Shit And Shine – Masters Of All This Hell – Antibody 2024

Von Matthias Bosenick (27.02.2024)

Was für ein Wespennest: Unter seinem Alias Shit And Shine macht der in London tätige Texaner Craig Clouse eine Art Rhythm And Noise, also fragmentarisch mit Melodien gelooptes Electro, das direkt auf den Körper zielt. „Masters Of All This Hell“ erscheint nur folgerichtig auf einem Belgischen Label – als grob gepeilt Album Nummer 32 seit 2004, EPs und Singles nicht mitgezählt. Und seine Aktivitäten in Noiserock-, Hardcore- und Grindcore-Bands. Erstaunlich, dass die Qualität bei so einem Output trotzdem so groß ist: „Masters Of All This Hell“ fällt zwar aus der Zeit, weil die Wurzeln solcher Musik auch schon über 40 Jahre alt sind, aber Clouse bedient sich über den Tellerrand hinaus und weiß, was er da macht. Shit And Shine, soso.

Na klar, solchen Rhythm And Noise gibt’s von Esplendor Geométrico seit 40 Jahren, also elektronisch generierte Sounds rhythmisch geloopt, Melodien maximal bruchstückhaft, sowas, und Dirk Ivens verfeinerte die Rezeptur in diversen Projekten, da kann man also nicht behaupten, dass solche Musik nach dem Jahrtausendwechsel noch als neu durchgeht. Es sei denn natürlich, man erweitert das Portfolio, und das macht Clouse hier: Er wirft einen Blick nach Frankreich und übernimmt die monotone Tanzbarkeit von Mr. Oizo in seinen Sound, guckt weiter nach Belgien und bedient sich beim minimalistischen House von Gaiden, dem Techno-Projekt von Front-242-Musiker Patrick Codenys, oder blickt nach England und mopst den an Hip Hop angelehnten Kopfnicker-Faktor von Mick Harris‘ Projekt Scorn. Um nur Assoziationen zu nennen, in der Umsetzung ist Clouse trotzdem eigen.

Man hört, dass Clouse es ernst meint mit seiner Musik. Die generiert er nicht nebenbei, um mal wieder die drölfte Platte pro Woche rauszuhauen, das hat Qualität und Anspruch. Die Tracks sind angenehm wechselhaft, mal extremst minimalistisch auf gebremste Rhythmen heruntergebrochen, mal hypernervös percussiv nach vorn gehend. Die Kälte in den Sounds behält Clouse bei, „Masters Of All This Hell“ kommt hörbar aus einer Hand.

Legt man sich „Masters Of All This Hell“ zu und ein wahllos herausgepicktes älteres Album, staunt man schon sehr über die Unterschiede. Los ging es für Shit And Shine – auch als $&$ abgekürzt – vor 20 Jahren noch mit sehr harschem Noise, Alben wie „Toilet Door Tits“ oder „Küss mich, meine Liebe“ sind im Vergleich beinahe unhörbar. Und natürlich trotzdem gut! Und doch nur die eher elektronische Spielwiese für Clouse: Noch in Texas war er Mitglied bei der Noiserock-Band Crown Roast, mit denen er 1994 ein Album veröffentlichte. In Richtung Hardcore und Punk entwickelte er sich kurz darauf ebenfalls noch in Austin mit Negative Step, viel später kehrte er mit USA/MEXICO zum Noiserock zurück. Zwischendurch gründete er in London das Grindcore-Sludge-Doom-Projekt Todd. Und eben Shit And Shine, für das er mit wechselnden Leuten zusammenarbeitete. „Masters Of All This Hell“ hingegen scheint er komplett allein eingespielt zu haben. Es ist das erst zweite Album in diesem Jahr, nach „Joy Of Joys“. Es ist bereits Februar!