Von Matthias Bosenick (08.06.2022)
Drei sehr unterschiedliche neue Alben präsentiert Bert Olke auf seinen beiden Labels Klangwirkstoff Records und Separated Beats: Einmal das Best-Of-Neunziger-Electro-Retro-Querbeet-Miniaturen-Album „Soul Kitchen“ von Tobi Morare, dann das dubbig-tanzbare Planeten-Frequenz-Album „“Roots Of Deliverance“ von Rainer Hartmann unter seinem neuen Alias Oriom sowie Olke selbst mit seinem als B. Ashra veröffentlichten „Fluffy Spirals“ zwischen Ambient und Psytrance.
Archiv des Autors: Van Bauseneick
Hum – One – Sireena 2022
Von Matthias Bosenick (02.06.2022)
Ein zeitloses Stück Rockmusik, ohne heavy Verzerrung vom Classic Rock ausgehend in Blues, Stoner, Post, Space, Jazz und Prog driftend und mit Samples angereichert: Drei musikalisch im Raum Frankfurt am Main längst etablierte Herren finden sich für dieses Debüt unter dem verwechselbaren Namen Hum zusammen und scheren sich einen feuchten Kehricht um Radiotauglichkeit oder reine Genreanbiederung. Natürlich finden sich auf „One“ auch Passagen, die einem aus den genannten Bereichen vertraut vorkommen, aber in ihrer epischen Mischung sind die drei ganz bei sich, bringen zusammen, worauf sie Bock haben, und spielen es deshalb auch genau so: Sie haben Bock.
Michael Schenker Group – Universal – Atomic Fire 2022
Von Guido Dörheide (01.06.2022)
Es gibt unspektakulär & scheiße bzw. laaangweilig, es gibt unspektakulär & toll, und es gibt unspektakulär & toll, technisch auf beeindruckendem Niveau und apselut über jeden Zweifel erhaben produziert; in die letztgenannte Schublade gehört zweifelsohne Michael Schenker, „the Beethoven of Lead Guitar Players, man!“ (wie Steve „Lips“ Kudlow von Anvil es einst auf den Punkt brachte) aus Sarstedt, District of Hildesheim, Lower Saxony, Germany, der sich auf seinen zahllosen, unter noch zahlloseren Namen (MSG [was sowohl „Michael Schenker Group“ als auch „McAuley Schenker Group“ heißen kann], Michael Schenker, Michael Schenker Fest, Michael Schenker‘s Temple Of Rock, Schenker Barden Acoustic Project u.v.a.m.) veröffentlichten Großtaten nie aufdrängt, technisch jederzeit mehr als beeindruckt und immer eine Schar teils grotesk frisierter (this one goes out to you, Robin McAuley), aber immer in extremer Weise kompetenter Mitmusiker um sich schart, um in angesichts seines langen Wirkens extrem schneller Folge Alben rauszuhauen, dass man fast von einem „Neil Young des Hardrock“ sprechen könnte (das allerdings nur angesichts seiner Veröffentlichungsfrequenz), und auch auf „Universal“ geben sich große Namen wie Barry Sparks (u.a. Bassist von Dokken, Ted Nugent und Yngwie Malmsteen, um nur einige zu nennen), Ex-Toto-Drummer Simon Phillips, Ex-Rainbow-Keyboarder Tony Carey, der legendäre Helloween-Kreischer Michael Kiske, Ralf Scheepers von Primal Fear, Co-Produzent Michael Voss, Ex-Rainbow-Drummer Bobby Rondinelli, Brian Tichy (Drummer bei beispielsweise Whitesnake, Billy Idol etc.), Ex-Ozzy-Bassist Bob Daisley und natürlich der aktuelle MSG-Hauptsänger Ronnie Romero die Klinke, das Mikro und die Drumsticks in die Hand – ich hoffe, ich habe niemanden vergessen und stelle beim Hören fest, dass kein Song besonders heraussticht, keiner enttäuscht und das Album als Ganzes beim Hören ein ziemliches Glücksgefühl hervorruft und ein beispielloses Beispiel dafür darstellt, dass haufenweise Köche es manchmal nicht schaffen, den Brei zu verderben – also gerne mal reinhören, den Alltag vergessen und abrocken!
