Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: „The Last Waltz“ – bester Konzertfilm aller Zeiten?

Von Onkel Rosebud

Neulich haben meine Freundin und ich das Abschiedskonzert „The Last Waltz“ von The Band, der Formation mit dem Understatement im Namen, gesehen. Obwohl wir es normalerweise nicht so mit der Mischung aus Folk-Rock, Country, Jazz und Rhythm’n’Blues haben, fanden wir’s recht sehenswert – auch noch 2024. Es fand am 25. November 1976 im „Winterland Ballroom“, einem ursprünglich als Eislaufhalle geplanten Gebäude, in San Francisco statt. 1967 waren sie dort zuerst unter ihrem offiziellen Namen aufgetreten. So schloss sich der Kreis. The Band – das waren Robbie Robertson (Gesang, Gitarre), Rick Danko (Gesang, Bass, Geige), Levon Helm (Gesang, Schlagzeug, Mandoline), Richard Manuel (Gesang, Keyboard, Piano, Perkussion) und Garth Hudson (Orgel, Saxophon). Sie begannen als Begleitcombo für den Sänger Ronnie Hawkins unter dem Namen „The Hawks“. Später gaben sie auch eigene Konzerte. His Bobness entdeckte „The Hawks“ und heuerte sie als Tournee- und Studioband an. Die Zusammenarbeit dauerte über eine Dekade, in der sich die Gruppe schlicht „The Band“ nannte. Zum Zeitpunkt des Auflösens waren die Musiker seit 16 Jahren zusammen und quasi ununterbrochen auf Tour.

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New Model Army and Sinfonia Leipzig – Sinfonia – Ear Music/Edel/Attack Attack 2023

Von Guido Dörheide (20.09.2023)

HINWEIS: Hier geht es nur um die CD „Sinfonia“ und nicht um die DVD. Begeistert von der Musik habe ich nicht gewartet, bis ich das Bildmaterial gesichtet habe, sondern komplett begeistert und enthemmt gleich mal losgeschrieben. Alsdann, gehen wir es an:

New Model Army. NMA. Oder einfach nur „Army“, wie Schulfreund Martin sie damals nannte. Wie lange finde ich die schon toll? Nun, seit 1989, seit ich mir „Thunder And Consolation“ auf der Klassenfahrt nach Würzburg in der 10. Klasse des Humboldt-Gymnasiums kaufte – auf einen Tipp meiner Klassenkameradin Silke hin, die ich sinngemäß fragte, ob Army nur so ein Modetrend oder eine feste Größe auf dem Weg der Bildung eines erwachsenengerechten Musikgeschmackes sei – und Silke (die mir kurze Zeit später, als ich von Vinyl auf CD umstieg, meine komplette Toten-Hosen- und Ärzte-Sammlung abkaufte, danke nochmal dafür; die indizierten Ärzte-Alben hatte die Mutter meines Freundes Klaus für mich bei Salzmann in Braunschweig erstanden) meinte, Army könnte ich unbesehen kaufen, von denen wäre immerhin „51st State“. Danke, Silke, denn New Model Army begleiten mich seitdem durch mein Leben und ich feiere diese Band, als gäbe es kein Morgen.

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Pet Shop Boys – Smash – Parlophone 2023

Von Matthias Bosenick (05.07.2023)

Und noch eine Compilation mit Hits und Singles. „Smash“ behauptet, auf drei CDs sämtliche Singles des Synthiepop-Duos Pet Shop Boys von 1985 bis 2020 in chronologischer Reihenfolge zu bringen, und da geht es schon los: Die von Bobby O produzierten ersten Singles aus dem Jahr 1984 fehlen hier, die „Lost“-EP aus dem laufenden Jahr ist ebenso wenig berücksichtigt wie die „Agenda“-EP aus dem Jahr 2019 sowie diverse Songs, die lediglich in Großbritannien nicht oder ausschließlich digital als Single erschienen. Derjenige, der alle 14 Alben sowie sämtliche bisherigen Compilations (denn auf denen gab es stets exklusive Singles, die hier wiederum alle berücksichtigt sind; exklusiv für „Smash“ indes gibt es keine) im Regal zu stehen hat, braucht „Smash“ nicht; die paar Single-Edits machen keinen Kohl fett, denen sind im Zweifel die Albumversionen ohnehin vorzuziehen. Bleiben die beiden BluRays, die der erweiterten Box hinzugefügt sind, sowie das Buch mit den Anmerkungen von Neil Tennant und Chris Lowe. Und eine Zeitreise durch fast 40 Jahre Synthiepop mit allen Hochs und Tiefs, die die künstlerische Kurve der Briten in 55 Songs und rund 220 Minuten gut nachzeichnen.

