Goethes Erben – Menschenstille – Dryland Records/Samsonido 2015

Von Matthias Bosenick (03.02.2016)

Ist das nicht gruftig? Goethes Erben sind nicht tot, sie riechen nicht mal komisch. Oswald Henke erweckte seine alte Band von den Toten, um mit ihr im Oktober 2015 in Bayreuth ein Musiktheaterstück über das Sterben auf die Bühne zu bringen. Nun ist ja kein Konzert der Erben jemals frei von Theater gewesen und Henke somit auch hier in seinem natürlichen Element. Für die zwei Aufführungen, die diesem Mitschnitt auf DVD zugrunde liegen, fuhr der Mann alles auf, was ihm an Opulenz einfiel, in Sachen Musikern, Tänzern, Arrangeuren und Bühnendekorateuren. Unfassbar aufwändig. Das ergibt fast drei Stunden schwere Kost, die nicht zwingend eine Geschichte erzählt, aber dramatische Inhalte transportiert. Und optisch durch die Monochromie fokussiert ist: Das Sterben ist ästhetisch grau. Ein Teil der Musikstücke lässt sich auch fein ohne die Bilder zu Gemüte führen, dafür gibt es ein Destillat des Stückes auf CD. Einziger Wermutstropfen: Die gottlob nur selten eingesetzte Kraushoferin ist nicht mal ansatzweise ein Ersatz für Mindy Kumbalek.

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Front Line Assembly – Kampfbereit – MDV Visual 2015

Von Matthias Bosenick (04.01.2016)

So ganz still und nebenbei erscheint auf einem Minilabel ein nicht ganz so stilles Livedokument der 2011er-Tour der kanadischen EBM-Helden Front Line Assembly. Der 75-minütige Mitschnitt stammt vom Kinetik Festival in Montreal (und die Bilder dazu von der dazugehörigen Nordamerika-Tour). Das dazugehörige Album „Improved Electronic Device“ sah den vermehrten Einsatz von E-Gitarren vor, wie seinerzeit auf „Millennium“, dem Album, das FLA 1994 auch in Industrial-Kreisen bekannt machte, und die Gitarren donnern folgerichtig auch in diesem Set ganz gehörig. So sehr, dass die elektronischen Elemente etwas untergehen. Sieht man davon ab, ist „Kampfbereit“ ein mehr als nur ordentlicher Film, den es sich aufgrund seiner geschickten Schnitte auch zu gucken lohnt.

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Devin Townsend Project – Ziltoid Live At The Royal Albert Hall – InsideOut/Century Media 2015

Von Matthias Bosenick (15.12.2015)

Die letzten zehn Minuten dieses 2:47-Stunden-Konzertes rechtfertigen den Erwerb. Sie zeigen, dass Metaler, Hippies und Punks einfach die besseren Menschen auf dieser Welt sind. Popstar Devin Townsend holt nicht nur seine gesamte Crew, sondern auch seinen kleinen Sohn auf die Bühne, und alle intonieren „Universal Flame“, strahlen, hüpfen, singen, schwenken Ziltoid-Figuren und haben die beste Zeit ihres Lebens. Da gehen Herzen auf. Und man vergisst, wie sehr die kaffeesüchtige Weltraumfigur Ziltoid vorher zu nerven in der Lage war. Eigens für dieses Konzert in der Royal Albert Hall führte Devin Townsend mit seinem Project das jüngste Album „Dark Matters“ komplett auf und ergänzte es um ein online gewähltes Best-Of-Programm. Wer viele Livealben von Devin hat, braucht dieses nicht wirklich zwingend auch noch, denkt man – aber nur bis kurz vor Ablauf.

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Between Dog And Wolf: The New Model Army Story – Matt Reid – Cadiz Film/Hustler Street Films 2015

Von Matthias Bosenick (07.12.2015)

Man mag sich kaum vorstellen können, dass es eine ausreichende Betrachterschaft für eine Dokumentation über New Model Army gibt. Doch sagt es der vorliegende Film selbst: Zwar hat die Band aus Bradford in England keine richtigen Hits, aber dafür eine getreue Gefolgschaft, auch in mehr als 30 Jahren. Dann sieht man sich diesen Film an und sich danach darin bestätigt, dass es gut ist, Fan dieser Band zu sein. Die Musiker sind unangepasst, kreativ, musikalisch ausdrucksstark und charakterlich sympathisch. Sie haben keine Allüren und erfüllen keine Rockstarklischees. Gottlob. Dafür trugen ihre Fans in den Achtzigern Holzclogs und entwickelten einen eigenen Tanzstil. Weiß das wer? Und es gibt in diesem Film noch so viel mehr zu entdecken.

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Helge Schneider – Lass k(n)acken, Helge! – Universal/Polydor 2015

Von Matthias Bosenick (06.09.2015)

Der Ruhestand ist nichts für den respektabelsten humorschaffenden Entertainer im deutschsprachigen Raum: Helge Schneider macht die Scorpions und kommt mit dem Programm „Lass k(n)acken, Oppa!“ nach seinem Abschied doch wieder auf Tour. Um das zu promoten, gibt es einen Konzertmitschnitt fast gleichen Titels von der Abschiedstour im vergangenen Jahr auf DVD, mitgeschnitten in Berlin. Zu sehen sind haufenweise Lieder aus seiner Bühnenanfangszeit und zwei neuere Stücke. Wie gewohnt garniert Schneider seine feinen Jazzstücke mit komödiantischen Einlagen. Die gestalten sich erheblich anders als vor 20 Jahren, als er sich in der deutschsprachigen Humorkiste platzierte. Nicht schlechter, aber eben anders. Der Bonus dieser DVD indes ist beschämend beleidigend.