WeiterlesenElvis Costello & The Imposters – The Boy Named If – EMI 2022
Von Guido Dörheide (31.05.2022)
Es war 1994, als ich mir auf dem Roskilde-Festival das Konzert von Elvis Costello ansah und -hörte, und das blies mich schier weg. Auf der Bühne stand ein in höchstem Maße charismatischer Lakritzbrillenträger mit Gitarre, umringt von talentierten Mitmusikanten, und gab – neben Klassikern en masse, die ich damals leider alle noch nicht kannte – sein damals aktuelles Album „Brutal Youth“ zum Besten und zog damit die Audienz in den Bann, als gäbe es kein Morgen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass damals auch nur irgendjemand, der „Brutal Youth“ noch nicht im Regal zu stehen hatte, nach der Rückkehr aus Roskilde, nach mehrmaligen Duschen und ausgiebigen Ausschlafen NICHT in den Plattenladen seines Vertrauens gestürmt ist, um dieses Werk käuflich zu erwerben. Hashtag Rückblende Ende, ich habe bei der Rückkehr aus dieser Zeitreise peinlichst darauf geachtet, auf kein Insekt zu treten, weil das unter Umständen die Zeitläufte dergestalt perforieren könnte, dass es entweder den Künstler oder den Rezensenten heute nicht mehr geben könnte. Was schade wäre.
WeiterlesenKing Gizzard & The Lizard Wizard – Onmium Gatherum – King Gizzard & The Lizard Wizard 2022
Von Guido Dörheide (24.05.2022)
In meiner Feder führen zwei Sätze für diese Rezension über „Omnium Gatherum“ von King Gizzard & The Lizard Wizard gerade einen erbitterten Kampf, wer zuerst krautnick.de betreten darf. Für den Fall, dass es auf ein Remis hinauslaufen wird – entscheiden Sie bitte selbst:
Satz 1: Die Band, deren abgekürzter Name sich anhört wie ein Radiosender aus den USA (… „Hi this is KGLW, and we are on air right now…“), ist wieder da – ohne je weg gewesen zu sein – und zwar mit ihrem 20. Studioalbum seit 2012.
Satz 2: King Gizzard & The Lizard Wizard sind für Melbourne, Victoria sowas wie Guided By Voices für Dayton, Ohio.
WeiterlesenKat Frankie – Shiny Things – Grönland Records 2022
Von Guido Dörheide (23.05.2022)
So – hier jetzt mal kein KBV – aber einen Vergleich mit Tara Nome Doyle halte ich nun noch mal für angebracht. Wenn Drittlandsangehörige gen Berlin ziehen, um dortselbst zu musizieren, kommen da oft wundervolle Sachen bei heraus, s. Iggy Pop, Lou Reed. Und nun hier Kat Frankie, gebürtig aus Tralien, seit 2004 mit Wohnsitz gemeldet in Berlin. Ich kenne bisher nur „Bad Behaviour“ aus dem Jahr 2018 und lese da wieder „Grönland“ – danke, Herbert! Gimmamaaanhäääzzurück – ich brauch danääää Libbäääää näch – Mit Flugzeugen in meinem Bauch habe ich mich dann Frankies nächstem Werk genähert, und denke – Wow! Sie lügt! „Shiny Things“ heißt nämlich das Werk, und die Dinge auf diesem Album glänzen vor allem in einer Farbe: Dunkelgrau bis Mattschwarz.
