Erich Zann Ensemble – Bieber Sessions – Erich Zann Ensemble 2023/2024

Von Matthias Bosenick (14.03.2024)

Was wäre die Kultur ohne Hans-Peter Lovecraft! Mit dem instrumentalen Erich Zann Ensemble aus Mainz und dessen Debüt „Bieber Sessions“ nähert sich eine neue Band dem Horrormeister an und generiert eine schwer zu kategorisierende, aber wohlklingende Musik, ganz nach dem Vorbild aus der Kurzgeschichte „The Music Of Erich Zann“. Der titelgebende Bieber indes ist nicht der Justin, sondern das Örtchen bei Offenbach, in dem das multipel besetzte Ensemble sein Album aus Jazz, Pop, Psychedelik und anderem Eigensinn einspielte. Ein Blick aus dem Fenster während des Musikgenusses dürfte dennoch folgenlos bleiben, und das ist auch ganz gut so.

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Vorus – Desolate Eternities – Loud Rage Music 2024

Von Matthias Bosenick (12.03.2024)

Mit ihrem dritten Album „Desolate Eternities“ markiert die rumänische Death-Metal-Band Vorus ihre Existenz als Quartett erstmals in Albumform. Ein Gitarrist mehr bedeutet mehr Gegniedel zu Blastbeats und Grunzen, der musikalische Terror bekommt kunstvolle Schnörkel. Vampirisch geht es bei der Band aus Deva in Siebenbürgen höchstens thematisch zu, das lässt sich trotz Songtiteln wie „Blood-Sucking Leech“ nicht so einfach ermitteln, läge aber nahe; musikalisch ist das jedenfalls viel zu heavy für Gruftmucke, dunkel ist es allemal.

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Spezial: addicted/noname Label aus Moskau, Teil 16

Von Matthias Bosenick (05.03.2024)

Neue und alte Musik vom Moskauer Label addicted/noname! Dieses Mal mit Doom-Stoner von Clarity Vision, Impro-Prog und Afro-Beat von DEEBBBB, Doom-Metal von Dekonstruktor, hyperaktiven Alles-Mashup von Detieti, Sludgecore von JHW, psychedelische Folklore von KissLiar, Screamo-Sludge von Polarnik, organischem Dub-Rap von REBBBB, Stoner Rock von Spaceking, Depri-Doom von Thy Grave, reduziertem Piano-Indie-Rock von Verba, durchgeknallter Allesmusik zwischen Folk, Psychedelik, Jazz und sonstwas von Голуби и Безумные Кашевары, Noiserock von Резина, Hip-Hop-Noisepunk von Рудольф, psychedelisch-schamanischem Folkrock von Шаййм und tanzbarem Garage-Surf-Rock von Шон.

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Hannes Grossmann – Echoes Of Eternity EP – Hannes Grossmann 2024

Von Guido Dörheide (05.03.2024)

Hannes Grossmann, Ex-Schlagzeuger von mindestens Necrophagist (auf deren drittes Album die Technical-Death-Metal-Gemeinde seit 20 Jahren wartet wie weiland alle übrigen Menschen auf sagen wir mal „Smile“ oder „Chinese Democracy“ oder den vierten Roman von Wolfgang Koeppen), Obscura und Blotted Science sowie amtierender Schlagzeuger von Alkaloid, bringt in regelmäßigen Abständen sehr gute Veröffentlichungen unter seinem eigenen Namen heraus, zumeist im Technical Death- und Progressive Metal beheimatet und immer mit guten Musikern an seiner Seite.

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Jane – Live ’88 – Sky Records/Sireena 1988/2024

Von Matthias Bosenick (04.03.2024)

Zeitreise zurück in die Achtziger, als Mainstreamrock noch voller Keyboards sein durfte und man an großen Gesten und Gegniedel seine wahre Freude hatte. Ein nur in geringer Auflage produziertes Live-Album aus dem Jahr 1988 buddeln die Schatzsucher von Sireena hier aus, das sogar vorletzte Album, das unter dem ursprünglichen Namen Jane ohne Prä- oder Postfixe erschien – es folgte ein weiteres Live-Album im nächsten Jahr, danach zersplitterten sich die Hannoveraner, die einst als Kraut- und Progrocker begannen. Als Gast ist hier unter anderem der eigentlich längst ausgeschiedene Charly Maucher dabei. „Live ‘88“ klingt exakt nach der Zeit, in der es entstand, und das, obwohl sich Jane vorrangig bei ihrem Siebziger-Material bedienen, mit Hymnen, Balladen, Soli und einer gehörigen Schippe Kitsch – und macht trotzdem überraschend viel Spaß.

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Grandaddy – Blu Wav – Dangerbird Records 2024

Von Guido Dörheide (29.02.2024)

Grandaddy aus Kalifornien mag ich, schließlich sind sie Urheber des Lieblingssongs aller in der Luftfahrt Beschäftigten (mit Ausnahme der Luftfahrzeugführenden): „He’s simple, he’s dumb, he’s the pilot“.

