Neon Nightmare – Faded Dream – 20 Buck Spin 2024

Von Guido Dörheide (03.12.2024)

„Also meins ist es nicht, es muss Deins sein“, sagte die Liebste, als ich neulich am Frühstückstisch „Faded Dream“ von Neon Nightmare einlegte und wir den ersten Klängen des Albums lauschten. Der Opener „Higher Calling“ beginnt nämlich mit einem täuschend echten Telefonvibrieren und merkwürdigen Geräuschen. Damit gemahnt der Einstieg in das Debütalbum von Neon Nightmare an das 1996er Meisterwerk „October Rust“ von Type O Negative und – Bingo! – genau dieses Album nennt Nate Garrett, der Mann hinter Neon Nightmare, als dasjenige Type-O-Negative-Album, das seinen musikalischen Werdegang am meisten geprägt hat (nachzulesen auf metal.de in der Rubrik „Die persönliche Top 10 von…“). Garrett betreibt hauptberuflich die Band Spirit Adrift, mit der er vor acht Jahren mal mit Doom mit durchaus Melvins-Ähnlichkeit begonnen hat und sich im Laufe der Jahre zu einer Mischung aus klassischem Heavy Metal, Stoner, Doom und härterem Bluesrock hingearbeitet hat, der mich gesanglich bisweilen an die von mir über alle Maßen geschätzten Mastodon erinnert.

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Ektör – Ektöristan – Bitume Prods 2024

Von Matthias Bosenick (02.12.2024)

Die Musik auf dem Debüt „Ektöristan“ klingt ganz anders, als es der Bandname Ektör erwarten lässt: Hat sich was mit gruseligem Gruftmetal, das hier ist Avantgarde-Rockmusik, ernsthaft verspielt, mit einem Auge auf den Sound von Sleepytime Gorilla Museum oder Magma, einem weiteren in Richtung Drum And Bass, mit ganz viel Jazz, Experiment, Neoklassik und Rockmusik für Leute, denen Classic Rock deutlich zu unterkomplex ist. Dem Genuss dieses Albums zugute kommt, dass die Band aus Bordeaux bei allem Spaß am Anderssein die Zugänglichkeit nicht außer Acht lässt. Eine vielseitige Reise, bei der jeder Blick um die nächste Ecke aufs Neue beeindruckt.

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Mercury Rev – Born Horses – Bella Union 2024

Von Matthias Bosenick (28.11.2024)

Da hat sich dann doch etwas getan bei den New Yorkern Mercury Rev, seit die früheren Noiserocker und späteren Dreampopper um 2008 herum ihren Exklusivitätsbonus mit dem zerfahrenen, uninspirierten Doppel-Album „Snowflake Midnight/Strange Attractor“ verspielten. Da dauerte es sieben Jahre bis zum nächsten Versuch, mit dem zumindest ganz netten „The Light In You“ hatte man 2015 schon gar nicht mehr gerechnet. Abgesehen von der Cover-Platte „Bobbie Gentry’s The Delta Sweete Revisited“ ist „Born Horses“ nun das erste Studioalbum mit neuen eigenen Songs seitdem. Es scheint, als hätte sich die Band um Grasshopper und Jonathan Donahue ihrer selbst besonnen, denn obschon die Songs weitgehend verträumt erscheinen, sind sie keine Selbstkopie mehr, und außerdem finden Mercury Rev am Ende sogar das Uptempo wieder. Das ging gerade nochmal gut!

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DzuszanD ft. Redink – Disintegrating Brutality – Dzuszan Bad 2024

Von Matthias Bosenick (27.11.2024)

Was beginnt wie eine formlose Industrial-Variante, schwingt sofort in eine improvisierte, freie Rockmusik über. Dabei behält das Krakauer Trio durchaus vertraute Strukturen bei, etwa einen nachvollziehbaren Rhythmus und fragmentarische Melodien, formt drumherum aber eindeutig eigensinnige Sounds und Varianten dessen, was man üblicherweise unter Rockmusik versteht. Die 40 Minuten von „Disintegrating Brutality“ erscheinen unter dem Projektnamen DzuszanD ft. Redink, die Besetzung der bisher sechs Veröffentlichungen auf Bandcamp unterscheidet sich je nach Bandbenennung. Einen Zugang zu finden zu dieser Art dekonstruktivistischer Musik ist gar nicht so schwer, wie es den Anschein hat.

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Julius Lind – Lights – Kapitän Platte 2024

Von Matthias Bosenick (26.11.2024)

Da mag einer die Neunziger, die von den Sechzigern inspiriert waren: „Lights“, das Solo-Debüt des norwegischen Bassisten Julius Lind, klingt wie die tanzbaren Indiebands aus England oder Schottland, die zu tief am Plattenregal ihrer psychedelischen Eltern geschnüffelt hatten. Mit seinem zwei Mitstreitenden erzeugt Lind ein Gefühl für Madchester und Fußspitzengucken, an dem man während des ausgelassenen Herumtanzens seine Freude hat, herauszuhören, wovon genau er sich wohl gerade inspirieren ließ. Der Vorteil des Trios: Dabei bleibt es nicht, die acht Songs entwickeln einen eigenen Vollrausch.