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Killing Joke – Honour The Fire – Live Here Now 2023

Von Matthias Bosenick (28.06.2023)

Jetzt ist der Punkt erreicht, an dem es von Killing Joke mehr Live- als Studio-Alben gibt, sofern nicht bald das zur „Lord Of Chaos EP“ sowie zur bislang nur digital erhältlichen Single „Full Spectrum Dominance“ gehörende und derzeit sogar noch unangekündigte neue Album erscheint. Und weil sich Killing Joke einfach mal an gar keine Regeln halten, eröffnen sie seit einer Weile ihre überlangen und für ihren großen Pool an geilen Songs noch viel zu kurzen Sets mit der Zugabe, dem größten Hit nämlich, den sie je hatten, „Love Like Blood“ aus dem Jahr 1985. Nicht im Set indes sind eben „Lord Of Chaos“ und der Song, nach dem Tour und dieses Album benannt sind: „Honour The Fire“ vom 2010er-Album „Absolute Dissent“. Macht nix, man bekommt hier einen angenehm hörbar produzierten Querschnitt durch das, was die Engländer vom Dub ausgehend ab 1979 aus der Erfindung des Postpunk in den darauffolgenden Jahren so an Proto-Industrial, Semi-Metal und energetischer Rockmusik entwickelten, mit einem Schwerpunkt auf der Anfangszeit.

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The Wedding Present – 24 Songs – Scopitones 2023

Von Matthias Bosenick (15.06.2023)

Man wird nicht jünger, aber man bleibt Jünger von The Wedding Present: Die Schrammel-Indierock-Könige griffen 2022 ein Konzept von dreißig Jahren zuvor auf und veröffentlichten jeden Monat eine Single mit je zwei neuen Songs, die sie nun, wie weiland auf „Hitparade“, als „24 Songs“ zusammenfassen. Diese Doppel-CD – in der Deluxe-Buch-Version mit DVD – birgt nun sogar 29 Songs in über zwei Stunden, die das Portfolio der heutigen, in dieser Form keine fünf Jahre alten The Wedding Present abdecken, also immer noch mal schnellen, mal entschleunigten Indierock mit dröhnenden Gitarren, angedeutetem Geschrammel und catchy Melodien, aber auch zarte Abwandlungen davon. Und einen Remix von den Utah Saints. Anders als bei „Hitparade 1“ und „Hitparade 2“ ist hier allerdings die Reihenfolge der Singles sowie deren A- und B-Seiten komplett durcheinander, Weihnachten ist jetzt mitten im Jahr, die sehr wenigen Coversongs sind nicht gebündelt. Macht nix. Es gibt gute neue The-Wedding-Present-Musik!

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Goethes Erben – X – Dryland Records 2023

Von Matthias Bosenick (10.05.2023)

Was für ein Werk! Mit pandemiebedingtem Verzug wirft Oswald Henke unter seinem Haupt-Alias Goethes Erben deren zehntes Studioalbum „X“ in die Fangemeinde, die sich selbstredend für die gigantische Box-Version mit dickem, großem Buch und Doppel-DVD entscheidet, nicht für die einfache CD, die natürlich auch schon geil genug ist. Wie die Besetzung der Band, änderte sich auch die musikalische Untermalung von Henkes theatralisch-lyrisch dargebotener Weltanschauung über die Zeit: Dieses Album startet mit Ambient-Drones, aus denen der Künstler dunkle, schöne, zerbrechliche, opulente, wütende Lieder herausschält. Lässt man sich erst auf die klassisch depressiven Themen ein, bricht Henke einem auf halber Strecke das Genick mit der zu Industrial-Sounds geäußerten Feststellung, „der linke Arm muss weg“ – willkommen bei Goethes Erben. Auf den DVDs gibt es Konzerte und Interviews.