WeiterlesenEverything Everywhere All At Once – Daniel Scheinert & Daniel Kwan – USA 2022
Von Matthias Bosenick (18.05.2022)
Zweieinhalb Stunden opulentes und technisch überbordendes Kreativitätsgeballer! Dabei lässt sich die Handlung in einem Satz zusammenfassen: Mutter versöhnt sich mit Tochter. Dafür muss sie nur in unendlichen Parallelwelten gegen eine böse Widersacherin und eine kaum weniger böse Steuerbeamtin kämpfen, den wahlweise weisen und uneingeweihten Ratschlägen ihres die Scheidung ins Auge fassenden Gatten folgen, die heile Welt ihres in die Jahre gekommenen Vaters bewahren und alles in Allem einfach nur endlich als Mensch reifen. In Sekundenbruchteilen flackernde Alternativuniversen, Martial-Arts-Kämpfe, Drama, Humor, Warmherzigkeit, innere und äußere Querverweise, grandiose Schauspielende und eine soghaft erzählte komplexe Geschichte lassen diese zweieinhalb Stunden im Rausch vergehen.
Arcade Fire – WE – Columbia 2022
Von Guido Dörheide (16.05.2022)
Erstmal der Spoiler vorweg – ein Frontspoiler sozusagen – ich mag Arcade Fire, ich mag die Stimmen von Win Butler und Régine Chassagne und ich mag auch das neue Album „WE“. Ja – es ist pathetisch, ja – Arcade Fire sind sehr schnell vom Indie (auf Superchunks „Merge“-Label) in den Mainstream aufgestiegen, deutlich schneller als U2, vielleicht vergleichbar mit Coldplay, aber nein – sie haben es bei Weitem nicht so gründlich verkackt wie die Letztgenannten (eh klar – kaum ein Kanadier kann es in meinen Augen so schnell so richtig vermackeln).
WeiterlesenOcean Child: The Songs Of Yoko Ono – Canvasback/Atlantic 2022
Von Matthias Bosenick (16.05.2022)
Wenn man mit den Beatles überwiegend nix anfangen kann, nimmt man Yoko Ono dann in Sippenhaft oder findet man die vermeintlich nervige John-Lennon-Witwe dann erstrecht gut? Auf „Ocean Child“ sammelt Kurator Benjamin Gibbard einen Haufen alter Helden und Jungspunde, die dem Oeuvre der Avantgardekünstlerin anlässlich ihres 89. Geburtstags Tribut zollen – und von der Avantgarde bleibt hier nicht allzuviel übrig. Es ist natürlich schwierig, die aufgrund der Teilnahme von Yo La Tengo, David Byrne, Stephin Merritt und The Flaming Lips erworbenen Neubearbeitungen zu bewerten, wenn man die Originale nicht kennt, weil man für sich den Faktor Sippenhaft zur Anwendung bringt, aber für sich genommen sind die allermeisten der 14 Songs hier eher langweilig. Oder positiv ausgedrückt: Man kann zu diesem Album prima chillen.
The Black Keys – Dropout Boogie – Nonesuch 2022
Von Guido Dörheide (13.05.2022)
Knapp 34 Minuten zwischen dem Blues des Mississippi Delta und der Relaxtheit eines J.J. Cale und das Wetter spielt auch mit – das reicht für heute zum Glücklichsein absolut aus. Und ein schönes Gespräch mit einem tollen Menschen (das vielleicht vor allem) – aber zu hören, wie Dan Auerbach und Patrick Carney ihren Signaturklang zwischen Blues, Garagenrock, Lo-Fi und der eben schon zitierten Laid-Back-Heit ausleben und zelebrieren, macht unsäglich viel Freude. À propos Freu(n)de: Die beiden Musikanten binden einige Studiogäste mit ein, unter ihnen der mächtige Billy F. Gibbons. Dessen Gitarrenspiel (habe ich schon „bester noch lebender weißer Bluesgitarrist“ gesagt? Nein? Dann denken Sie es sich bitte an dieser Stelle.) sich anscheinend auch Auerbach zum Vorbild genommen hat, so lässig und dreckig kommt es teilweise rüber.