Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: One evening, when I was still living

Von Onkel Rosebud / Uli Wirth

Das situative Arrangement: der Schreibtisch bedeckt. Poetae Latini Medii Aevi, Tomus 5, Fasc. 3. Hier Kopien (= Arbeit), dorten Opas Rotationsascher, vollbeschäftigt, auf Zuruf lustig piruettierend. Irgendwie die perfekte Symbiose aus Arbeit und Vergnügen. Bleistifte aller Härten und Geschmacksrichtungen, Unmengen an Papier und Schokolade, ein Gläschen Wein: eben alles, was zum Gelingen von universärer Heimarbeit beizutragen vermag.

Fehlt noch ein wenig Musik, die aber schnell gefunden ist: Meine Plattensammlung und ihr chronologisches Ordnungsprinzip! Wähle ein Exemplar meines Geburtsjahrgangs aus: I Wanna Be Your Dog, der richtige Song für die tägliche Fron, sofern man sich auf den Refrain bezieht.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Paganini und Philosophie

Von Onkel Rosebud/Alexander Rösler

An Virtuosen habe ich immer bewundert, dass sie etwas können. Ich selbst habe Philosophie studiert. Die Frage, auf die ich meistens antworten musste, lautete in etwa: Was willst Du denn damit mal machen? Paganini hat das sicher niemand gefragt. Er hat seine Geige ausgepackt und einfach gespielt. Das war Antwort genug. Und ich muss sagen, nach dem Spiel von Paganini hätte auch ich nichts mehr gefragt. Obwohl Philosophie darin besteht, zu jeder Selbstverständlichkeit noch eine Frage parat zu haben. Vielleicht habe ich mich deshalb schon früh für Philosophie interessiert, so mit sechzehn. Ich habe auch Geige gespielt, um das gleich mal zu verraten. Mit zehn Jahren habe ich angefangen und kannte zum Glück Paganini noch nicht. Heute denke ich, dass ich in dem Fall damals meine Kindervioline aus dem familiären Bestand gleich wieder in den Kasten gelegt hätte. Auf mein Interesse an Philosophie hätte das keine Auswirkungen gehabt. Im Gegenteil, manchmal bin ich der Meinung, ich hätte einfach noch früher damit angefangen. Diesmal wahrscheinlich, um Antworten zu finden.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Tony Nick Stark Cave

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin nervt, dass ihre popkulturellen Helden andauernd sterben. Das ist ihr früher gar nicht mal so aufgefallen, es passiert allerdings ständig. Wobei, gestorben wird immer. Das gilt nicht erst seit der Fernsehserie „Six Feet Under“. Klar, es liegt am Alter, weil fortschreitend die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ende und dem Tod an sich beginnt und dafür die Wahrnehmung insgesamt steigt.

Mein Interesse am Tod der anderen startete vor etwa acht Jahren. Im Jahr 2012 segnete nicht nur die Gurkenkönigin (gespielt in der 327. Folge des Polizeirufes), Susanne Lothar, das Zeitliche, sondern so richtig unvorbereitet traf mich das Ableben des Schauspielers Günther Kaufmann. Der spielte unter anderem den Schrecklichen Sven, den Antagonisten von Wickie. Und das ganz faszinierend. Es gab damals ein Bonusmaterial auf der DVD, die zeigte, dass er bei den Dreharbeiten beinahe wirklich ertrunken wäre. Das hat mich bis heute traumatisiert.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Eiersalat in Rock oder Was riecht es hier so lecker? Das sind die Toten Hosen.

Von Onkel Rosebud

Zeitgenossinnen und -genossen, denen Begriffe wie Abendmahl, Beichte und Fruchtschnitte noch was bedeuten, wissen, dass zum Verzehren jeder sorgfältig präparierten Mahlzeit eine bestimme akustische Umrahmung gehört, die den reinen Akt der Zufuhr von Fetten, Eiweißen und Kohlenhydraten etc. zu einem bewusstseinserweiternden Erlebnis stilisiert. Auf der Suche nach dem perfekten Moment, in dem alles stimmen soll, muss eine gewisse Sorgfalt und Sensibilität bezüglich der Musikauswahl walten, denn nicht jeder x-beliebige Mampf passt beispielsweise zu den archaischen arischen Arien des Gunter „beim Rasieren kann ich es nicht erfahren haben“ Emmerlich. Er erinnert zum Beispiel an einen glubschäugigen, fettigen Sauerbraten mit bereits zum dritten Male aufgewärmten Rotkohl.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Es heißt Leben, nicht Liebe

Von Onkel Rosebud

Neulich in London… Mit einem Text, der so beginnt, kann eigentlich nicht mehr sehr viel schief gehen, versprüht er doch Weltgewandtheit und Lebensfreude…

Also, neulich ist mir da folgendes passiert: Auf der Suche nach einem Parkplatz fahre ich mit einem kleinen Auto durch die Innenstadt. Parkplätze sind rar. Am Straßenrand werden gerade Autos abgeschleppt. Ich höre sehr laut einen Song, der mich nicht loslässt: Elegische Pianoläufe mit weltweiser Männerstimme, die davon singt, wie unerreichbar die Liebe und das Leben mal wieder sind. Streicher sind auch dabei. Der Song ist rundum dufte. Ich singe mit. Plötzlich sehe ich einen freien Parkplatz. Ich parke ein, steige aus, blicke triumphierend in die Runde. Mir geht es gut, obwohl ich feststellen muss, dass ich keine Münzen für die Parkuhr habe. Euro ist hier nicht.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Eine Wochenend-Beziehung mit einem Lied

Von Onkel Rosebud

Letztes Wochenende beehrte mich meine Freundin mit Abstinenz. Folgerichtig thematisiert diese Kolumne weniger sie, viel mehr einen Song, mit dem ich ihrer andächtig nicht gewahr wurde, und was dieser Song in meinem Kopf angestellt hat.

