Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Die Discounter

Von Onkel Rosebud

In meiner Jugend habe ich auch mal in einem Supermarkt gearbeitet. Damals hieß das noch Konsum und war im Volksmund eine Abkürzung für „Kauft ohne nachzudenken schnell unseren Mist“. Das schnörkellose Gebäude befand sich auf der Rosa-Luxemburg-Straße, Ecke Karl-Liebknecht-Platz meiner Geburtsstadt. Kein Scheiß. Eigentlich wollte ich in der Getränkeabteilung arbeiten, aber Sportfreund Röder, der Leiter der Konsumgenossenschaft und Mäzen des örtlichen Fußballklubs namens „Einheit“, war der Meinung, dass mein Talent im Nachfüllen der Obst- und Gemüseregale bestand. Also hauptsächlich Kartoffeln, rote Bete, Kohl aller Spielarten und sonstige regionale Agrarprodukte sowie Zeugs in Dosen. Das Highlight war immer die Woche vor Weihnachten. Da gab es Kuba-Orangen und meine Aufgabe bestand darin, darauf zu achten, dass jeder Kunde nur zwei von den Dingern in den Einkaufskorb legte. Mit dem Hintergrund war die Serie für mich natürlich ein Muss.

„Die Discounter“ ist in erster Linie eine Serie von jungen für junge Leute. Krasse Sprache, Sex, kein Sex, Rumgedisse, laute Vorwitzigkeit… man könnte „jung“ auch mit „Spät- und immer-noch-Adoleszente“ ersetzen. Meine Freundin ist also ganz klar nicht die Zielgruppe.

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Spezial: Schneider Collaborations – Sechs Veröffentlichungen – Schneider Collaborations 2024

Von Matthias Bosenick (09.10.2024)

Der vielbeschäftigte Zauberdrummer Jörg A. Schneider haut gleich sechs international besetzte Veröffentlichungen am Stück heraus: Zwei seines, nun, Bandprojektes Teen Prime mit Gitarrist Sebastian Fäth aus Berlin, zwei Collaborations mit Thisquietarmy alias Eric Quach aus Montreal, eine mit Dirk Serries aus Antwerpen und eine mit Luís Lopes aus Lissabon. So entfesselt er auch bisweilen auf sein Schlagzeug eindrischt, so unterschiedlich sind diese improvisierten Alben geraten:

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The The – Ensoulment – Cinéola/Ear Music 2024

Von Matthias Bosenick (08.10.2024)

Matt Johnson reaktiviert The The – und klingt wie früher, wie man ihn liebt, mit wunderschönen Melodien, mit durchdringender Stimme vorgetragen, und sanften bis satten Songs, hier indes, anders als ganz früher, mit einer Rockband dargeboten, nicht mehr so elektronisch unterfüttert, also eher an die Neunziger ab „Dusk“ angelehnt. Dabei stellt man fest: Egal, was er wie macht, es wird gut. „Ensoulment“ ist nach einigen Singles, Soundtracks, Official Bootlegs und dem Live-Album das erste Studio-Album von The The seit „NakedSelf“ aus dem Jahr 1999. Obschon man auf ein neues Album von The The längst nicht mehr wartete, hat sich die Zeit gelohnt: „Ensoulment“ ist so gut, man würde für ein weiteres Album von Johnson in der Qualität auch weitere 25 Jahre ausharren.

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René Seim – Eine Peitsche aus Sand – Windlustverlag 2024

Von Matthias Bosenick (07.10.2024)

Unveröffentlichte Lyrik aus den zurückliegenden 20 Jahren, ergänzt um Grafiken von Anne Zückert, kredenzt der Verleger, Labelbetreiber, DJ und Dichter René Seim aus Dresden in seinem neuen Buch mit dem kopfverdrehenden Titel „Eine Peitsche aus Sand“. Obschon sein Humor abermals ein unterschwelliger bis offenbarer Begleiter ist, erwecken Seims Gedichte dieses Mal weiträumig den Eindruck von Melancholie und Einsamkeit, denen der Dichtende jedoch zumeist entwaffnend begegnet. Er übertüncht die dunkle Grundierung farbenfroh und gibt den Lesenden mit ähnlicher Gemütslage damit Werkzeuge an die Hand, mit denen sie ähnlich verfahren können. Alle anderen erfreuen sich an indirekten Bildern, verknappter Komplexität und sprachlichen Spielereien.

