Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Otto Pankrock aus Hagen

Von Onkel Rosebud

Neulich verschlug es meine Freundin aus beruflichen Gründen nach Hagen, dem „Tor zum Sauerland“. Sie beschwerte sich, wie öde es da gewesen sei: Die Fußgängerzone sähe aus wie in Kassel, überhaupt BRD-70er-Jahre-Ästhetik überall. Auf dem Bahnhof zöge es wie Hechtsuppe und das Freizeitangebot bestünde aus einer Tour durch ehemalige Luftschutzeinrichtungen oder ein begehbares Planetenmodell. Hier leben, nein danke, schimpfte sie. Ich konnte sie nicht trösten, wusste aber zu berichten, dass Hagen Ende der Siebziger mal das „Liverpool Deutschlands“ genannt wurde, denn die Stadt war für einen kurzen Augenblick das musikalische Epizentrum der Neuen Deutschen Welle. Die Humpe-Schwestern, Nena, Extrabreit kommen aus Hagen… und natürlich Grobschnitt.

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Dropped From The Sky: A Tribute To Mindfunk – Bitume Prods 2025

Von Matthias Bosenick (14.05.2025)

Diese Compilation steckt nicht nur voller Überraschungen, sondern ist auch gleich noch ein mehrfacher Rechercheauftrag: 15 Bands aus aller Welt, die man zumeist gar nicht kennt, widmen sich der vor 30 Jahren aufgelösten Band Mindfunk, die man im Falle des Nichtkennens auch unbedingt erkunden sollte. Aus den Funk-Stoner-Metal-Originalen machen die 15 Epigonen eine Gemengelage aus Stoner, Rock’n’Roll, EBM und Gothic-Doom – „Dropped From The Sky: A Tribute To Mindfunk“ ist eine geballte Tüte Unterhaltik.

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Simple Minds – Live In The City Of Diamonds – BMG 2025

Von Matthias Bosenick (14.05.2025)

Irgendwie scheinen die alten Schotten ihre Spielfreude zurückgewonnen zu haben. Der dritte Teil der „Live In The City Of“-Reihe mit dem Amsterdamer Schwerpunkt „Diamonds“ zeigt die Simple Minds agiler als der zweite, „Angels“, der 2019 den ersten, „Light“, aus dem Jahr 1987 fortsetzte. Besser als jener wird’s eh nicht mehr, aber dennoch darf man an diesem Best-Of-Potpourri mit prominenter hervorgehobener Gaststimme und eingearbeiteten Abweichungen seine Freude haben. Die sehr geilen Post-Punk-Synthie-Wave- und die sehr erfolgreichen Stadionrock-Zeiten der Achtziger bilden hier den bekannten Schwerpunkt, die eingeflochtenen neueren Stücke belegen, dass dies auch die beste Zeit der Glasgower war. Es lohnt das Mediabook mit sechs zusätzlichen Stücken.

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D-A-D – Live From The Arena – Warner Music Denmark 2025

Von Matthias Bosenick (13.05.2025)

40 Jahre D-A-D, 40 Jahre von den humorigen Cowpunks, die ursprünglich Disneyland After Dark hießen, zu den altgedienten Country-Blues-Boogierockern, die ihren Humor beibehielten und – zumindest in Dänemark – noch immer die größten Hallen ausverkaufen. Zum Beispiel am 1. November 2024 die Royal Arena in Kopenhagen, in die sich 15.000 Fans stopften, um den 40. Geburtstag ihrer Helden zu zelebrieren. Zum jüngsten Record Store Day erschien nun in Dänemark der komplette Mitschnitt mit 25 Songs in fast zweieinhalb Stunden, wahlweise als Doppel-CD oder als Vierfach-Vinyl. Wer beharrlich den Werdegang verfolgte, freut sich über diesen explosiven Kessel an beinahe die gesamte Karriere überspannenden Hits, und wer nicht, staunt, dass die Jungs nach „Sleeping My Day Away“ fleißig und beharrlich Rockhymnen nachreichten. Und spielen können sie auch noch wie junge Cowpunks!

