Martin „Gotti“ Gottschild & Lukas Adolphi – Die Cops ham mein Handy: Das Hörbuch – Lukas Adolphi 2018

Von Matthias Bosenick (18.10.2018)

Sich unausweichlich mit dem kolportierten Elend konfrontiert sehen zu müssen, ist das Brutale an der Hörbuchversion von „Die Cops ham mein Handy“: Mit diesem Büchlein veröffentlichte Lukas Adolphi vor gut einem Jahr den SMS-Verlauf eines Kleinkriminellen, der Adolphis Mobiltelefon nach dem Diebstahl benutzte und vor dem Geschnapptwerden nicht wieder löschte. Diese Texte offenbaren eine Gesellschaft, die mitten in Deutschland existiert und mit der man nicht in Berührung kommen möchte – trotz aller vermeintlich witziger Dummheit, Schrägheit, Trotteligkeit, Geilheit und Lachhaftigkeit, die aus den Köpfen der Beteiligten quillt. Nicht der Herausgeber übrigens, sondern Martin „Gotti“ Gottschild von Tiere streicheln Menschen liest das Buch in einer guten Stunde komplett vor.

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Dan Scary – Zu wahr, um schön zu sein EP – Dan Scary 2018

Von Matthias Bosenick (01.10.2018)

Sein Album „Dunkelpunk aus Unterwelt“ ist noch nicht so lang auf dem Markt, da legt Dan Scary mit einer EP nach. Auf „Zu wahr, um schön zu sein“ vertieft er seinen Stil: elektronisch unterfütterter Punk, der den Gothic Rock der Achtziger zitiert, als Grundlage für seine politischen und kritischen Texte. Unglaublich, aber er scheint für diese EP nochmal einiges an Druck, Klarheit und Akkuratesse dazugewonnen zu haben – dabei sind die Songs selbst schon fünf Jahre alt.

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Movin In Stereo – My Dear Effigy – Movin In Stereo 2018

Von Matthias Bosenick (01.10.2018)

Eine Singalong-Schwedenpunk-EP warfen Movin In Stereo in den elektronischen Briefkasten. „My Dear Effigy“ hält alle Versprechen: druckvoller Powerpunk, kurzweiliger Skandinavienrock, bierseliger Pubrock, bis in alle Fugen ausproduziert, saftig, eingängig, vertraut. Den Live-Support für den früheren Turbonegro Hank von Hell haben sie sich zu Recht verdient. Wer voll auf diese Gute-Laune-Tüte steht, sei hierauf dringlichst hingewiesen; wer aber meint, ein Dutzend Platten dieser Art im Regal reichen aus, der hört halt woandershin.

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Dominic Razlaff – Gentle – Beluga 2017

Von Matthias Bosenick (03.09.2017)

Wie jemand im Grunde mit nur einem einzigen Sound derart viele verschiedene Stimmungen erzeugen kann: Das ist die große Kunst im Ambient. Dominic Razlaff alias DR aus Braunschweig kann das. „Gentle“ ist eines seiner jüngsten Produkte (das wie vielt jüngste, weiß man bei dem Vielveröffentlicher nie so genau), und es erscheint als Kassette mit nur einem fast 20 Minuten langen Track. Man könnte es als Einschlafmusik bezeichnen, das funktioniert bestimmt ganz gut, aber dann versäumt man einen schieren Atlas an akustischen Landschaften.

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Dan Scary – Leichenwetter EP – Dan Scary 2017

Von Matthias Bosenick (15.08.2017)

Schwarzgefärbtes aus der DIY-Garage: Mit Recht beschreibt Dan Scary seine Musik als einen Mix aus Gruft und Punk. Alle Instrumente spielt er selbst, das Schlagzeug programmiert er, die Texte sind davon geprägt, dass ihn das, was er um sich herum wahrnimmt, mindestens anwidert. Seinen Protest drückt er nicht nur mit Wut, sondern auch mit von Wut geprägtem Humor aus. Musikalisch ist er deutlich in den Achtzigern sozialisiert; den Sound bekommt man heute eher selten noch zu hören. Zeitgemäß oldschool.