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Puppengott – Diamanten II/Ich verzeihe niemals – Xchnum Miiimiiikry 2023/2024

Von Matthias Bosenick (25.11.2024)

Sich in die Abgründe von Jonas Kolb zu begeben, stellt ein zusehends größeres Wagnis dar, je weiter er sich künstlerisch voranwagt. Sein aktuell bevorzugtes Alias ist Puppengott, als dieser veröffentlichte er vor einem Jahr die Kassette „Diamanten II“ und ganz frisch die CD „Ich verzeihe nie“. In Genreschubladen lässt sich der Schöninger schon ewig nicht mehr stecken: Irgendwo klebt noch das Etikett Black Metal, doch verschwindet der harsche Gitarrenlärm zugunsten von Dark Ambient, Shoegaze, Soundscapes, Industrial und hörbuchartigen Horrorgeschichten voller Blut und anderer Körperflüssigkeiten. Damit entfernt sich sein Alias immer weiter vom Charakter der Person – so möchte man jedenfalls hoffen!

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Thunderwize – The End Of Words – Bitume Prods 2024

Von Matthias Bosenick (21.11.2024)

Ist das dann Didgeridoom? Für ihr zweites Album „The End Of Words“ verzichten Thunderwize komplett auf die Gitarre und fabrizieren ihren Schamanendoom ausschließlich mit Didgeridoo, Schlagzeug und Stimme. Klingt merkwürdig? An Thunderwize ist alles besonders: Die Band besteht aus nur zwei Leuten, die aus den französischen Alpen kommen und kalifornischen Stoner und düsteren Doom mit australischen Instrumenten und indigenem Gesang verbinden. Und dann hat das Album auch noch lediglich zwei Tracks, jeweils 38 und acht Minuten lang. Und es funktioniert!

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Bissesvinet – Blodager – Bissesvinet 2024

Von Matthias Bosenick (19.11.2024)

Was aus einem einmaligen Gastbeitrag so werden kann: Sänger Bisse war vor zwei Jahren Feature auf „Intruducing SVIN“, dem siebten Album der dänischen Avantgarderockband Svin, und zwar im Song „Bøn“. Der gefiel beiden Beteiligten – und allen Hörenden – so gut, dass sich Sänger und Band zu Bissesvinet zusammentaten. „Blodager“ ist das Debüt dieser Kombination, und es überwältigt mit einer eigensinnigen Musik, die weniger Avantgarde ist als kunstvoll rätselhaft, energetisch ohne Gewalt, dennoch pandämonisch, zudem generiert zuvorderst mit Blas- und Tasteninstrumenten und mit zwingendem Gesang versehen. Für dieses Debüt mussten beide Parteien von ihrer gewohnten Arbeitsweise abweichen und Kompromisse finden – und es gelang ihnen vortrefflich.

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Endless Dark – The Kingdoom – Loud Rage Music 2024

Von Matthias Bosenick (15.11.2024)

Der Titel „The Kingdoom“ verspricht mehr, als dieses Debüt der rumänischen Goth-Doom-Metalband Endless Dark hält. Dafür ist die Musik zu sehr in Stereotypen verhaftet und hat zu allem Überfluss auch noch ein bei HIM geklautes Klimperklavier mit drin, das zumeist lediglich die Gitarrenläufe begleitet und kaum kompositorischen Mehrwert mitbringt. Schön sind die Growls und auch an sich wäre an diesem Genreoeuvre nicht viel auszusetzen gewesen, nur will es lieber einer Szene gefallen, als dass es diese erweitert. Chance verpasst.

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The Smile – Cutouts – XL Recordings 2024

Von Matthias Bosenick (13.11.2024)

Moment, schon wieder ein neues Album von The Smile, es gab doch erst vor gefühlt einigen Wochen eines? Tatsächlich, in der Trio-Form sind die Radiohead-Leute Thom Yorke und Jonny Greenwood mit Bonus-Jazz-Schlagzeuger Tom Skinner offensichtlich produktiver als mit ihrer Hauptband. Unklar ist, ob sie auch besser sind – gefeiert auf jeden Fall, nur fragt man sich bisweilen, woran das liegt – am Bezug zu Radiohead, am Mangel an qualitativ wertigeren Alternativen, am Wunsch nach Sensation? Scheiße ist auch „Cutouts“ nicht, aber bombenmäßig geil geht ebenfalls anders. Kunstvoller Art-Pop-Rock, mal ambientsoft, mal afrobeatflott voran, aber die dahergebetete Sensation sind The Smile einfach nicht.

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