Toddn Kandziora – Im Hohlraum der Jahre – Buchbauer/epubli 2015

Von Matthias Bosenick (13.05.2015) / Auch erschienen auf Kult-Tour – Der Stadtblog

In seiner Buchbauer-Reihe gibt der Randbraunschweiger Toddn Kandziora befreundeten Autoren eine Plattform für ihre Texte. Die Nummer zehn nimmt Toddn selbst ein, mit Geschichten um die Figur Wotan Engel, die hauptsächlich in den 80ern stattfinden und ein Bild dieser Zeit abgeben, das die Massen so eher nicht erlebt haben dürften. „Im Hohlraum der Jahre“ feiert zwar in gewisser Weise die Jugend, zelebriert aber nicht den medial ausschlachtbaren 80er-Geist mit Smileys, Rubikwürfeln und Nena. Ich-Erzähler Wotan Engel berichtet aus den unteren Schubladen der Existenz, von der Gesellschaft meistens gar nicht wahrgenommen, und wenn doch, dann verschmäht. Dieses Buch trumpft einerseits mit krassen Erlebnissen bis weit über die Kotzgrenze hinaus auf, stellt aber hauptsächlich einen wehrhaften Tritt zurück dar, gegen Gesellschaft, Staat, System, Willkür. So, wie Toddn es darstellt, stellt man sich selbst zumindest meistens an seine Seite und möchte sich mit ihm zusammen wehren. Na ja, und ihm zusätzlich fürs nächste Mal einen Lektor an die Hand geben.

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Marcel Pollex – In höflicher Ablehnung – Verlag Andreas Reiffer 2015

Von Matthias Bosenick (13.04.2015) / Auch erschienen auf Kult-Tour – Der Stadtblog

„Höflich“ ist gelogen, die „Ablehnung“ hingegen quillt tatsächlich aus allen Zeilen, die Marcel Pollex zu kleinen Texten formt und in diesem, seinem ersten, Buch versammelt. Spürbar angewidert befasst sich Pollex mit den Themen des Zeitgeistes, und dies auch oftmals mit dessen Mitteln. Er verabscheut die popkulturellen, mainstreamigen Inhalte und Bewegungen, doch um sich auf diese seine Weise mit ihnen auseinanderzusetzen, muss er sie konsumiert haben, was bei seiner Haltung wahrlich kein Vergnügen gewesen sein kann. So bewegt er sich zwar einerseits auf massentauglichen Feldern, dies allerdings in einer Gangart, die das Gegenteil von massentauglich ist. Das macht es schwierig, eine Zielgruppe zu finden, denn wer zwar seine Haltung teilt, interessiert sich aber nicht zwingend für die Ziele seines Spottes, und wer dies doch tut, wird seinem Werk vermutlich eher nicht begegnen. So erfreut man sich als Leser (und Hörer, dem Buch liegt ein Download-Code bei) an der Sprache, derer sich Pollex befleißigt und die für sich eine wesentliche Besonderheit seiner Arbeit ausmacht.

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Marc Domin – Der Todesbiss der schwarzen Nonne/Lichtreflexe Of The Love – Marc Domin 2015

Von Matthias Bosenick (02.04.2015)

Mit seinem neuesten Doppelpack, bestehend aus Buch und CD, festigt Marc Domin seinen Stand als wandelnde Provokation. Fischt er auf der Akustik-CD „Lichtreflexe Of The Love“ thematisch noch vornehmlich in beinahe klassischen Punk-Gewässern, tritt er in dem dreigeteilten Buch „Der Todesbiss der schwarzen Nonne“ mehrheitlich über die Ufer des guten Geschmacks. Das Heft ist ein Stinkefinger in sämtliche Richtungen, sowohl formal als auch inhaltlich. Er hält sich an keine Erwartungen und zeigt keinen Respekt vor auch nur irgendetwas. Man fragt sich, was einen so entwaffnend charmanten und großherzigen Menschen künstlerisch so bodenlos werden lässt. Die Lektüre des Buches jedenfalls findet doch sehr unter Schmerzen statt, ein reines Vergnügen treibt Domin dem Leser gekonnt aus. Dafür bekommt man von ihm etwas anderes, was ist es nur: Voyeurismus? Schadenfreude? Genugtuung? Rebellion? Oder schlicht Punkrock?

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Andreas Reiffer (Hg.) – Die Wahrheit über Heavy Metal – Verlag Andreas Reiffer 2015

Von Matthias Bosenick (15.03.2015)

Am Ende dieses Buches wird – mindestens zwischen den Zeilen – klar: „Die Wahrheit über Heavy Metal“ ist, dass es sie nicht gibt. Es gibt unzählige Aspekte und Fassetten, und diese Vielschichtigkeit und Ambivalenz wird in den hier versammelten Texten über die Schwermetallmusik deutlich. Heißt: Die Jungs sind längst nicht so hart, wie sie gern aussehen wollen, und die Mädels sind nicht einfach nur optisches Beiwerk. Ansonsten ist im Heavy Metal vielleicht nicht alles, aber doch weit mehr möglich als in vielen anderen Subkulturen, und sei es nur die Selbstironie. Die Erfahrung belegt: Metaller sind zum Knuddeln nett. Sie geben sich nur gern so, als stimme dies nicht.

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Frank Bröker/H. Makarios Oley – Pratajev: Medizin und Fetisch – Verlag Andreas Reiffer 2014

Von Matthias Bosenick (07.10.2014)

Um diesem Büchlein in aller Pracht gerecht werden zu können, ist es wohl erforderlich, sich mit dem schon recht umfangreichen Gesamtoeuvre über den fiktiven Allrounder Pratajev auseinanderzusetzen. Ohne dieses Vorwissen erscheint „Medizin und Fetisch“ wie ein zu sehr konstruierter Sohn von „Arnold Hau“, der zumindest einige unterhaltsame Geschichten zusammenfabuliert.

