ReMission International – TOS2020 – SPV/Oblivion 2020

Von Matthias Bosenick (13.10.2020)

Wayne Hussey steht nackt im Wind: Anlässlich der übermenschlichen Leistungen, die Pflegekräfte, Gesundheitsdienste und sonstige caritative Einrichtungen im Zuge der Coronakrise zu erbringen haben, fühlt sich der The-Mission-Chef dazu angespornt, den gebeutelten Protagonisten monetäre Hilfe zukommen zu lassen, und generiert die Gelder aus dem Erlös einer Charity-Single. Dafür lässt er seinen alten Hit „Tower Of Strength“ von weltberühmten Kumpels aus der Szene neu einspielen, einsingen oder remixen, nennt das Projekt ReMission International und den Song nunmehr „TOS2020“. Das Ergebnis lässt sich hören, die Opulenz des Gothic-Rock-Hits bleibt erhalten, und doch kommen Ahnungen von „Do They Know It’s Christmas?“, „Ferry Cross The Mersey“, „Sun City“, Ferry Aid oder „We Are The World“ auf, wenn sich die Singenden die Mikroklinke in die Hand geben.

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Sandkamper – Narzissmus – RecordJet 2019

Von Matthias Bosenick (30.07.2020)

Stoner-Sound mit Grunge-Riffs – auf Deutsch: Sandkamper ist das Solo-Alter-Ego des Wolfsburgers Maurizio Menendez Cina, der unter anderem bereits mit Squintaloo auf sich aufmerksam machte. Mit seiner EP gibt er einen groovenden Einstand als Solist, komplett frei von Bandverpflichtungen und Mitmusikermitsprache, feiert seine Vorbilder und verarbeitet seine Erlebnisse. So aggressiv kann Enttäuschung klingen.

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October Burns Black – Reflections – Outland Media/OBB 2019

Von Matthias Bosenick (21.02.2020)

Es ist nicht immer ratsam, sich sämtliche Projekte zuzulegen, an denen Musiker seiner früheren Helden beteiligt sind. Grundsätzlich birgt diese Art des Sammelns zwar eine potentielle Horizonterweiterung, aber es gibt eben auch Ausnahmen, und zu denen gehört das Projekt October Burns Black. Von früheren Helden beteiligt ist hier Simon Rippin, Schlagzeuger unter anderem der Fields Of The Nephilim. Diese international zusammengesuchte Supergroup nun spielt auf ihrer zweiten EP „Reflections“ bestens produzierten und komponierten Gothic Rock – jedoch nahezu ohne eigene Note. Tut nicht weh, tut aber leider auch sonst nicht viel.

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Dan Scary – Wohnhaft in der Leckt-Mich-Allee – Dan Scary 2019

Von Matthias Bosenick (06.01.2020)

Der Düsterpunk ist gnatzig, und die Gegenwart gibt ihm Recht dazu. Auf seiner neuen EP „Wohnhaft in der Leckt-Mich-Allee“ zieht er das Tempo und die Aggressivität seines gothicbefeuerten Elektropunks an, und textlich zieht er einen Kreis um sich herum, besser: um die rechtsgerückte Welt um sich herum. Dies vollbringt er weniger anklagend als beschreibend und vergisst dabei nicht, dass man dazu auch pogen, mit dem Kopf nicken oder drei Schritte vor und drei zurück gehen können sollte.

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Aphex Twin – Collapse EP – Warp/Rough Trade 2018

Von Matthias Bosenick (02.11.2018)

Da bringt der lustige Spaßvogel mit dem unüberblickbaren Output nach zwei Jahren Scheinstille lediglich eine EP heraus. Mit den je nach Format vier bis fünf Tracks zeigt sich Richard D. James von seiner erwachsenen Seite, die er seit dem Album „Drukqs“ hegt und pflegt: weniger Fläche, mehr Verschachtelung, weniger Geradlinigkeit, mehr Experiment, trotz der Künstlichkeit erfreulich warm – IDM auf der Höhe der Zeit und abseits aller Erwartungen. Man kann Aphex Twin einfach nicht vorhersagen, da fällt nachvollziehen schon schwer. Großes Kleinformat!

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John Doe – Strawberry Girl – John Doe 2018

Von Matthias Bosenick (01.10.2018)

Der erste neue Tonträger seit zehn Jahren ist nach dem selbstbetitelten Album eine EP mit vier Songs, auf der die Wolfsburger John Doe den Rock aus vielen Quellen in einen Fluss leiten und damit überraschen, dass sie bei allem Spaß an der Sache und aller Lustigkeit mancher Beteiligter auf eine Art und Weise erwachsener klingen, die beinahe beängstigt. Das Leben muss so einiges mitgebracht haben, das den Furor erweckte. Steht ihnen gut!

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Dan Scary – Zu wahr, um schön zu sein EP – Dan Scary 2018

Von Matthias Bosenick (01.10.2018)

Sein Album „Dunkelpunk aus Unterwelt“ ist noch nicht so lang auf dem Markt, da legt Dan Scary mit einer EP nach. Auf „Zu wahr, um schön zu sein“ vertieft er seinen Stil: elektronisch unterfütterter Punk, der den Gothic Rock der Achtziger zitiert, als Grundlage für seine politischen und kritischen Texte. Unglaublich, aber er scheint für diese EP nochmal einiges an Druck, Klarheit und Akkuratesse dazugewonnen zu haben – dabei sind die Songs selbst schon fünf Jahre alt.

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October Burns Black – Fault Line – Outland Media 2018

Von Matthias Bosenick (06.09.2018)

Man hat als Künstler alle Möglichkeiten der Welt offen, besonders, wenn man schon jahrzehntelang aktiv ist. Da schließen sich also diverse altgediente Mucker aus der Gruftiszene 2015 zur Band October Burns Black zusammen und spielen nun eine EP ein – die dem Genre Gothic Rock aber auch gar nichts hinzufügt. Sie können das sehr gut, was sie machen, okay, aber das hat man so oder so ähnlich bereits im Regal stehen, zigfach. Eine Enttäuschung auf hohem Niveau.

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Nine Inch Nails – Bad Witch – The Null Corporation/Capitol/Caroline 2018

Von Matthias Bosenick (22.08.2018)

Der Thron ist leider frei, doch Trent Reznor gebührt er nicht, auch wenn er auf der neuen Nine-Inch-Nails-EP gern so singen will wie David Bowie. An den restlichen Stellen der sechs Tracks klingt die Musik immerhin endlich mal wieder nach seiner eigenen, also nicht mehr so antiseptisch. Und dennoch findet er den Anschluss an sein letztes Großwerk „The Fragile“ von 1999 in diesem Leben wohl nie wieder, das gibt seine geläuterte Seele offenbar nicht mehr her.

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Nine Inch Nails – Not The Actual Events/Add Violence – The Null Corporation 2017

Von Matthias Bosenick (04.12.2017)

Zwei EPs zum Preis von und in der Spielzeit eines Albums: Trent Reznor macht die jüngsten Vinyl-Veröffentlichungen seines dem US-Industrial zugeordneten Hauptprojektes Nine Inch Nails jetzt auch für Europäer physisch zugänglich, wenn auch lediglich als CDs. Hier bekommt man alles, was man kennt. Und das ist genau das Problem. Ist ja alles recht nett und niveauvoll zusammengetackert, aber mit Blick auf das vor allem schon länger zurückliegende Werk ohne Innovationen. Und ohne den emotionalen und narrativen Zusammenhalt, den Alben wie „The Fragile“ und besonders „The Downward Spiral“ so exorbitant gut machten.

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