der Bühne: Sie war 25 Jahre lang Gesicht und Stimme von Jingo de Lunch.
Schrottgrenze – Live beim Festival Theaterformen, Gartenhaus Haeckel, in Braunschweig am 15. Juni 2018
Von Matthias Bosenick (17.06.2018)
Eine der schönsten Veranstaltungsreihen in Braunschweig ist das im jährlichen Wechsel mit Hannover ausgetragene Festival Theaterformen, insbesondere das musikalische Rahmenprogramm, das live und kostenlos am Rande des Theaterparks stattfindet. Die Atmosphäre ist heimelig, die Lage am Hang des Walls ist idyllisch, alles ist erleuchtet, man trifft sich ungezwungen mit Freunden und Fremden – da macht es auch nichts, wenn einem die Musik mal nicht so zusagt. Schrottgrenze machen widerstandslosen Rockpop für Teenager, haben aber wenigstens etwas zu sagen.
40 Jahre Jugendhaus Ost – Festival in Wolfsburg am 19. Mai 2018 – Mit u.a. Halle 54, Lemur, Indie.Disko.Gehn
Von Matthias Bosenick (20.05.2018)
Wolfsburg: Eine Stadt im Takt eines einzigen Industrieunternehmens. Anders als etwa Detroit oder Sheffield hat Wolfsburg nie eine eigenständige Musikszene hervorgebracht, die sich auf die Industrie bezog; eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Automobilfabrik gab und gibt es aber immer wieder, und das in den verschiedensten Genres. Diese begegneten sich bei der Feier zum 40. Geburtstag des selbstverwalteten Jugendhauses Ost, das eine Alternativfrequenz im Gleichtakt des Schichtsystems darstellt: linksalternativ, freidenkend, genrebündelnd, unkommerziell. Entsprechend lebendig, bunt und offen war die Geburtstagsfeier, mit Beiträgen unter anderem von Halle 54, Lemur und Indie.Disko.Gehn.
Gusgus – Live im Uebel & Gefährlich, Hamburg, am 3. Mai 2018
Von Matthias Bosenick (06.05.2018)
„I still have last night in my body“, ließen Gusgus die Meute im bestens angefüllten Uebel & Gefährlich wissen, und diese Zeile aus dem Hit „David“ trägt man wie zur Bestätigung noch Tage später mit sich herum. Das war aber auch erfüllend, was das zum Duo geschrumpfte Deephouse-Projekt aus Island da mit seinen analogen Synthies und dem souligen Gesang erzeugte. Da ging beides: entspannt tanzen wie aufmerksam zuhören, im besten Falle gleichzeitig.