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Micha-El Goehre – Monster, Monster – Verlag Andreas Reiffer 2014

Von Matthias Bosenick (14.07.2014)

Fast wäre „Monster, Monster“ das Goehre’sche „Chinese Democracy“ geworden: Diverse Male verschob sich der Veröffentlichungstermin, aber bei weitem nicht so lang und oft wie bei W. Axl Rose – und mit positivem Ausgang. Das kleine Büchlein fügt sich als Lexikon gnadenlos in die Reihe „Edition Wissenswertes“ des Verlags Andreas Reiffer ein, denn Goehre schafft einen handlichen Überblick über gängige Monsterfiguren aus Literatur, Mythen, Film und Comic und garniert seine Darlegungen mit der ihm üblichen Respektlosigkeit der Sache an sich und dem Rest der Dinge gegenüber. So ist dies zwar einerseits ein Nachschlagewerk, wenn auch lückenhaft (vermutlich aus purer Lebensfreude) und eher subjektiv, als dass es ein verlässliches Kompendium darstellt, aber andererseits ein Schlag in alle auch nur halbwegs in der Nähe stehenden Gesichter, der dergestalt schallt, dass das Lachen des Lesers dem in nichts nachsteht.

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Frank Schäfer – Blam! Blam! Blam!: Ein Comic(ver)führer – Verlag Andreas Reiffer 2014

Von Matthias Bosenick (01.07.2014)

Dieser Mann kann einfach mal keine Freizeit haben. Frank Schäfer befasst sich nicht nur intensivst mit zeitfressenden Kulturphänomenen, er verfasst auch noch Abhandlungen darüber, und das in einer Schlagzahl, die andere nicht mal beim Nachlesen erreichen. Neu im Regal steht sein „Comic(ver)führer“, der keine lexikalische Aufreihung ist, auch kein reiner historischer Abriss, sondern diese beiden Elemente um Ansichten, Einsichten und Gespräche ergänzt. Damit ist das Buch ausgesprochen abwechslungsreich und macht – nicht zuletzt wegen Schäfers einzigartigen Sprachstils – kaum weniger viel Spaß zu lesen als ein Comic.

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Micha-El Goehre – Höllenglöcken – Satyr-Verlag 2014

Von Matthias Bosenick (29.05.2014)

„Höllenglöcken“ ist das Mittelstück in der „Jungsmusik“-Trilogie, die Goehre im kommenden Jahr mit „Straßenköter“ abschließen will. Im Zentrum steht Metal-Fan Torben, der – anders als die meisten anderen Menschen der Welt – doch recht viel recht richtig macht, mit gelegentlichen dramaturgisch motivierten Ausfällen. Diese Geschichte eines Heranwachsenden auf dem Weg ins Eheglück wäre womöglich recht beliebig, hätte sie Goehre, selbst aus der Szene stammend und in ihr aktiv, nicht im Metal angesiedelt. So orientieren sich die Geschehnisse zwar am gesellschaftlich Normalen, weichen aber in politischen und kulturellen Bereichen in Richtungen ab, die dem Randgruppenangehörigen nahe stehen, die dessen Realität besser auffangen als jede andere Liebesgeschichte und die dadurch auch noch von Leuten nachempfunden werden können, die einer anderen Randerscheinung als dem Metal angehören.

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Axel Klingenberg – Schmorwurst am Brocken: Das Harz-Buch – Verlag Andreas Reiffer 2014

Von Matthias Bosenick (30.04.2014)

Nachdem Axel Klingenberg seinen Wahlheimatsort Braunschweig mehrfach literarisch beackerte, wirft er uns nun den nächsten Brocken vor: naheliegenderweise den Harz. In der ihm eigenen Art zwischen Ironie, Beiläufigkeit und Akribie trug er literarische Vorlagen, eigene Erfahrungen und allerlei Wissenswertes wie -unwertes, aber Interessantes zusammen. Gelegentlich warnt er den Leser indirekt davor, die von ihm beschriebene Orte selbst abzuklappern; meistens aber weckt er Neugier auf beispielsweise Tropfsteinhöhlen im Ostharz oder die Lektüre der von ihm zitierten Reiseberichte. Schade nur, dass er im letzten Kapitel diverse spannende Geschichten nur anreißt, anstatt sie auszuerzählen – sie hätten dem Abwechslungsreichtum des Buches gutgetan.

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Ronald R. Klein – Sandow: 30 Jahre zwischen Harmonie und Zerstörung – Verlag Andreas Reiffer 2014

Von Matthias Bosenick (21.04.2014)

Die Relevanz einer Band wie Sandow – oder besser: gleich konkret der Band Sandow – geht über ihr musikalisches Wirken weit hinaus. Bis auf den Hit „Born In The GDR“ kennt man von diesem Wirken selbst in informierten Kreisen wenig, Sandow sind und waren nie Konsensband, auch nicht in Ostrockkreisen. Dafür waren sie immer viel zu subversiv, inhaltlich wie formal. Das dokumentiert dieses Buch – aber eben noch viel mehr als das: auch den Kulturbetrieb der DDR sowie den Status einer nicht einmal im Osten breitenwirksam akzeptierten Band nach der so genannten Wende im vermeintlich wiedervereinigten Deutschland. Somit ist diese Biografie ein breit gefächertes Zeitdokument.

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