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Anubis – The Unforgivable – Bird’s Robe Records 2024

Von Matthias Bosenick (04.10.2024)

Das geht einmal quer durch die Welt: Die Band mit dem nach einem ägyptischen Gott benannten Namen Anubis kommt aus Sydney und singt auf ihrem siebten Album „The Unforgivable“ über einen Mann, der im mittleren Westen der USA einer Sekte mit dem schönen Namen „The Legion Of Angels“ verfällt und ihr wieder zu entkommen versucht; das Cover spiegelt dies beklemmend wieder. Da passt ja außerdem der Bandname wie die Faust aufs Butterbrot. Ihre Musik beschreibt das nunmehr seinen 20. Geburtstag feiernde Sextett selbst als Cinematic Progressive Rock, das kann man so annehmen und sich darüber freuen, dass es trotz epischer Hymnen und emotionaler Elegien zwischenzeitig auch mal zur Sache geht und die zahlreichen Saiteninstrumente dem Aspekt Rock mehr Gewicht verleihen.

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Nilüfer Yanya – My Method Actor – Ninja Tune 2024

Von Guido Dörheide (03.10.2024)

Seit 2016 tummelt sich Nilüfer Yanya aus London, UK, auf dem Schallplattenmarkt, zunächst mit einer Handvoll Singles und EPs und dann 2019 mit dem bescheiden und zurückhaltend betitelten Debütalbum „Miss Universe“. Für mich eine der Albumsensationen eines an Albumsensationen nicht eben armen Jahres, somit finde ich persönlich, der Titel geht voll in Ordnung. Ebenso wie „Painless“ aus 2022, ein ebenso tolles Album wie das Debüt. Und nun also „My Method Actor“, auf dessen Cover Frau Yanya spärlich bekleidet vor einem Spiegel sitzt, als hätte sie vor, mittels guten Aussehens von der dargebotenen Musik abzulenken. Aber wurscht, das hat sie nicht nötig und das Cover-Artwork wirkt auch nicht irgendwie effekheischerisch, eher fragt man sich, warum sie da auf dem Sims vor dem Spiegel einer hässlich/muss-man-mögen-aus-den-80ern grünbeige-rosa gestalteten WC-Räumlichkeit sitzt. Yanyas Gesichtsausdruck hingegen bildet die Stimmung des Albums perfekt ab: Leicht fragend, melancholisch, wie die Musik auf „My Method Actor“, das musikalisch mit ein wenig weniger Schmackes daherkommt als die beiden Vorgängerinnenalben.

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Thurston Moore – Flow Critical Lucidity – The Daydream Library Series 2024

Von Guido Dörheide (03.10.2024)

