Ein Hologramm für den König – Tom Tykwer – D/USA/GB/F 2016

Von Matthias Bosenick (08.05.2016)

Dem Wuppertaler eine Chance geben: Nachdem sich Tom Tykwer in den Neunzigern als experimentell-kreativer Indie-Filmer einen guten Ruf erarbeitete, driftete er spätestens mit der Patrick-Süskind-Verfilmung „Das Parfum“ an die Multiplexkassen. Die Informationen über die Romanverfilmung „Ein Hologramm für den König“ nun erweckten die verschütt gegangene Neugier an dem Regisseur. Die befriedigt der Film indes nur (oder auch: immerhin) zur Hälfte. Gute Dialoge und halbdokumentatorische Clash-of-Culture-Ansichten treffen auf eine willkürliche Handlung; großes Lob trifft auf großes Wehklagen.

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Hardcore (Hardcore Henry) – Ilya Naishuller – USA/RUS 2015

Von Matthias Bosenick (18.04.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour Der Stadtblog

Alter, wie geil! Krasse Scheiße. Ein Cyborg ist irgendwie unzerstörbar und ballert sich durch Moskau oder sowas, und alles ist mit der Go-Pro gedreht. Achterbahn ist nix dagegen, da stinkt selbst „Gravity“ gegen ab. Henry ist voll in die Fresse und in sonst noch was alles rein, was bei Menschen so wehtut. Story braucht die Schose nicht, dafür ist der Rest mal was geiler. Ein irrer Trip, Mann. Blutig wie Sau, coole Sprüche, aber nicht diese doofe Buddy-Scheiße, das nervt ja. Eher so schwarzer Humor mäßig. Und geile Mucke. Bisschen „Call Of Duty“ und sowas, nur als Film. Warum gibt’s das nicht schon längst? Endlich mal geile Action mit wirklich richtig was Neuem. Und gleich nochmal!

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Raum (Room) – Lenny Abrahamson – CDN/IRL 2015

Von Matthias Bosenick (10.04.2016)

Das ist also der vielgepriesene „Raum“: Ein niedrigschwelliges Esoterik-liebe-das-Leben-Drama. Ein Wohlfühlfilm auf Kosten von Fällen wie dem von Natascha Kampusch. Das filmgewordene Nachdenkliche-Sprüche-Bild auf Facebook. Was sehr schade ist. Der kleine Junge spielt fantastisch, die Kameraarbeit ist sehenswert, die Konstellation vielversprechend. Doch „Raum“ hält seine Versprechen nicht, aber dafür eine viel zu gerade Linie ein, die Konflikte und Konsequenzen zwar zaghaft andeutet, aber letztlich ausspart. Alles ist harmlos, alles ist überwindbar, alles halb so schlimm. Wird schon. Iss mehr unterschiedliche Burger, dann liebst Du das Leben. Schließlich ist hier ein Kind die Hauptfigur, und darin liegt schon ein erhebliches Maß an inhaltlicher Belanglosigkeit.

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Spotlight – Tom McCarthy – USA 2015

Von Matthias Bosenick (16.03.2016) / Auch erschienen auf Kult-Tour | Der Stadtblog

Spotlight“ ist ein Märchen: über Loyalität und Leidenschaft, über Empathie und für die Sache Einstehen, über unabhängigen Journalismus und die Wahrheit, über stürzende Systeme und Gerechtigkeit. Das Erstaunlichste daran ist: Alles an diesem Film ist (offenbar) wahr! Das lässt von einer guten Welt träumen. Außerdem ist dieser Film fein erzählt, dezent gefilmt und musikalisch angemessen unterlegt, also rundum eine Perle. Auch das ist heutzutage fast schon ein Märchen.

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Hail, Caesar! – Joel & Ethan Coen – USA/GB 2016

Von Matthias Bosenick (20.02.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour | Der Stadtblog

Ein Film über das Hollywood der Fünfziger mit dem Humor des Hollywood der Siebziger: Das ist „Hail, Caesar!“, der neue Film der Coen-Brüder. Das Ergebnis verhält sich wie ein Coversong, den eine Band lediglich nachspielt, aber nicht interpretiert. Es fehlt das Subversive, für das man die Coens in den meisten vorherigen Filmen zu lieben lernte. „Hail, Caesar!“ ist schön bunt, hat diverse lustige Dialoge und keine richtige Handlung. Er ist zwar einigermaßen unterhaltsam, aber blutarm. Vermutlich funktioniert er wie „Birdman“ von Alejandro González Iñárritu besser, wenn man US-Amerikaner ist oder sich wahnsinnig für die Hollywood-Fassade interessiert. Wer lieber auf den Inhalt hinter der Fassade blicken will oder wenigstens einen brutalen ironischen Bruch mit dieser Fassade erwartet, wird hier enttäuscht.