Vorausgeschickt sei jedoch folgendes Zitat: „Musik wird durch ihre Hörer identifiziert. So ist die Interpretation aussagender als das Lied selbst, und oft müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein, um ein Stück überhaupt in einem Kontext einordnen zu können. Sind die Interpretationen und die daraus folgenden (Streit-) Diskussionen ja eigentlich ein fixer Bestandteil, so ist ein Lied nicht mehr als eine zeitlich abgeschlossene Sache zu beachten, sondern als Prozess, in dessen Spitze jene 5-Minuten-Audio-Aufnahme steht. Diskussionen, Meinungen und Kritiken lassen ein Lied, wenn man es so will, wachsen. Nie wird ein einziger wirklich alle Komponenten eines Stückes, die so entstehen, fassen, nie jemand allen entgehen können.“ (Kasra Seirafi im Buch „Various Artists – Ich liebe Musik“, Herausgeber Jörg Hiecke, 1999).

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Hang the DJ!

Von Onkel Rosebud

Ein grausamer Menschenschlag sind die dem Stamme der Unterhaltungsbranche angehörigen Diskotheker. Ein Diskjockey denkt, dass er der Einzige im Saal ist, der was von Musik versteht, und deshalb seinen ach so trefflichen Musikgeschmack allen anderen aufdrücken muss. Doch am schlimmsten sind jene, die auch noch ständig am Labern sind. Ich hasse solche Alleinunterhalter, die drei Minuten einen Song spielen und anschließend zwei Minuten drüber reden müssen, als ob sie keine Selbsthilfegruppe fänden, wo sie sich mal in Ruhe aussprechen könnten.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Die Band mit dem Video, wo die Frau die Straße runtergeht.

Von Onkel Rosebud

In dieser Folge wollen wir Abschied nehmen von der Großartigkeit des Klangkörpers Massive Attack. Die sind natürlich kein Phil Collins, den man immer gnadenlos damit konfrontieren muss, sich endlich um seinen Garten zu kümmern, statt zu singen und Musik herzustellen. Ich muss jedoch vorausschicken: Ich war richtiger Fan von Massive Attack. Ich besitze alle Singles. Elf Stück! Und alle Platten natürlich auch. Das kann ich sonst nur noch von einer Überband vorweisen, deren Namen jetzt hier nicht hingehört.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Fünf Lektionen in Advanced-Open-Air-Surviveln

Von Onkel Rosebud

Liebe Zielgruppe, erinnert Ihr Euch noch an den 30.06.2000? Tatort Roskilde. Kurz vor Mitternacht sterben neun Menschen vor der berühmten „Orange Stage“. Sie werden zu Tode gequetscht. Oder gepfählt von Plateauschuh-Absätzen. Vielleicht wurden auch die Wirbelsäulen zermalmt. Die Lungen zerdrückt? Erstickung mitten in der Menge, Apneusis. Sucht Euch was aus. Furchtbar jedenfalls. Tragisch ganz nebenbei zum Ersten: Das passierte gerade bei Pearl Jam, einer Formation, die bei Konzerten immer darum bitten soll, dass jeder auf den anderen neben sich aufpasst (und – äh – deren letzten beiden Platten eher zum Schunkeln als zum Stürmen eingeladen haben). Zum Zweiten: Gerade in Roskilde passierte es, dem Festival, welches als das friedlichste, fröhlichste und schönste unter den europäischen Open-Airs galt, wo eigentlich ausnahmslos nette Menschen hin pilgern und keine derben Moschcombos aufspielen.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Generation Walkman

Von Onkel Rosebud

Es gibt Leute, denen genügt ein Blick ins Platten- und/oder CD-Regal ihrer GastgeberIn, und kurz darauf haben sie eine umfassende Persönlichkeitsanalyse erstellt.

Schon ein einzelnes zweifelhaftes Machwerk verrät, wo die Abgründe in der Biographie liegen. Vorm Jüngsten Gericht nützen auch alle B-Seiten von Depeche Mode nichts, wenn daneben eine Soloscheibe von Phil Collins steht. Eine seltene musikalische Perle hingegen signalisiert Bildung, Geschmackssicherheit und manchmal sogar Hochadel.

Das Motto lautet: Zeig mir Deine Musik, und ich weiß, wer Du bist. Und die Reproximierung der Regel sagt dann logischerweise: Ich zeige Dir meine Musik und verrate Dir auf diesem Weg, wer ich bin und was ich von Dir will.

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