Oh Mann, Thurston Moore! Obwohl der Platten- und Buchsammler und begeisterte Kreuzworträtsellöser seit der Auflösung seiner Band Sonic Youth im Jahr 2011 eigentlich mit schöner Regelmäßigkeit (2011, 2014, 2017, 2019, 2020) neue Alben rausbringt, hatte ich ihn für dieses Jahr eigentlich so gar nicht auf dem Zettel. Passt aber gut, schließlich rezensierte ich vor kurzem das Album „The Collective“ von Moores Ex-Frau, Kim Gordon. Gordon und Moore waren seit 1980 ein Paar, seit 1984 verheiratet und betrieben Sonic Youth von 1981 bis 2011, dem Jahr, in dem auch ihre Ehe in die Brüche ging, die meiste Zeit über mit Lee Ranaldo an der zweiten Gitarre und Steve Shelley am Schlagzeug. Die Trennung im Hause Moore/Gordon und bei Sonic Youth haben mich damals ziemlich aufgewühlt, weil ich einerseits Gordon und Moore immer für ein schönes und tolles Paar hielt (hirnverbrannter Schwachsinn natürlich, da ich ja beide gar nicht persönlich kenne und mir über ihr Beziehungsleben ohnehin keine Kenntnisse hätte anmaßen können, selbst wenn ich sie persönlich gekannt hätte) und mir andererseits nie vorstellen konnte, dass es mit Sonic Youth jemals ein Ende nehmen könnte. Ja klar, ihre Alben wurden immer langweiliger und ruhiger, aber nie schlecht, und logisch, Großtaten wie „Daydream Nation“ (1988), „Goo“ (1990) und „Dirty“ (1992) konnten auch nicht getoppt werden. Nicht von Sonic Youth und auch nicht von irgendwem anders.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Wohin mit dem Hass?

Von Onkel Rosebud

Ich habe festgestellt, dass ich das Wort Hass inflationär benutze, um eine Abneigung zu beschreiben. Meine Freundin mag das nicht. Sie lehnt jede Form von Radikalisierung ab und findet, Hass ist ein gewagter Ausdruck und vergiftet die Seele. Mit dem Hass ist es aber eine seltsame Sache. Ich wiederum neige nicht nur ab und zu zur Übertreibung, sondern habe bei dem Thema auch kognitive und psychologische Tendenzen in Richtung starker emotionaler Antworten. Am deutlichsten zeigt sich das im Straßenverkehr. Lahmarschiges Anfahren von Teilnehmern an Ampeln mit kurzer Grünphase oder die Parkplatz-Anfahrsituation: Ein Sucher fährt langsam in der Mitte der Straße und blinkt nicht, bevor er (meistens ein Er) einparkt. Um dann zwei Parkplätze gleichzeitig auszufüllen, oder, oder, oder. Das bringt mich zur Weißglut und lässt mich Beleidigungen brüllen.

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Giants Dwarfs And Black Holes – Echo On Death Of Narcissus – Sireena Records 2024

Von Matthias Bosenick (02.10.2024)

Von wegen, das rheinmainische Quartett Giants Dwarfs And Black Holes ist musikalisch an die Siebziger angelehnt: Sicher, die Wurzeln psychedelischer und progressiver Rockmusik finden sich auch auf dem dritten Album „Echo On Death Of Narcissus“ sehr ausgeprägt, aber strukturell ist die Musik doch wesentlich moderner, in ihren sonstigen Zutaten ebenso, solch eingestreute Riffs etwa gab es in dem Sound vor 50 Jahren noch nicht, und überhaupt, die vielfach überschrittenen Grenzen, das Selbstbedienen bei allem, was ansonsten noch so mit Rock’n’Roll-Instrumentarium machbar ist. Dazu der changierende Gesang von Christiane Thomaßen, die ihre Stimme sogar mal ins Soulige bringt. Ab ins All, da knistert die Sportzigarette!

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Mt. Oriander/Amid The Old Wounds – Split – Time As A Color 2024

Von Matthias Bosenick (01.10.2024)

Der Herbst ist da, und mit ihm ein passender Soundtrack: Melancholie, Innerlichkeit, Selbstreflexion, Einkehr transportieren die drei Songs, die die zwei Emos Mt. Oriander alias Keith Latinen und Amid The Old Wounds alias Daniel Becker auf dieser Split-7“ zusammentragen. Während letzterer das Singer-Songwritertum solo an der Akustischen auslebt, präsentiert sich ersterer voll instrumentiert im milden Shoegaze-Indierock-Gewand. Die schönen Songs wären noch schöner mit einem etwas unschrägeren Gesang, aber irgendwie passt das ja auch in den Herbst, nech!

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