Gundermann – Andreas Dresen – D 2018

Von Matthias Bosenick (28.08.2018)

Abseits der seit 29 Jahren heißverhökerten Ostalgie gibt es in Sachen DDR noch so einiges aufzuarbeiten: etwa die Situation, wenn man herausfindet, dass sich ein Vertrauter als Stasi-Spitzel entpuppt. Andreas Dresens neuer Film „Gundermann“ erzählt davon aus der Sicht des real existierenden Sängers Gerhard Gundermann, der zeitgleich Rebell und IM, Täter und Opfer war. Damit richtet der Film zeitgleich den Blick auf ein weiteres Kapitel: die in der Gesamtrepublik verschwundene Kultur der DDR – von der Band Gundermann & Seilschaft hat bestimmt noch nicht jeder gehört. Großartiger, wichtiger Film.

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Stanley Kubrick – 2001: A Space Odyssey (Unrestored 70 mm) – USA/GB 1968

Von Matthias Bosenick (05.07.2018)

50 Jahre alt und bis heute nicht nur in seinem Genre ungeschlagen: „2001: A Space Odyssey“ übertrifft kein Science-Fiction-Film davor oder danach, nicht einmal die originale „Star Wars“-Trilogie, und auch sonst reichen kaum andere Filme an diese Klasse heran. Zum 50. Geburtstag kommt Stanley Kubricks Kunstwerk von den Original-Negativen kopiert als 70-Millimeter-Version erneut ins Kino, komplett ohne Überarbeitung, so authentisch wie nur möglich und inklusive der ursprünglichen „Intermission“. Ein Fest!

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Sun Ra: Space Is The Place – John Coney – USA 1972/74

Von Matthias Bosenick (18.05.2018)

Mit einer fragwürdigen Lösung antwortet der dem Freejazz zugerechnete Avantgardist Sun Ra auf den Umstand, dass Schwarze in den USA noch Anfang der Siebziger nicht gleichberechtigt sind: Festgemacht an der Tatsache, dass die NASA keine Schwarzen an ihren Raumfahrtprogrammen beteiligt, will er die schwarze Gemeinde kraft seiner Musik auf einen weißenfreien Planeten umsiedeln. Doch eine Art Mephisto, ein Schwarzer, der sich dem weißen System angepasst hat, hinterfragt Sun Ras Motivation. Eigentlich ist „Space Is The Place“ eine filmische Katastrophe, als Zeitdokument und als Anstoß zur gesellschaftspolitischen Diskussion ist er aber bestens geeignet. Jetzt dank Restauration (und wegen des Ausgangsmaterials in nur schlechter Qualität) erstmals in Deutschland im Kino, auf DVD hingegen nur gebraucht und unerschwinglich.

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The Death Of Stalin – Armando Iannuci – USA/F/GB 2018

Von Matthias Bosenick (04.04.2018)

Schwieriges Unterfangen: einem totalitären Regime mit Humor begegnen zu wollen, um die systemimmanenten Untiefen herauszuarbeiten und die Beweggründe der Machtbesessenen bloßzustellen. „The Death Of Stalin“ ist zwiespältig geraten: Einerseits bildet er solche lebensbedrohlichen Machtkonstellationen anschaulich ab, andererseits bleibt der Humor zwischen Slapstick und erwartbaren Zwangsläufigkeiten stecken. Kein Film, den man gesehen haben muss, aber auch keiner, bei dem es schadet.

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Liberation Day – Morten Traavik/Ugis Olte – LV/KP/NO/SI 2016

Von Matthias Bosenick (16.03.2018)

In ein so absurdes wie gefährliches Land wie Nordkorea 2015 als erste westliche Musikgruppe das slowenische Künstlerkollektiv Laibach zu entsenden, und das ausgerechnet am Tag der Befreiung des Landes von der Japanischen Besetzung – treffender kann Totalitarismus nicht gespiegelt werden. Das Grandiose an dieser vortrefflichen Dokumentation dieses Unternehmens ist, dass sich hier beide Seiten spiegeln und Erkenntnisse gewinnen. Das Fingerspitzengefühl des Westteams unterstreicht einmal mehr, dass es sich bei Laibach mitnichten um eine Kaspertruppe handelt. Demnächst also in Teheran.

