Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Danke Goth – Anja Huwe

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin neigt zur Synästhesie. Buchstaben oder Zahlenfolgen erzeugen vor ihrem inneren Auge Farben oder Temperatur. Zum Beispiel bezeichnet sie die Ziffer 9 als warmes Grün. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass Töne für sie nicht nur klingen, sondern gleichzeitig schmecken. Neulich habe ich ihr Auszüge aus dem mich begeisternden Tonträger „Codes“ von Anja Huwe vorgespielt. Ihr Kommentar lautete sinngemäß: „Riecht nach abgestorbenem Gehölz. Schmeckt wie Esche mit Brombeeren.“ Ziemlich gute Antwort, dachte ich, weil meine Freundin bis dahin Anja Huwe nicht kannte, und dass sie mit ihr eine Sache und mit 4-5% der Weltbevölkerung gemein hat: Synästhesie. Kurze Erklärung: Normalerweise reagiert beispielsweise der Geruchssinn auf einen olfaktorischen Reiz, etwa eine duftende Blume oder frische Brötchen. Das Gehör wiederum nimmt Lärm oder klackende Hackenporsche wahr. Menschen mit Synästhesie riechen Gerüche oder hören Töne aber nicht nur, sie können sie auch „sehen“ oder „schmecken“.

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… In Viscero – Italia Violenta – Pest Records/Metal Ör Die Rex 2024

Von Matthias Bosenick (24.09.2024)

Kann man so machen: Als Extreme-Metal-Band aus Ungarn das brutale Kino aus Italien als Basis für das eigene Konzept heranziehen, sein Album entsprechend „Italia Violenta“ nennen, die Tracks nach Filmen der Sechziger bis Neunziger benennen und die Songs, soweit sich das nachvollziehen lässt, auf Italienisch growlen, grunzen, keifen. Hier geistern Dämonen, Zombies und Hexen durch die Stücke, die amtlich brettern und mit einem schönen fuzzy-drängenden Bass zu fetten Gitarren die Heads zum Bangen bringen. Und das nur zu dritt! Ein überzeugendes Debüt, da … im Darm.

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Thy Apocalypse – Fragment troisième – Chabane’s Records 2014/Bitume Prods 2024

Von Matthias Bosenick (23.09.2024)

Kaum ausgesprochen, schon umgesetzt: Mit Thy Apocalypse ist das vermutlich vorletzte offene Projekt von Adunakhor Z. aka Adz. aka Julien J. Neuville aus Frankreich auch bei Bitume angekommen. „Fragment troisième“ ist das titelgemäß dritte Album des Projektes, erschienen vor zehn Jahren, da steht also noch einiges aus. Als Thy Apocalypse kombiniert Neuville Black Metal mit Industrial, und man kann nur staunen, wie gut ihm dies gelingt. Eiskalter Sound eint beide Genres, in Kombination überschreiten sie ihre eigenen Grenzen. Dunkel-Disco mit Gebrüll, Most mit Stampf, Gebretter mit Wumms. Diese Version des Albums bezeichnet Neuville überdies als „V2.0“, da er es remixte und remasterte sowie mit einem neuen Cover versah.

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Was meine Freundin gerne hört.

Von Onkel Rosebud

In dieser Folge der Kolumne gehe ich auf einen besonderen Wunsch meiner Freundin ein. Sie hält mir regelmäßig vor, in ihrem werten Namen über Zeugs zu schreiben, was sie oft gar nicht kennt, und fordert eine Richtigstellung: Schreib‘ doch mal wirklich über das, was deine Freundin gerne hört, zum Beispiel über Stereolab. Na, sehr gern.

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Spleen United – The Blur Of Zebras – Universal 2024

Von Matthias Bosenick (11.09.2024)

Da wartet man schon gar nicht mehr auf eine Reunion der dänischen Electro-Rocker Spleen United, weil das dritte und letzte Album schon 2012 herauskam und seitdem annähernd Ruhe herrschte, da steht plötzlich „The Blur Of Zebras“ in den Plattenläden. Mit „Afterglow“ startet es noch hoffnungsvoll – und wird dann extrem langweilig und massentauglich. Lauter Downbeat-Vocoder-Tralala. Von Rockmusik keine Spur mehr, von Eigenständigkeit und Experimentierfreude ebenso wenig. Das ist eine fette Enttäuschung!

