Scorpions – Rock Believer – Vertigo Berlin 2022

Von Guido Dörheide (28.02.2022)

Klaus Meine ist der Sänger, den man für seinen Gesang feiert, auch wenn er textlich nur Mumpitz von sich gibt. So auch ich, so auch auf „Rock Believer“. Ein ziemlich mumpitzverdächtiger Titel für ein spitzenmäßiges Album. Und der Text des Titelsongs hält nicht nur, was der Titel verspricht, sondern übertrifft es bei Weitem: „Come on scream for me screamer, I‘m a rock believer, like you.“ Pick up the receiver, I make you a believer, schießt einem da durch den Kopf. Und titelmäßig hauen die Sarstedter einen nach dem andern raus: „Roots In My Boots“, „Knock ‘em Dead“ und auch für den Refrain von „Peacemaker“ wird es wohl den Literatur-Nobelpreis nicht geben („Peacemaker, peacemaker, bury me, undertaker“).

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Hades – 4 Singles – Cri Du Chat Disques/Universal Brasil 2021

Von Matthias Bosenick (24.02.2022)

Auch wenn’s kein klassischer EBM ist, ist der 24.2. ein gutes Datum, sich mit dem Brasilianischen Duo Hades zu befassen. Die Titel der früheren Veröffentlichungen, etwa „Morbid Action“, kombiniert mit dem Bandnamen lassen zwar an Black Metal denken, doch handelt es sich dabei um ein jüngst reaktiviertes über 30 Jahre altes Synthie-Projekt. Die dunkle, minimalistische Neunziger-Attitüde hört man auch den neu aufgenommenen vier alten Songs an, die Alan Draht und Sandro Couto veröffentlichten: dunkel, eher an US-Electro orientiert, trotz der aufs Wesentliche reduzierten Arrangements mit kleinen Details gespickt, Gruftstimme und auch im niedrigen Tempo keine Allüren, balladesk die Charts zu erobern. Kurios: Inzwischen steht bei Bandcamp, die Band komme aus Wolfsburg. Sowas!

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Keimzeit – Kein Fiasko – Comic Helden 2022

Von Guido Dörheide (19.02.2022)

Damals, als die deutsch-deutsche Grenze schon gefallen war, es die DDR aber noch gab, hörte ich gerne Sendungen im West-Radio, in denen DDR-Bürger das Programm gestalten konnten. Ich war Wessi, aufgewachsen in Sichtweite der Grenze, und lernte dadurch Songs kennen wie „E.S.T. – Trip To The Moon“ von Alien Sex Fiend (ja, das kannte ich vorher nicht!) und „Irrenhaus“ von Keimzeit. Und dachte bei zweiterem, das wäre unmittelbar nach dem Zusammenbruch der DDR geschrieben worden. „Irre ins Irrenhaus, die Schlauen ins Parlament – Selber schuld daran, wer die Zeichen der Zeit nicht erkennt“, das schrie förmlich danach, war aber schon vor Gorbatschows legendärem „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ (was er wohl tatsächlich nie gesagt hat, aber zumindest trotzdem aus 1989 stammen soll) geschrieben worden, und Norbert Leisegang, der dieses Monument von einem Song getextet und gesungen hatte, sagte später in Interviews, dass er beim Schreiben des Songs tatsächlich keinerlei Ende der DDR im Sinn hatte.

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Tara Nome Doyle – Værmin – Modern Recordings/Warner 2022

Von Guido Dörheide (19.02.2022)

Warum zum Teufel sollte man für die Blutegel beten?

Zum Beispiel aufgrund Tara Nome Doyles eindringlich vorgetragener Aufforderung „pray for the leeches“ gleich im ersten Song ihres neuen Albums. Dieser mag ich mich wirklich nicht widersetzen, zumal ich diese Zeile seit einigen Tagen immer andauernd permanent vor mich hinsingen muss und damit bestimmt schon das Misstrauen einiger Nachbarn auf mich gezogen habe. Es geht aber auch nicht, sich der Magie des Stückes „Leeches I“ zu entziehen:

Es beginnt sehr ruhig ohne viel Begleitmusik, nur eine einsame Orgel tönt, so dass das erste, dass die Zuhörenden auf „Værmin“ in den Bann schlägt, die Stimme ist. Ich weigere mich jetzt aber, zu schreiben, „klingt nach Kate Bush“, nur weil eine Frau eine wunderbare Stimme hat und sie bemerkenswert einsetzt. Man kann ja auch nicht immer sagen „schmeckt nach Huhn“, wenn man irgendeine Fleischsorte (außer Lamm, das schmeckt nun so gar nicht nach Huhn) zum ersten Mal isst.