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The Hateful Eight – Quentin Tarantino – USA 2015

Von Matthias Bosenick (29.01.2016) / Auch erschienen auf Kult-Tour – Der Stadtblog

Filme von Quentin Tarantino kann man in (mindestens) zwei Universen betrachten: im allgemeinen Filmkosmos und in Tarantinos eigener Historie. Verglichen mit dem Rest der Welt, oder zumindest von Hollywood, macht Tarantino exorbitant gute Filme. Verglichen mit sich selbst erkennt man eine Weiterentwicklung innerhalb der acht Filme, für die er bislang Regie führte: Er wird erwachsener, behält aber viele seiner Merkmale bei. Filmisch ist er weniger experimentierwütig, dafür aber subtiler. Sein Humor äußert sich weniger visuell als nun überwiegend inhaltlich. Da das Cartoonhafte zurückweicht, wirken die blutigen Anteile jedoch brutaler. Ansonsten: Ein großartiger Film, der drei Stunden lang nicht eine Sekunde langweilt, obwohl er zumeist auf beengtem Raum stattfindet.

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Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht (The Force Awakens) – J.J. Abrams – USA 2015

Von Marc Domin (22.01.2016)

Bewaffnet mit exakt 313 Gramm saurem Weingummi, einer 0,4-Liter-Coke im Plastikbecher und einem stillen Wasser in der Flasche ging es erwartungsvoll in die Loge von Kino 5 im C1-Filmpalast in der Langen Straße zu Braunschweig.
Im Bewusstsein, jeden Augenblick dem Imperium zu begegnen, Jedis kämpfen und Todessterne bersten zu sehen, fix die 3D-Brille aufgesetzt und los ging es mit dem bekannten Vorspann.
Ich erstmal gar nichts kapiert.

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The Revenant – Alejandro Gonzáles Iñárritu – USA 2015

Von Matthias Bosenick (07.01.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour – Der Stadtblog

Drei eigene gute Ideen, ein unerbittlich leidender Leonardo di Caprio in ästhetisch eingefangener Landschaft zu hervorrangendem Score und ein allerorts zusammengeklautes Script sind die Quintessenz von 157 Minuten „The Revenant“ von Alejandro Gonzáles Iñárritu. Der einzige Spoiler ist dabei, dass es keinen Spoiler gibt: Da man alles schon unzählige Male gesehen hat, sind einem die Etappen jeweils schon vorher klar. Bei fortschreitender Spieldauer des Films sinkt man umso gelangweilter in den Kinositz. Hier wären kürzer und mutiger besser gewesen – und ein anderer Hauptdarsteller.

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Das brandneue Testament (Le tout nouveau testament) – Jaco van Dormael – B/F/L 2015

Von Matthias Bosenick (08.12.2015)

„Das brandneue Testament“ ist voller hochgradig guter Sequenzen, die Regisseur Jaco van Dormael leider ohne einen schlüssigen Zusammenhalt aneinanderreiht. Die Inhalte sind großartig, doch die Ausrichtung ist beliebig. Vom Punkrock zur Schmalzschnulze, aber beides nicht konsequent. In diesem Film lebt Gott als ein Despot in Brüssel und terrorisiert seine Familie (also Frau und Tochter, der Sohn ist ja schon weg). Die Tochter Ea flieht vor ihm und sammelt sechs Apostel um sich – da schwenkt der Film vom lustiglich fluchenden Gott zum rührseligen Tränenzieher. Beides passt nicht zusammen.

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Ewige Jugend (La giovinezza) – Paolo Sorrentino – I/F/CH/GB 2015

Von Matthias Bosenick (28.11.2015)

Das ist Kino. Paolo Sorrentino empfiehlt sich mit „Ewige Jugend“, international schlicht „Youth“ betitelt, einmal mehr als einer der wenigen zeitgenössischen Regisseure, die Mut genug haben, nicht nur tiefe Geschichten zu erzählen, sondern dies auch noch in visuelle und akustische Kunst eingebettet. Das ist Kino, für das man sein Zuhause verlässt und hernach glücklich wieder dorthin zurückkehrt. Erneut stellt der Fünfundvierzigjährige alte Männer ins Zentrum des Geschehens, hier in einem Sanatorium in der Schweiz. Inhaltliche Komplexität erreicht der Film hauptsächlich über die Dialoge, zusammen mit Sorrentinos typischer Bildsprache und dem kruden Humor ergibt dies ein wahres Kunstwerk. „Ewige Jugend“ ist weniger rasant als noch „La grande bellezza“, aber das passt perfekt zum Inhalt. Grandios.

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