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Arthur & Claire – Miguel Alexandre – D/A/NL 2017

Von Matthias Bosenick (14.03.2018)

Ein Titel (und ein Soundtrack) wie von Woody Allen, eine Zusammenkunft wie in „Lost In Translation“, ein Abgang, der an „Love Story“ erinnert, und ein Hauptdarsteller, der sein Hauptbetätigungsfeld als Kabarettist hier zugunsten des hervorragenden Gesamtergebnisses zurückfährt: Das ist „Arthur & Claire“ mit Josef Hader. In Amsterdam halten sich zwei Suizidgefährdete davon ab, ihr Vorhaben umzusetzen; Tragik und Komik in dieser Zusammenkunft sind sehr wienerisch, die Handlung fußt auf Dialogen, die Entwicklung rührt an. Nach „Wilde Maus“ wieder ein gelungener Film mit Hader. Und wie!

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Three Billboards Outside Ebbing, Missouri – Martin McDonagh – GB/USA 2017

Von Matthias Bosenick (30.01.2018)

Das Hollywood mit Filmen, die außergewöhnliche Geschichten erzählen, und nicht mit Special Effects davon ablenken, dass es keine Geschichte gibt, existiert ja doch noch! Zumindest, wenn man Europäer machen lässt. Der britische Ire Martin McDonagh erzählt von einer verbitterten Mutter, die in einem Nest in den USA auf die Aufklärung des Mordes an ihrer Tochter drängt und mit einem ungewöhnlichen Mittel eine Reihe unerwartbarer Ereignisse auslöst. Nicht nur Hauptdarstellerin Frances McDormand lässt das schwarzhumorige Drama „Three Billboards“ wie ein Werk der Coen-Brüder erscheinen.

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Anne Clark: I’ll Walk Out Into Tomorrow – Claus Withopf – D 2018

Von Matthias Bosenick (20.01.2018)

Zehn Jahre lang, so kolportiert es die Info, begleitete Regisseur Claus Withopf die musikalische Poetin Anne Clark. Sein Film „I’ll Walk Out Into Tomorrow“ hat also das Potential, der Künstlerin so nahe zu kommen, wie sie es in den 35 Jahren ihrer Karriere so gut wie niemandem gewährte. Woran auch immer es liegt: Das Experiment geht gnadenlos schief. Der Fan gewinnt ein halbes Dutzend neue Erkenntnisse und der Nichtauskenner nicht wesentlich mehr. Was ist der Grund, hat der Regisseur keine Ahnung von seinem Job oder lässt die Porträtierte nicht mehr als das Bisschen zu?

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Your Name. (君の名は。, Kimi no na wa.) – Makoto Shinkai – J 2016

Von Matthias Bosenick (19.01.2018)

Das Kino, der Ort für fesselnde Geschichten und epische Bilder: Es existiert ja doch noch, in diesem Falle belegt dies ein Film aus Japan. Der Anime „Your Name.“ (stets mit Punkt) wirft mit einer in Japan offenbar nicht ungewöhnlichen geschlechterübergreifenden Körpertauschgeschichte zunächst Fragen auf, deren Antworten in verblüffende Dimensionen führen. Mit den diese Geschichte erzählenden Bildern schafft Makoto Shinkai in Kooperation mit dem Studio CoMix Wave Films eine zusätzliche verblüffende Dimension. Berauschend!

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The Square – Ruben Östlund – S/D/DK/F 2017

Von Matthias Bosenick (06.11.2017)

Dieser Film wirkt in der Nachbetrachtung eindrucksvoller als in der Betrachtung. Fast zweieinhalb Stunden kaum Handlung, einige filmische Ästhetik und grandiose Spitzen gegen die westliche Gesellschaft fordern das Sitzfleisch heraus, belohnen aber mit Erkenntnissen, die man als kritischer Beobachter gern abnickt und die man in dem doch weitaus komplexeren Drehbuch ausmacht, das man erst rückblickend würdig erfasst. Anhand des zeitgenössischen Kunstbetriebs entblößt der Schwede Ruben Östlund hier das egozentrierte Individualverhalten des ursprünglich einmal sozialen Wesens Mensch. An vielen Stellen hätte man sich indes Straffungen gewünscht, der Wucht der Inhalte zum Vorteil.

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