Scorpions – Rock Believer – Vertigo Berlin 2022

Von Guido Dörheide (28.02.2022)

Klaus Meine ist der Sänger, den man für seinen Gesang feiert, auch wenn er textlich nur Mumpitz von sich gibt. So auch ich, so auch auf „Rock Believer“. Ein ziemlich mumpitzverdächtiger Titel für ein spitzenmäßiges Album. Und der Text des Titelsongs hält nicht nur, was der Titel verspricht, sondern übertrifft es bei Weitem: „Come on scream for me screamer, I‘m a rock believer, like you.“ Pick up the receiver, I make you a believer, schießt einem da durch den Kopf. Und titelmäßig hauen die Sarstedter einen nach dem andern raus: „Roots In My Boots“, „Knock ‘em Dead“ und auch für den Refrain von „Peacemaker“ wird es wohl den Literatur-Nobelpreis nicht geben („Peacemaker, peacemaker, bury me, undertaker“).

Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal „Accept“ und „anspruchsvolle Texte“ in einem Satz unterbringen würde, aber im Zusammenhang mit den Scorpions geht‘s. Einzig „Seventh Sun“ klingt nach einem witzigen Wortspiel, aber weiß man bei den Scorpions, ob das wirklich Absicht war? Butt now let‘s go out in the son and take a breath of fresh heir, nützt ja nix. Und den besten Text der Band hat eben ohnehin nicht Meine geschrieben, sondern Monika Dannemann.

Musikalisch dagegen: Hammer! Wie oben schon gesagt: Meine feiere ich, er singt wie ein junger Gott (wenn auch nicht wie Apollo, Gott der Dichtkunst, bei Gott, einmal muss ich doch noch nachtreten) und ist bei Stimme wie lange nicht mehr. Gleich mit „Gas In The Tank“ (habe ich die Gewöhnungsbedürftigkeit der Songtitel schon erwähnt? Nein?) rumpelt das Album ordentlich los, und spätestens sobald Meines Stimme einsetzt, fühlt man sich in die erste Hälfte der 80er Jahre zurückversetzt, in der nicht alle Musik schlecht war (auch die der Scorpions noch nicht).

Irgendwer schrieb neulich „bestes Scorpions-Album seit Blackout“ und ja – kann schon hinhauen. Michael Schenkers großer Bruder kloppt munter die Riffs runter, als gäb‘s kein Morgen, und Jabs‘ Soli sind wieder einmal mehr über jeden Zweifel erhaben. Und das Ganze klingt nicht – wie leider so manches Mal in der jüngeren Vergangenheit seit sagen wir mal 1990 – wie „die Scorpions spielen die Scorpions nach“, sondern nach einem lustigen Haufen alter Männer nebst dem unvergleichlichen Mikkey Dee am Schlagzeug, die es einfach nochmal wissen wollen, mit guten, neuen Ideen und bannig Spielfreude zu Werk gehen und den Fans einfach das volle Brett geben. Und von daher passt der Vergleich mit Accept dann doch wieder (außer dass die Scorpions zum Glück noch denselben Sänger haben wie weiland in den 70ern). They‘ll burn the sky mit diesem Album, sag ich mal.