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Lars Bech Pilgaard – Folklórica – Mom Eat Dad Records 2024

Von Matthias Bosenick (09.09.2024)

Der Mann ist nicht nur in Dänemark bekannt für Jazz, Avantgarde, Noise und andere experimentelle Rockformate und betitelt nun sein zweites Solo-Album „Folklórica“, das verwirrt. Umso mehr, als dass es gleichsam zutrifft und dennoch ins genannte Schema passt. Für dieses Album arbeitet Lars Bech Pilgaard mit diversen Gitarren und einem Banjo, jeweils verfremdet oder mit dem Bogen gespielt, sodass diese vertrauten Instrumente zumeist gar nicht nach sich selbst, aber nach vielen anderen klingen, Geigen, Orgeln oder indigenen Instrumente etwa. Von Songstrukturen oder eingängigen Melodien ist in dieser kargen Musik keine Spur, da dringt das Experimentelle nach vorn, stattdessen hört man Soundscapes, Drones, akustische Figuren, möglicherweise Gefühle. Ja, man fühlt, die Instrumente im Raum, den Musiker neben sich, wie er einem mit seinen Werkzeugen sein Inneres offenbart oder auch mal etwas herumspinnt, und man hört ihm gern zu.

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Morgue Meat – Apocalyptic Visions – Pest Records 2024

Von Matthias Bosenick (29.08.2024)

Puh, ja: Morgue Meat aus Dallas, Texas, bedienen sämtliche Klischees. Nee, halt: Sie bedienen die Death-Metal-Folklore, so war das gemeint. Bandname irgendwas mit Tod: gegeben. Albumtitel „Apocalyptic Visions“ bekannt und mit Bibelbezug: gegeben. Schriftzug unlesbar: gegeben. Cover irgendwie gruselig: gegeben. Albumtitel in einer Art Frakturschrift: gegeben. Songtitel blasphemisch und todesnah, etwa „Crushing The Messiah’s Skull“ oder „Realm Of Eternal Suffering“: gegeben. Musik meistens schnell, immer tief, teilweise groovend: gegeben. Gesang bisweilen ins Quieken gehend gegrowlt: gegeben. Preis für den Download mit Verweis auf die Offenbarung: $6.66, gegeben. Neu sind die Wurzeln des Trios: Außer in Texas liegen die in El Salvador und Mexico. Behauptet die Info, dass die Band dies musikalisch berücksichtigt, hört man es nicht wirklich heraus: „Apocalyptic Visions“ geht klassisch in die Fresse. Ein Fest für Fans des Genres.

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Vibravoid – We Cannot Awake – Tonzonen Records 2024

Von Matthias Bosenick (28.08.2024)

„We Cannot Awake“ ist eine bunte, ähm, Tüte geworden: Auf ihrem 90488. Album vermengen Vibravoid aus Düsseldorf psychedelische Genres wie Psych-Pop, Post Punk, Stoner, Fuzz, Space, Noise, Kraut und allerlei weitere bewusstseinserweiternde rockbasierte Ausrichtungen zu einem bunt schillernden Werk. Der schlüssige Schluss straft den Titel Lügen, man wird abrupt aus der Kontemplation gerissen. Gerissen!

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Umbersun – Endless Winter Nights – Pest Records 2024

Von Matthias Bosenick (27.08.2024)

Zuerst denkt man: Kitsch. Doomige Riffs und synthetischer orchestraler Bombast. Sobald aber das Growlen einsetzt und sich in die Stimmung einfügt, lässt man sich auch mitten im Sommer auf die „Endless Winter Nights“ ein. Im Verlauf wird das Debüt-Album des rumänischen Quintetts Umbersun noch waverockig, bekommt einige Gimmicks und entwickelt eine merkwürdig anheimelnde Stimmung aus Depression und Gemütlichkeit. Eine schöne Einstimmung auf die zunehmende Dunkelheit.

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Meer – Wheels Within Wheels – Karisma Records 2024

Von Matthias Bosenick (23.08.2024)

Meer ist wirklich ein schöner Name für eine Band, obschon diese hier aus Norwegen kommt, wo „Meer“ eigentlich „hav“ oder „sjø“ heißt, dann ist die Intention dahinter etwas unklar. Die Musik auf dem dritten Album „Wheels Within Wheels“ wiederum neigt dazu, die Hörenden zu überschwemmen: Orchester-Pop, Bombast, Opulenz, Expressivität, allergrößte Emotionen, im Grunde Kitsch – und auch noch wider besseren Kategorisierens einsortiert im Prog-Rock-Fach. Auf diesem Album bekommt man von allem zu viel, außer von Ruhe und Entspannung. In den wenigen stilleren Sequenzen kommen die Finessen des Oktetts wesentlich besser zum Ausdruck, und doch dominiert eine niederschmetternde Kirchentags-Erbaulichkeit. Da passt die Rückübersetzung: Norwegisch „meer“ (eigentlich „flere“) heißt auf Deutsch einfach „mehr“. Dabei wäre „for mye“ treffender gewesen: „zu viel“.

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