Goscinny & Sempé – Der kleine Nick: Wie alles begann – Diogenes 2018

Von Matthias Bosenick (09.11.2018)

Erstaunlich, was vom kleinen Nick noch alles irgendwo auf Dachböden dümpelt, und noch erstaunlicher, wenn es sich dabei um bereits veröffentlichtes Material handelt, das selbst der noch lebende der beiden Erschaffer offenbar vergessen hat. Jedenfalls erinnerte sich Zeichner Jean-Jacques Sempé urplötzlich daran, dass die Prosafigur des kleinen Nicks eine Comicvorgeschichte hat, die er mit dem 1977 verstorbenen Texter René Goscinny Mitte der Fünfziger beinahe ein Jahr lang in einer Zeitung veröffentlichte, weit bevor das Duo daraus die bekannten Texte zauberte. Wie auch immer: Jetzt liegen diese Panels auch auf Deutsch vor und geben einen hübschen und humorvollen Einblick in die kreative Evolution des fidelen Kindes und in eine Gesellschaft, die sich seit einem halben Jahrhundert erschreckend wenig verändert hat.

Weiterlesen

Flix – Spirou Spezial: Spirou in Berlin – Carlsen 2018

Von Matthias Bosenick (30.08.2018)

Für den Verlag ist die Kombination eine Goldgrube: Ein neuer Flix und ein neuer Spirou in einem Buch, das kann man prima als Hardcover veröffentlichen und teurer verkaufen als die anderen Bände der Reihe. Wert ist „Spirou in Berlin“ dies jedoch nur bedingt: Flix setzt die inzwischen 80 Jahre alten Vorlagen zwar gekonnt um, erzählt aber eine recht unaufregende Geschichte. Der abenteuerlustige Spionage-Page darf seinen Freund, den Grafen von Rummelsdorf, aus den Klauen der Stasi befreien – das macht er ungefähr so, wie es sich ein Laie auch ausgedacht hätte.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Comic

Gaston: Die Galerie der Katastrophen – Carlsen Verlag 2018

Von Matthias Bosenick (12.07.2018)

Zum 60. Geburtstag des 1957 von André Franquin ersonnenen Büroboten Gaston Lagaffe erschien im vergangenen Jahr ein Best-Of, dem nun eine Hommage folgt. Nicht die erste. 60 Zeichner, hauptsächlich Frankobelgier, arbeiten sich an dieser wichtigen Figur des frankobelgischen Funny-Comics ab; die eingereichten Würdigungen sind von entsprechend unterschiedlicher Ausrichtung und Qualität. Einige Zeichner und Autoren versuchen, der längst abgeschlossenen Reihe eine Episode im Sinne der Sache hinzuzufügen, manche verdrehen Inhalte, andere transferieren Gaston in andere, zumeist eigene Universen, und die sind – auch bei geringerer Qualität – am interessantesten. Franquin kopieren kann nämlich niemand.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Comic

Gerhard Seyfried – Zwille: The Law returns to Kreuzberg – Westend/fifty-fifty 2018

Von Matthias Bosenick (06.06.2018)

Der Vorausdenker hinkt hinterher: So gestrig wie in seinem neuen Comicband „Zwille: The Law returns to Kreuzberg“ war Zeichner Gerhard Seyfried noch nie. Er war seinerzeit stets linker als die taz und nimmt heute teilweise Standpunkte ein, die sein früheres Ich sicherlich als spießig aufgefasst hätte. Angesichts dieses Buches sieht man keinerlei Grund für Seyfried, die zeichnerische Untätigkeit nach acht Jahren Comicpause unterbrechen zu müssen; in seinem jüngsten Buch „Schilderguerilla“ von vor zwei Jahren zeigte er, dass er seinen Humor auch mit neuen gestalterischen Medien transportieren kann (er manipulierte Fotos von Schildern und veränderte so deren Inhalt). Sein Uraltpunk Zwille hätte indes gern in der Versenkung bleiben können, da führte der bereits ein lustiges Leben.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Comic

José Munuera – Spirou präsentiert: Zyklotrop (1): Die Tochter des Z – Carlsen 2018

Von Matthias Bosenick (01.03.2018)

Der beste der jüngeren Serienautoren wurde leider gekickt, weil die Entscheider anderer qualitativer Meinung waren, aber für den jüngsten Spin-Off der 80 Jahre alten Serie „Spirou“ kehrt José Munuera als Autor und Zeichner nun zurück ins Ensemble. Die neue Reihe „Spirou präsentiert“ wirft – hier ganz ohne die Serienhelden – Schlaglichter auf Nebenfiguren des ausufernden Universums, den Auftakt macht des Grafen von Rummelsdorfs Counterpart Zyklotrop. Ihm stellt Munuera eine schlagkräftige Tochter zur Seite. Zwar ist die Geschichte selbst recht geradlinig, aber die sich darin offenbarenden Hintergründe laden zum Psycholigisieren des unangenehmen Trottelschurken ein.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Comic