Grandaddys Masterbrain Jason Lytle ist nie verlegen um grandiose Songtitel, das Sammelsurium vergangener Großtaten wie „El Caminos In The West“, „It Was A Silent Night At Least Until Jeff Lynne Arrived“ oder „Broken Household Appliance National Forest“ wird auf dem neuen, „Blu Wav“ betitelten Werk um Titel wie „You’re Going To Be Fine And I’m Going To Hell“ (ein Lied, das von Lytles Ehescheidung handelt), „Yeehaw AI In The Year 2025“ oder „Let’s Put That Pinto On The Moon“ ergänzt.

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Alessandro Adelio Rossi – Òpare – DDDD 2023

Von Matthias Bosenick (01.03.2024)

„Òpare“ ist ein elektronisch erstelltes Album, das man ganz gut unter Klassik einsortieren könnte, wenn Ambient allein nicht ausreicht. Als zurückgenommene minimalistische Kammermusik bildet der Experimentalmusiker Alessandro Adelio Rossi aus Bergamo die Woche von Montag bis Samstag ab, unterteilt nach Tageszeiten, und wenn man sich vorstellt, dass die meisten Tracks den Morgen behandeln und dass der Künstler in Bergamo nahe Mailand lebt, dann müssen diese Tage brütend heiß beginnen, so chillig, wie die Musik dazu ausgefallen ist. Das Album, zu Deutsch ungefähr „Hoppla“, beinhaltet hauptsächlich Soundkulissen, akustische leere Landschaften, Klangtapeten und erst spät einen Rhythmus und konkretere Strukturen. Wunderschön watteweich, ein Labsal im stressigen Alltag.

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Crust – Dissolution – Avantgarde Music 2023

Von Matthias Bosenick (29.02.2024)

Aber warum nicht mehr auf addicted/noname? Ihr neues Album „Dissolution“ veröffentlichen Crust aus Weliki Nowgorod (Вели́кий Но́вгород) in Nordwestrussland auf dem italienischen Label Avantgarde Music. Ansonsten bleibt alles wie gehabt: Das Trio schert sich einen feuchten Kehricht um Genregrenzen und bringt alles zusammen, was dreckig ist und irgendwie mit extremen Spielarten des Metal zu tun hat, und weil extrem allein auf Dauer langweilt, sind die drei auch noch ausnehmend virtuos und leben ihre Spielfreude voll aus. Hier treffen Doom und Sludge auf Death und Thrash, etwas klassischer Heavy Metal, modernerer Black Metal und Punkrock mogeln sich auch auf die Bänder. „Dissolution“ ist das fünfte Studio-Album in fast zehn Jahren, und jedes Album von Crust lohnt sich.

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Shit And Shine – Masters Of All This Hell – Antibody 2024

Von Matthias Bosenick (27.02.2024)

Was für ein Wespennest: Unter seinem Alias Shit And Shine macht der in London tätige Texaner Craig Clouse eine Art Rhythm And Noise, also fragmentarisch mit Melodien gelooptes Electro, das direkt auf den Körper zielt. „Masters Of All This Hell“ erscheint nur folgerichtig auf einem Belgischen Label – als grob gepeilt Album Nummer 32 seit 2004, EPs und Singles nicht mitgezählt. Und seine Aktivitäten in Noiserock-, Hardcore- und Grindcore-Bands. Erstaunlich, dass die Qualität bei so einem Output trotzdem so groß ist: „Masters Of All This Hell“ fällt zwar aus der Zeit, weil die Wurzeln solcher Musik auch schon über 40 Jahre alt sind, aber Clouse bedient sich über den Tellerrand hinaus und weiß, was er da macht. Shit And Shine, soso.

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The Smile – Wall Of Eyes – XL Records 2024

Von Matthias Bosenick (26.02.2024)

Radiohead sind sakrosant, und alles, was auch nur irgendwer aus dieser Band künstlerisch verrichtet, ist dies gleich ebenfalls. Bei dem Trio The Smile sind gleich zwei von Radiohead dabei, mit Thom Yorke sogar die Stimme, was den Bezug zum Mutterschiff für Fans natürlich erleichtert und den Zwang zum Zugreifen erhöht. „Wall Of Eyes“ ist nun schon das zweite Album dieses Projektes, und man erwischt sich als Fan und Verteidiger inzwischen sehr dabei, dass man zwar die musikalische Finesse erkennt, aber das Ergebnis nicht mehr so ganz uneingeschränkt erträgt. Ja, das ist Kunst, und dafür ist es auch noch sehr überraschend populär, doch längst gibt man den Stimmen Recht, die gerade die Stimme von Thom Yorke nicht ertragen können. Sein hohes Winseln übertüncht die herausragende Musik, weil es der nämlich auch noch an Durchschlagskraft fehlt. Den Status von Talk Talk erreichen sie so jedenfalls nicht, trotz aller dahin deutender Anlagen.

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