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Taxi Driver 100 – Compilation – Taxi Driver Records 2015

Von Matthias Bosenick (21.06.2015)

Eine herrliche Zufallsentdeckung im Urlaub ist das kleine Label Taxi Driver Records, das so heißt wie der dazugehörige Laden in Genua. Schwerpunkt ist Doom Metal in allen erdenklichen Spielarten, was bedeutet, dass filigran-schleppende schwarze Jazztöne ebenso vertreten sind wie Post-Rock, melodiöse Progressivität, kraftvoller Blues und 70er-selige Rifforgien. Das ist die richtige Musik für den Sommeranfang, die das Label nun mit einer kostenlos herunterladbaren Oeuvreschau anbietet.

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E-Egal – Ich hätt gern Pommes zu der Wahrheit – E-Egal 2015

Von Matthias Bosenick (02.06.2015) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour – der Stadtblog

Das Braunschweiger Quintett E-Egal steht als Beleg dafür da, dass Punk als Musikrichtung nicht so limitiert ist, wie sein Ruf es gerne suggeriert. Ohne typische Insignien kommen natürlich auch E-Egal nicht aus, sonst hätte man ja nun auch Probleme, deren Musik noch überhaupt im Punk zu verorten, aber die Jungs haben Ska, Funk, Pop, Metal und vieles mehr im Blut und genieren sich nicht, diese Bastarde ungebremst von der Kette zu lassen. Das macht diese erste LP der Band auch für Leute interessant, die beim reinen Punk womöglich weghören würden. Übrigens zeigt sich der Rezensent stolz, die handnummerierte 1 von 500 Exemplaren dieses Vinyls sein Eigen nennen zu dürfen.

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Aphex Twin – Computer Controlled Acoustic Instruments pt 2 EP – Warp 2015

Von Matthias Bosenick (17.02.2015)

Der Typ ist echt mal irre. Erst lässt Richard D. James jahrzehntelang gar nichts von sich hören, dann kommt wie aus dem Nichts das Aphex-Twin-Album „Syro“, gefolgt von gut neun Stunden Gratis-Material im Internet. Und aus dem nächsten Nichts liegt nun eine kleine EP vor. Deren Titel gibt grob vor, was man zu hören bekommt: „Computer Controlled Acoustic Instruments“ nämlich, was aber deutlich weniger abstrakt ausfällt, als man bei den bekannten Parametern annehmen könnte, und vielmehr den Abwechslungsreichtum des Komponisten belegt. Die halbe Stunde (oder 20 Minuten, je nachdem, ob man das Vinyl auf 33 1/3 oder 45 Umdrehungen hört) klingt unerwartet warm und angenehm.

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Thom Yorke – Tomorrow’s Modern Boxes – Landgrab 2014

Von Matthias Bosenick (05.01.2015)

Bei Thom Yorkes zweitem Soloalbum steht die Diskussion um den Vertriebsweg vor der um die Musik. BitTorrent, Bandcamp, Gratis-Downloads – und eine LP-Version für mindestens satte 40 Euro, das sind die Eckdaten zum Jahreswechsel. Damit sattelt Yorke auf den Coup um das Radiohead-Album „In Rainbows“ auf und macht sogar so ähnliche Musik, nur ohne Band dahinter, also rein elektronisch vertrackt mit seiner Stimme drin. Das Ergebnis ist jedoch eher Stimmung als Song – und damit latent enttäuschend, wenn auch auf hohem Niveau.

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Ethernet Orchestra – Diaspora – Pueblo Nuevo 2014

Von Matthias Bosenick (29.12.2014)

Dieser Text ist auch in Stefanie Krauses Magazin Kult-Tour Braunschweig veröffentlicht.

Uha, die wissen, wie man Angst und Beklommenheit in Musik verpackt, und das auch nur nebenbei, unbeabsichtigt. Das Ethernet Orchestra improvisiert sich live mit internationaler Besetzung eine Musik zurecht, die von Formatradiohörern als solche sicherlich nicht mehr zu erkennen ist. Rhythmen entstehen, wenn überhaupt, dann nur rein zufällig, Melodien beinahe gar nicht, stattdessen flirren Sounds aus allen erdenklichen Quellen umeinander herum: Trompete, arabische Percussion, Obertongesang, Drones, Samples, Singende Säge, Gesang, diverse Saiteninstrumente, Field Recordings und vieles mehr, das man als Laie nicht einmal zu erkennen vermag. Zum vollständigen Genuss ist es vermutlich nicht unerheblich, zu wissen, wie die Stücke entstanden sind: live und virtuell nämlich, per Internet vernetzt, als vom Orchester so genante Tele-Improvisation. Damit ist in gewisser Weise weniger das Ergebnis als vielmehr die Entstehung die Besonderheit an „Diaspora“.

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