Dirk Serries – The Might Of Stars Sublime – Audiophob 2025

Von Matthias Bosenick (22.05.2025)

Heimlich wie die Kraft der Sterne bedient sich Dirk Serries für den Titel seines neuesten Albums (obwohl das zum Zeitpunkt der Niederschrift bei dem vielbeschäftigten Antwerpener vermutlich nicht mehr zutrifft) „The Might Of Stars Sublime“ bei Johann Wolfgang von Goethes Gedicht „Glück der Entfernung“. So poetisch wie der Titel ist auch die Musik, möchte man sagen. Dieses Mal hat sein mit der E-Gitarre erzeugter Ambient mehr Modulation als auf anderen Veröffentlichungen dieser Art, man ist beinahe geneigt, zu sagen: mehr Tempo, was bei beatlosem Ambient natürlich etwas schwierig zu ermitteln ist. Strahlende Schönheit liegt ihm ebenso inne wie beklemmende Spannung.

Die Musik auf diesen fünf Tracks bewegt sich mehr, die Modulationen geschehen wahrnehmbarer. Auf vergleichbaren Alben strecken sich die Tonlagenänderungen bisweilen in den mehrstelligen Minutenbereich, hier geschehen sie wahrnehmbarer, expliziter. Rasanter wäre das falsche Wort, weil man den Bereich des Ambient hier nicht verlässt, dennoch hat sich das Tempo hier erhöht. Aufgrund der Sounds, die Serries hier und überhaupt generiert, erwartet man das komplett Verlangsamte, und fühlt sich dann, wenn er sich etwas flotter bewegt, quasi überrumpelt. Es entsteht eine Art Beklemmung, ein Unbehagen, wenn das, was den Hörenden ansonsten entspannen soll, unerwartet Spannung erzeugt. Und schon ist man gefangen von den Sounds hier.

In „A Soft Glow“ klingt Serries‘ Gitarre wie zwei Orgeln: eine generiert eine deckende Soundscpae im Hintergrund, die zweite im Vordergrund in anderer Tonlage eine Melodie. Hier entsteht der Eindruck erstmals, alles sei zu schnell, obschon es immer noch sehr langsam vonstattengeht, wie Serries seine Gitarre und die Effektgeräte bearbeitet. Man ist verunsichert, fürchtet einen Angriff, als bäume sich da etwas in der Musik auf, um den unbedarften Hörenden zu attackieren, doch dies geschieht nicht, Serries hat das Biest unter Kontrolle, vermutlich windet es sich deshalb so vergleichsweise ungestüm.

Für „Evocation“ wechselt Serries die Ausprägung der Sounds, hier klingt die Gitarre wie ein unbestimmtes Instrument in einem nebligen Hallraum, ebenfalls leicht beschleunigt variiert. Anders in „Carved Into Oscillation“, da nimmt Serries das Tempo erstmals heraus. Hier klingt die Gitarre wie dunkler Atem, bald cineastisch, warm, weich, beruhigend, und die Anflüge von Unbehagen sind verschwunden. Mit „Form Reversal“ kehren sie zurück, denn das Stück erhebt sich bedächtig schlängelnd aus dem Abgrund, es entwickelt einen Rausch und ist beinahe melodiös, so wie der Auftakt. Das Quasi-Titelstück „The Stars Sublime“ kommt komplett ohne den Fuzz aus, ohne das Diffuse, ohne Drones: Die Gitarre ist weitgehend klar gespielt, die zweite Ebene erinnert abermals an eine Orgel.

Bill Murray erzählt den Teetrinkern RZA und GZA, dass er vor dem Schlafen Kaffee trinkt, damit er dann schneller träumt, und so wirkt „The Might Of Stars Sublime“ ebenfalls ein wenig: Es ist alles etwas beschleunigt, damit man schneller entspannt. Aber wie gesagt, lediglich im Vergleich zu anderen Arbeiten von Serries, für sich gehört ist dies immer noch chillig-schleppendes Gitarren-Drone-Ambient. Schön und entspannend, wenn es im Hintergrund läuft, und umso spannender und detailreicher, wenn man die Konzentration darauf lenkt. Und während man dies liest, hat Serries 393 neue Alben herausgebracht.