Filippi & Lebeault – Spirou & Fantasio Spezial: Stiftung Z – Carlsen 2019

Von Matthias Bosenick (06.05.2019)

Dafür rief Dupuis diesen Seitenarm ins Leben: Im neuesten One-Shot von Spirou & Fantasio verlegt das Team Filippi & Lebeault die Handlung in die Zukunft und variiert die Verwandtschaftsverhältnisse. Dafür vermengen die beiden, wie so viele andere vor ihnen auch schon, futuristische Technik und Jugendstildesign und wagen eine überraschende inhaltliche Schleife. Dem Inhalt ist derweil teilweise schwer zu folgen, wobei unklar ist, ob das an der Übersetzung liegt oder bereits im Original so veranlagt ist. So reimt man sich die fehlenden Zusammenhänge zusammen und genießt die rasanten Geschehnisse und die fantastischen Zeichnungen.

Alles ist anders: Spirou ist ein Mitarbeiter der Regierung und Sohn eines wichtigen Politikers, die eigentlich hassgeliebte Gegnerin Steffani ist hier seine Schwester, die sich Rebellen anschloss. Gemeinsam ermitteln sie gegen eine ominöse Stiftung Z, die natürlich eng mit Zyklotrop und Zantafio zusammenhängt, als gemeinnützig gilt und trotzdem Zweifel hervorruft. Zudem gilt Spirous Opa als entführt und zuletzt im Rahmen dieser Stiftung als aktiv registriert. Der klassische animalische Begleiter Pips ist hier ein pelziger Codeknacker. Sowohl auf der Flucht als auch beim Aufdecken der Geheimnisse hilft den Geschwistern ein Geheimagent namens Fantasio. Nach und nach treten immer mehr merkwürdige Wahrheiten ans Licht und verschieben sich die Bewertungen der Verbündeten und der Gegner. Bis zum überraschenden Finale.

Schwer auszumachen, ob Autoren oder Übersetzer schludrig arbeiteten, aber die Dialoge sind nicht immer schlüssig und nachvollziehbar. Es fällt manchmal schwer, daraus Erkenntnisse über Zusammenhänge und Vorhaben abzuleiten. Am offenkundigsten zutage tritt dies mit dem Umstand, dass sich der Geheimagent den Geschwistern nie mit Namen vorstellt, ihn Spirou aber irgendwann mit Fantasio anspricht. Aber vielleicht liegt es auch nur am Sujet, Agentengeschichten sind ja häufig schwer durchschaubar.

Höchst attraktiv ist die zeichnerische Ausgestaltung dieser Mischung aus fantasievollem Futurismus und filigranem Jugendstil. Manche Panels sehen aus wie direkt von vor 100 Jahren, selbst mit Details, die damals noch nicht einmal Vision waren, etwa einem als Armbanduhr getragenen Bildtelefon, das den Kopf des Gesprächspartners als Hologramm über das Gerät projiziert. Damit wirkt die Zukunft nicht so glatt und kalt wie in vergleichbaren Szenarien, aber auch deutlich aufgeräumter als beispielsweise in „Brazil“. Allein für die teils sogar zum Wimmeln neigenden Bilder lohnt sich der Erwerb dieses Spezials, auch wenn die Figuren anders aussehen als gewohnt, aber auch das ist üblich bei den One-Shots und daher akzeptabel.

Sympathisch ist, dass das Autorenteam das Spirou-Universum zu Hause ist: Es gibt viele Referenzen aus über 80 Jahren Pagenabenteuer. Die Roboter von Franquin etwa tritt in Erscheinung oder das Marsupilami, das hier als Schlüsselanhänger zu erkennen ist. Ganz abgesehen von den vielen Figuren, die hier in zum Teil anderen Rollen auftreten. Beibehalten ist indes das Verwandtschaftsverhältnis von Fantasio und Zantafio, die schon immer Cousins waren. Filippi und Lebeault nutzten für ihren One-Shot die Gestaltungsmöglichkeiten bestens aus. Eine würdige Episode.