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Goethes Erben – Das gestohlene Konzert – Dryland Records 2022

Von Matthias Bosenick (30.09.2022)

Man kann angesichts der für die Kulturszene haarsträubenden Coronapolitik natürlich eingeschnappt motzend auf die Straße gehen – man kann aber auch seine Chancen nutzen und trotzdem seine Meinung kundtun. Und das ganz ohne Kontakt zu Querdenkern. Oswald Henke beherrscht diese analytische Diskursfähigkeit. Er hält seine verbitterte Haltung nicht hinterm Berg, dass er sich als Teil der Kulturszene von der Politik verraten fühlt, und reagiert darauf andererseits auch damit, dass er seine Kunst für den Heimgebrauch umfunktioniert: Das ausgefallene Osterkonzert des Jahres 2021 seiner Band Goethes Erben führte er mit Kammerensemble trotzdem auf und bringt den Mitschnitt nun als DVD und CD unter seine Gefolgschaft. Begleitet an Cello, Flügel und Percussion, erfahren die vertrauten Stücke aus 30 Jahren Goethes Erben teilweise Neuarrangements – und Henke performt, als stünde er vor einer großen Menschenmenge. Das kann er, und dafür allein schon lohnt sich „Das gestohlene Konzert“.

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Der Weg einer Freiheit – Noktvrn – Season Of Mist 2021

Von Matthias Bosenick (23.12.2021)

So geht Weiterentwicklung im Black Metal, bloß kein Stillstand: Der Weg einer Freiheit aus Würzburg können „Unstille“ genau so gut wie „Stille“, und letztere eröffnet das neue Album, das dennoch trve mit „Noktvrn“ betitelt ist. Das Stille an diesem Album ist dabei nicht so sehr am zeitgenössischen Post-Black-Metal orientiert, der sich wiederum bei opulenteren Spielarten wie Shoegaze und Postrock bedient, sondern tatsächlich filigran, zurückhaltend, minimalistisch. Wenn dann die vertraute Energie losbricht, fügt sich beides dennoch überzeugend zusammen. Und wenn dann plötzlich Soul-Passagen erklingen, äh: Ja, man kann den Black Metal ausdehnen, ohne ihn zu verraten, das beweisen auch andere Bands und Künstler ganz ausgezeichnet, Myrkur, Alcest, Solbrud oder eben Der Weg einer Freiheit. „Noktvrn“ hat das Zeug für Jahresbestenlisten. Und das geilste Cover hat die Platte auch noch.

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The The – The Comeback Special (Live At The Royal Albert Hall) – Cinéola/Ear Music 2021

Von Matthias Bosenick (02.12.2021)

Matt Johnson häufte in über 40 Jahren einen Riesenberg an geilen Songs an, vorrangig in den Achtzigern und Neunzigern, und aus dieser Zeit speist sich nun auch überwiegend „The Comeback Special“, ein zweistündiges Konzert, das der Komponist, Musiker und Sänger mit seiner neu- und reformierten Band The The vor drei Jahren in London gab. Was hat der Mann eine geile Stimme, was haben The The für geile dunkle Hits und Hymnen! Den alten Männern beim Mucken zugucken, kann man machen, die Mucke selbst ist wichtiger als das Bild. Wer indes beides in einer Box haben will, also Bild- und Ton-Datenträger, muss viel Geld investieren, bekommt aber noch haufenweise exklusives Bonus-Zeug dazu. Man darf gespannt sein auf das, was Johnson noch vorhat!

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Solbrud – Levende i Brønshøj Vandtårn – Napalm Records 2021

Von Matthias Bosenick (13.10.2021)

Endlich auf Vinyl und dann auch noch inklusive der DVD! Eine geile Idee überhaupt: Die Black-Metal-Band Solbrud spielte im November 2019 im titelgebenden Kopenhagener Wasserturm im Stadtteil Brønshøj zwei Konzerte, und da der Turm von sich aus einen fünfzehnsekündigen Hall hat, stimmte das Quartett die Songs der bisherigen drei Alben darauf ab und komponierte sogar einen neuen Song dafür. Klar, Black Metal ist Keifen, Blast Beats und Schrammelgitarre, wenn man nur oberflächlich hört, aber Solbrud sind dafür viel zu atmosphärisch, um damit abgekanzelt zu werden, und bauen außerdem nicht nur an diesem Ort in ihre Mucke unerwartete Elemente ein, von Ambient natürlich bis hin in Richtung Progrock. Episch!

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