Hin- und weggesehen. Filme und Serien

Von Chrisz Meier (03.11.2025)

Wenn ich etwas wirklich gerne tue, dann ist es das Beobachten von Filmen.

Meine Beobachtungsergebnisse möchte ich gerne weitergeben, sei es als Empfehlung, sei es als Warnung. Denn schlechte Filme klauen Lebenszeit.

Zum Beispiel ein Film wie „Old Guy“ von 2024. Hier geht es um einen alternden Auftragskiller (C. Waltz), dem von seinem Boss ein junger Azubi

(C. Hoffman) zur Seite gestellt wird. Das ist an und für sich keine schlechte Ausgangslage, wäre da nicht… C. Waltz. Seit der sehr fiesen Darstellung eines SS-Offiziers in „Inglorious Basterds“ hat sich Waltz’ Darstellungskunst nicht großartig verändert. Ob in „Django“ oder als Bond-Bösewicht Blofeld, immer hat man Hans Landa vor Augen, wie er maliziös lächelnd Grausamkeiten begeht. Und in „Old Guy“ macht er genau das nicht! Als Auftragskiller! Stattdessen spielt er mit einer ordentlichen Portion Trotteligkeit den alten Mann, der aber natürlich immer noch alle in die Tasche steckt. Unglaubwürdig. Und wenn einen der Hauptdarsteller eines Films nicht überzeugt, kann man den Film nicht als gelungen bezeichnen.

Die beiden bisherigen Filme der „A Quiet Place“-Reihe fand ich gar nicht so schlecht. Endlich mal waren Menschen gezwungen, die Fresse halten und keinen Lärm zu machen, wollten sie nicht von geräuschempfindlichen Außerirdischen verspeist werden. Von daher sah ich mir „A Quiet Place: Day One“ mit Wohlwollen an, geht es hier doch, wie der Titel sagt, um den ersten Tag der Alieninvasion. Und der findet ausgerechnet in einer der lautesten Städte des Universums statt: New York! Bis die Menschen schnallen, daß sie still sein müssen, haben die Besucher eine sehr gute Zeit. Dann folgen wir einem Zufallspaar (m/w), das versucht, irgendwie zu entkommen, wobei es natürlich einmal quer durch die ganze Stadt muss. Und ja, auch dieses Prequel hat gut unterhalten. Schauspiel, Spannung, Setting, alles stimmt. Und nicht zuletzt ist der Film über weite Strecken erholsam ruhig!

Zeit für eine Serie. Die sechs Teile der englischen Miniserie „Joan“ basieren auf dem Buch der echten Joan Hannington und beleuchten den Abschnitt ihres Lebens, als sie schweren Ärger mit dem Sozialamt um das Sorgerecht ihrer Tochter hat. Genau in dieser Phase ihres Lebens passieren ihr zwei Dinge. Zum einen lernt sie den zwielichtigen Antiquitätenhändler Boisie kennen und lieben, zum anderen bemerkt sie ihr Talent als Juwelendiebin.

Und das hat was! Zum einen durch die Geschichte, die das Leben selbst schrieb, zum anderen durch den Zeitsprung in die frühen achtziger Jahre und zum dritten durch S. Turner, die ihre Joan wahlweise als typisch englische Brat, als Mittelstandsangestellte oder aber als Dame der feinen Gesellschaft darstellen kann. Gelungen!

Nicht gelungen ist leider „Veni Vidi Vici“. Als satirische Gesellschaftskritik angelegt, spielt der Film in der Welt der superreichen Familie Maynard.

Der Vater ist irgendwas Sinnloses in der Finanzbranche, seine Frau ist sein hübsches Anhängsel und seine Kinder sind verkommene Arschlöcher. Als Hobby erschießt der Vater willkürlich Passanten – und muß mit keinerlei Konsequenzen rechnen. Zwar wissen alle, daß er der Sniper-Mörder ist, unternehmen tut aber niemand etwas. Klingt eigentlich ganz gut, aber leider tritt der Film nach kurzer Zeit auf der Stelle und es passiert nicht mehr so recht etwas. So bleibt die Kapitalismuskritik sehr blass, denn Reichen bei ihrem widerlichen Treiben zuschauen muß ich in der Realität schon mehr, als mir lieb ist. Wenigstens im Film will ich diese Sozialschmarotzer ordentlich leiden sehen. „Veni Vidi Vici“ hat diese Chance verschenkt.

Die olympischen Spiele in München 1972 sind Thema in „September 5“. Zum ersten Mal konnte live für ein Millionenpublikum berichtet werden, und so sind wir mitten drin im Studio eines amerikanischen Nachrichtensenders samt Redakteuren, Crew und jeder Menge Technik. Am 5. September dann kommt es zu einer Geiselnahme im olympischen Dorf. Athleten aus Israel werden von Palästinensern überfallen und festgesetzt. Ausgerechnet die Kollegen der Sportredaktion müssen jetzt überlegen, wie und was sie darüber berichten, schließlich sind sie gerade mal ein paar Dutzend Meter Luftlinie von dem Drama entfernt. „September 5“ packt einen, obwohl die Kamera kaum einmal das Setting des Fernsehstudios verlässt. Das Drehbuch hält sich weitestgehend an die tatsächlichen Ereignisse, die Authentizität ist wie das Spannungslevel enorm hoch – und das, obwohl man weiß, wie tragisch die Geschichte ausgegangen ist. Gekonnt setzt der Film originale Archivaufnahmen sowohl der Sportereignisse als auch der Geiselnahme ein. Dies ist hervorragend in Szene gesetzte Aufarbeitung von Zeitgeschichte.

Eine Warnung noch an dieser Stelle: „Anora“ (2024) hat wieder mal genau die Art Menschen als Protagonisten, die ich überhaupt nicht ausstehen kann: Neureiche Protzer. Eine solche ist die Titelfigur zwar nicht, sondern eine hart arbeitende Striptänzerin und Teilzeitprostituierte, aber ihr neuer russischer Lover ist einer, der mit Geld nur so um sich wirft, weil es ihm gar nichts bedeutet. Dieser Fatzke also überredet Anora nach kurzem Zusammensein zur Blitzhochzeit in Vegas, woraufhin auch sie zum Vollarschloch mutiert und äußerst großen Gefallen an ihrem neuen Lifestyle findet. Einzig die Eltern des Bürschchens finden das nicht so funny und schicken zwei Schergen los, um die Ehe annullieren zu lassen. Und hier kommen jetzt die einzig beiden sympathischen Figuren ins Spiel. Insbesondere K. Karragulian als Gen-Z-hassender Toros liefert eine Volltrefferdialogzeile nach der anderen ab. Aber auch J. Borisov als scheuer Igor hat als einer der wenigen noch alle Latten am Zaun. Anora und ihr Bübchen hingegen? Man ist am Ende froh, sie nie wieder sehen zu müssen

Ok, soviel für heute! In der nächsten Folge geht es u.a. um ganz schwarze Vampire. Und jetzt raus aus dem Internet!