Turk & Zidrou – Percy Pickwick 24: Just Married – Toonfish 2018

Von Matthias Bosenick (07.01.2018)

Was für ein Mist! Rassistisch, sexistisch, homophob, dazu die Abwesenheit einer Story und flache Gags, den eingangs genannten Eigenschaften zufolge meistens stereotyp und klischeehaft. Das ist trotz einiger vorangegangener Schwächen in den zurückliegenden 23 Büchern aus fast 60 Jahren der schlimme Tiefpunkt der ansonsten großartigen Serie. Man kann sich nur wundern, was den frisch hinzugezogenen Texter Zidrou da geritten hat, sich so einen Schwachsinn einfallen zu lassen. Dabei stammt eines der besten Spirou-Sonderabenteuer von ihm: „Das Licht von Borneo“, poetisch, kunstvoll, zeitkritisch, opulent. Dagegen der englische Detektiv: am anderen Ende der Skala.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Comic

Tauber/Wiegand/Menger/Beckmann – Die Drei Fragezeichen und das Dorf der Teufel – Franckh Kosmos 2017

Von Matthias Bosenick (20.12.2017)

Deutlich besser als der erste Versuch, aus der Geldmaschine Die Drei Fragezeichen noch das Medium Comic/Graphic Novel zu pressen: Die Zeichner und Autoren Christopher Tauber, Asja Wiegand, Ivar Leon Menger und John Beckmann verfeinern den Strich und nutzen das Medium effektiver aus. Bei allem Kommerz und Qualitätsabfall, den die Serie in den vergangenen Jahren zu erdulden hat, ist dies ein kleiner Lichtblick.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Comic

Schwartz & Yoann – Spirou & Fantasio Spezial: Der Meister der schwarzen Hostien – Carlsen 2017

Von Matthias Bosenick (07.04.2017)

Die Fortsetzung zu „Die Leopardenfrau“ hat ja nur drei Jahre lang auf sich warten lassen: Schwartz & Yann schicken die beiden Helden in dieser Episode der „One Shot“ genannten Spezial-Reihe kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in den Kongo, Belgische Kolonie damals. Dem überkommenen Sujet des Kolonialcomics sind in der Gegenwart tatsächlich noch Aspekte abzugewinnen, die überraschen und nicht mehr so rassistisch sind wie damals; dieser Doppelband mit eigentlich drei Teilen ist sogar besser als die Hauptlinie der Serie.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Comic

Renatus Töpke & Martin Hoffmann – Wer malen will, muss Metal sein – Verlag Andreas Reiffer 2016

Von Matthias Bosenick (24.11.2016)

Malbücher für Erwachsene sind seit einiger Zeit der heiße Scheiß, und da liegt es nahe, auf dem Kamm dieser Welle das Spektrum zu erweitern: um Motive aus Heavy Metal und Rock, genau genommen deren Plattencover. Was für den einen ein flächiger Spaß ist, entlockt den anderen eine handfeste Genrediskussion. Und eine um die Auswahl der Alben und damit der Bands – aber die ist bewusst subjektiv, darauf muss man sich einlassen. So dient das Heftchen den nostalgischen Metaleltern zum gemeinsamen kunterbunten Horizonterweitern mit den Kindern. Die revanchieren sich dann in ein paar Jahren mit dem Malbuch rund um Hip Hop und R’n’B. Oder was sonst dann gerade modern ist.

Weiterlesen

Craig Thompson – Weltraumkrümel (Space Dumplins) – Faber & Faber/Reprodukt 2015

Von Matthias Bosenick (09.01.2016)

Nach „Blankets“ und „Habibi“ legt der nun vierzigjährige Zeichner und Autor Craig Thompson mit „Space Dumplins“ seine erste Science-Fiction-Graphic-Novel vor. Seinem wundervollen und wiedererkennbaren Zeichenstil bleibt der US-Amerikaner treu. Der Rest ist anders: Die Bilder sind koloriert, die Panels nicht mehr so frameübergreifend opulent ausgestattet und die Handlung ist eher dünn und gewöhnlich, was vermutlich daran liegt, dass er dieses Mal auch Kinder und Jugendliche in die Zielgruppe einschließt. Trotzdem liest man es gern, schließlich schickt einen Thompson mit fast jedem Bild auf eine Entdeckungsreise. Und er vermittelt, wie immer, Werte, sowohl nebenbei als auch mit dem erhobenen Zaunpfahl.

Weiterlesen

Veröffentlicht unter Comic