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Meshuggah – The Ophidian Trek – Nuclear Blast 2014

Von Matthias Bosenick (31.12.2014)

Wenn zwischen zwei Live-Veröffentlichungen lediglich ein Studioalbum liegt, muss sich das jüngste Live-Dokument nicht nur den Vergleich zum Vorgänger gefallen lassen, sondern auch die Frage nach seiner Relevanz. Zwischen „Alive“ (2010) und dem neuen „The Ophidian Trek“ erschien lediglich „Koloss“ (2012), das die meisten inhaltlichen Unterschiede zwischen den Live-Alben beisteuert. Filmisch ist „Alive“ knackiger gelungen, der Sound ist beim Vorgänger ebenfalls besser, und was jetzt außerdem ausbleibt, ist die Überraschung darüber, dass die fünf Schweden ihre hochkomplexen Metalstücke tatsächlich live rekonstruieren können; das war der große Aha-Effekt auf „Alive“ für alljene, die die Band nie live gesehen hatten. Ein Vorteil ist, dass die Songs auf „The Ophidian Trek“ nicht unterbrochen sind, zeigte doch „Alive“ Impressionssequenzen zwischen den Tracks. Die Songs indes sind natürlich auf beiden Werken geil.

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Goethes Erben – Rückkehr ins Niemandsland – Genom 2014

Von Matthias Bosenick (27.11.2014)

Mit Goethes Erben wird Oswald Henke offenbar niemals so richtig fertig, auch wenn er das immer wieder betont. Seit acht Jahren ruhen die Aktivitäten dieser in Gruftikreisen der „Neuen Deutschen Todeskunst“ zugeordneten Band, aber in jüngster Zeit ist Henke unter dem alten Namen wieder auf Bühnen unterwegs, anlässlich des 25. Geburtstags der Erben. Wer sich vorab zum Kauf verpflichtete, erhielt eine Doppel-DVD von der Jubiläums-Show, „Rückkehr ins Niemandsland“, auf der der Fan zwei Stunden Goethes Erben live mit dem typischen theatralischen Gestus des Lyrikers und Schauspielers Henke findet. Man kann natürlich diskutieren, ob man Henkes Anti-Erben-Haltung und Doch-noch-Rückkehr ernst nehmen kann. Interessanter ist jedoch, wie man als Herausgewachsener selbst mit der musikalischen Zeitreise umgeht.

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Gojira – Les enfants sauvages – Roadrunner 2014

Von Matthias Bosenick (09.04.2014)

Roadrunner, das Label der besonders limitierten Sondereditionen, veröffentlicht das dritte Live-Dokument von Gojira. Kann man verstehen, denn die Franzosen brachten in 20 Jahren erst fünf Studioalben heraus, da hat man es als Label schon schwer, die Kuh zu melken, insbesondere, wenn sie bei der Zielgruppe so einen guten Ruf hat. Den hat sie berechtigt: Gojira machen abwechslungsreichen und (man muss das Industriewort hier verwenden) innovativen Death-Black-Metal mit Groove, Tapping, Melodien und Umweltschutzthemen. „Les enfants sauvages“ belegt das in aufwändiger Verpackung.

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Stop Making Sense – Jonathan Demme & Talking Heads – USA 1984

Von Matthias Bosenick (20.01.2014)

Dieser Text ist auch erschienen auf der Seite des Café Riptide.

Freitag, 17. Januar

Was Braunschweig schon wieder für ein Glück hat. Eigentlich war es vom Verleih anscheinend gar nicht vorgesehen, den Film „Stop Making Sense“ im Kino wiederaufzuführen. Am 27. Februar erscheint Jonathan Demmes 1984 erstmals gezeigter Konzertfilm über die Talking Heads zwar als Neuauflage auf DVD und BluRay, aber nicht für den Kinobetrieb. Außer, man hat es mit dem Universum-Kino zu tun, genauer: mit Beate, die die Sound-On-Screen-Reihe mit dem Riptide organisiert. Für die Januar-Ausgabe der Reihe holte sie sich aus New York die Erlaubnis, „Stop Making Sense“ zum 30. Geburtstag des Films doch noch mal auf großer Leinwand zur vollen Entfaltung zu bringen. Und Braunschweig weiß diese Initiative zu würdigen: Schon Tage im Voraus ist der Film ausverkauft. Das ist erst das ungefähr fünfte Mal, dass ein Sound-On-Screen-Film bis zum letzten Platz belegt ist.

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Devin Townsend – The Retinal Circus – InsideOut/Universal 2013

Von Matthias Bosenick (04.10.2013)

Whoa, gigantisch! Vom ersten Ton an bläst einen dieser Konzertmitschnitt in den Sitz. So also kann Heavy Metal klingen, so vielfältig und gutgelaunt wie bei Devin Townsend. Der feierte 2012 sein 20-jähriges Bühnengebaren in London mit einer Best-Of-Setlist und einer zirkusreifen Artistikshow. Das Ganze fügt der Maestro in eine Story ein, die zweieinhalb Stunden dauert und nicht für eine Sekunde langweilt. Das ist größtmögliches Kino.

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