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Voivod – Synchro Anarchy – Nuclear Blast 2022

Von Guido Dörheide (18.02.2022)

Kanada ist ja quasi sowas wie das Skandinavien Nordamerikas, also sozusagen ähnlich wie Irland, bezogen auf Kontinentaleuropa. Aus Kanada kam nur zweimal schlechte Musik: Nämlich von Bryan Adams und von Céline Dion. Und vielleicht von Justin Bieber (obwohl ich einige Songs von dem wirklich gerne höre und er m.E. alleine für sein gesundes Selbstbewusstsein und -vertrauen gefeiert gehört), aber ich befürchte, wenn ich jetzt länger die Begriffe „Kanada“ und „Scheißmucke“ googele, wird da vielleicht noch viel mehr zutage gespült.

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Spezial: addicted/noname Label aus Moskau, Teil 11, Schwerpunkt: Bad Road Records

Von Matthias Bosenick (17.02.2022)

Das Moskauer Label Bad Road Records legte um 2018 seine Arbeit nieder, viele der Bands wanderten zu addicted/noname ab, und von dort aus verwaltzet man auch den Backcatalogue. Ein Überblick rund um die Welt über das schwerpunktmäßig Doom, Sludge und Stoner beinhaltende Label, inklusive Ausflügen zum neuen Mutterlabel, mit: The Watchdogs, Gangrened, Gloomy Sunday, Albinö Rhino, Keepleer 18, Изразец, Her Highness, Sithter, Old Sea And Mother Serpent, Remote, Dirtpill, Fire To Fields und Ketamine.

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The Rude Revolution – Stay Rude Stay In Solidarity – Rude Revolution 2021

Von Matthias Bosenick (09.02.2022)

Antifaschistische Bands für antifaschistische Projekte: Das Ska- und Oi!-Kollektiv Rude Revolution mit dem trinkfesten Krokodil als Logo sammelt Songs von Musikgruppen, die mit ihrem Beitrag für den Sampler „Stay Rude Stay In Solidarity“ die Arbeit vom Bündnis gegen Rechts Braunschweig und vom Kulturzentrum Nexus unterstützen, die sich den Erlös aus dem Verkauf dieser Schallplatte teilen. Diese international belegte Auswahl eint, dass sie allesamt Nexus-Bühnenluft in den Lungen tragen und in der breiten Palette zwischen eben Ska und Oi!-Punk nicht nur Haltung zeigen, sondern auch noch gute Laune im Köcher haben.

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Shadow Of Intent – Elegy – Shadow Of Intent 2022

Von Guido Dörheide (01.02.2022)

„Gutturaler Gesang“, schreibt die deutsche Wikipedia immer. Warum nicht einfach „Gesang“? Der Sänger heißt Sänger, weil der Sänger singt, und ihn ihm sein Beruf ist das Singen. Wenn er Bass spielen würde, hieße er Bassist. Was macht eine Vokalsopranistin, wenn sie mal Alt singen will, aber bei Wikipedia steht, sie sei eine Sopranistin? Auf jeden Fall kann man bei bei Ben Duerr von Shadow Of Intent das „tural“ auch völlig guten Gewissens weglassen, denn sein Gesang ist guter Gesang.

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The Absurd – Cancel The Wall – Bent Knee Records 2021

Von Matthias Bosenick (31.01.2022)

Keine vier Jahre alt, erfährt das Debütalbum von The Absurd aus Los Angeles die bereits dritte Wiederveröffentlichung, dieses Mal als „Cancel The Wall“. Physisch leider nur als CDr, außerdem mit anderen Tracks als im Begleit-Download, aber hey, allein für den Hit „Boots On The Ground“ ist es den Erwerb wert. Die Trump-Anleihe des Ur-Titels „Build The Wall“ ist inzwischen umgekehrt, da ist man politisch eindeutiger geworden. Musikalisch bewegt man sich mit Black-Sabbath-Anleihen nahe am Stoner, rifft wuchtig, schreit eindringlich, groovt amtlich, gniedelt episch, und dem Zuhörer bricht der Nacken, wenn er gerade keinen Platz zum Tanzen hat. The Absurd sind lediglich zu dritt – und da steckt mächtig gewaltige Gewalt drin!

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Anna von Hausswolff – Live At The Montreux Jazz Festival – Southern Lord 2022

Von Guido Dörheide (30.01.2022)

Es ist ja irgendwie nur das halbe Vergnügen, wenn Anna von Hausswolff nicht singt. Wie z.B. auf ihrem 2020er Album „All Thoughts Fly“, das trotzdem unglaublich gut ist und auf dem sie aus der Kirchenorgel alles herausholt, was drin ist.

Jetzt gibt es „Live at Montreux Jazz Festival“, und da singt sie dann auch wieder. Und holt aus ihrer Stimme alles raus, was drin ist. Bei der Aufnahme handelt es sich um einen Auftritt aus dem Jahr 2018 (als supporting act [„Vorgruppe“ wäre dem, was auf diesem Album passiert, nicht annähernd gerecht geworden] für Nick Cave and the Bad Seeds), so dass hauptsächlich Songs von dem im selben Jahr erschienenen Album „Dead Magic“ vertreten sind, was aber nichts macht, denn das Album ist ganz hervorragend. So auch „Live At The Montreux Jazz Festival“.

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