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Lars Fredrik Frøislie – Gamle Mester – Karisma Records 2025

Von Matthias Bosenick (12.05.2025)

Kunst, Kunst, Kunst, Kunst, Kunst! Den „Gamle Mester“, also den Alten Meistern, widmet sich Lars Fredrik Frøislie aus Norwegen auf seinem zweiten Soloalben nämlichen Titels. Er verankert sich im Progrock, und das kann man durchaus so stehenlassen. Denn Kunst ist nicht nur Inspiration und Thema, sondern auch das Produkt von allem. So will es das Genre: Progrock ist Kunstmusik. Und hier ist alles drin, was die Schublade so hergibt. Vorhang auf für die Bilder einer Ausstellung!

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Ermete – Ermete – Sud Afternoon Tapes/51 Beats 2025

Von Matthias Bosenick (12.05.2025)

Rockmusiker Luca Umidi nennt sich Ermete, also Hermes, und als dieser Götterbote widmet er sein selbstbetiteltes Debütalbum einer göttlichen Naturgewalt, nämlich dem Vulkanausbruch. Dies aber nicht mit Radau und Eruptionen, sondern eher mit Blick auf gemächliche Lavaflüsse, denn auf „Ermete“ fabriziert der Milaneser stark abgebremste Ambient-Drones. Die drei Stücke sind live eingespielt und so gut wie gar nicht nachträglich verändert – und lassen Geheimnisse offen, während man sich beim Zuhören in einer eigenen Gedankenwelt einkuschelt.

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Krügerglantzquartett – Alles gut – KGQ 2024

Von Matthias Bosenick (08.05.2025)

Zehn Jahre Krügerglantzquartett – das eigentliche Duo aus Christian Krüger und Peter M. Glantz, das live per Projektion als bis zum Oktett hin auftritt, ist inhaltlich wie visuell ironisch, widersprüchlich, paradox, abstrakt mit seiner electrobasierten theatralischen Kunstpopmusik, die es auf bisher drei Alben veröffentlichte. Der runde Geburtstag nun ist der Anlass, ein Extrakt davon als Schallplatte herauszubringen: „Alles gut“ entlarvt die Doppelbödigkeit der Texte bereits im Titel, denn das Duo mag diese Floskel nicht. Man selbst hingegen kann aber nicht anders, als diese Musik zu mögen. Glücklich, wer im Dezember die Show zur Platte im Das Kult zu Braunschweig erleben konnte. Noch glücklicher, wer mit dem DJ-Team Rille Elf diese fantastische Show auch noch begleiten durfte!

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Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Nachbarlärm

Von Onkel Rosebud

Missliebige Geräusche sind sehr häufig ein Grund für Zwist. Das gilt auch für meine Freundin. Unserer innerstädtischen Wohnsituation geschuldet, mussten wir im Haus gegenüber eine zeitlang einen adoleszenten Jungspund ertragen, dem es in der Morgenstunde regelmäßig eine Freude war, bei geöffnetem Fenster sein Lieblingslied abzuspielen. Und zwar mehrfach hintereinander und mit der vollen Ömme, die seine Klangerzeugungskonfiguration hergab. Er machte wohl eine Phase durch, in der weniger adoleszente deutschsprachige Barden, die zu griffigen Gitarrenakkorden gutturale Laute in Reimform abstießen, den Soundtrack seines Frühaufsteher-Lebens begleiteten. Da er den weniger dezenten Versuchen verbaler Kommunikation meiner Freundin, wie „Hier kommt nicht gleich nur Alex“ oder „Du hast mich eben nicht gefragt“ unaufgeschlossen gegenüberstand, musste erst ein klärendes Gespräch mit der Hausverwaltung her, um seine nachbarschaftlich-unfreundliche 6-Uhr-Start-in-den-Tag-Routine zu beenden.

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Gliitch – A Fire Inside – Manu R‘ Eva 2025

Von Matthias Bosenick (07.05.2025)

Ach, ist das schön, wenn – ähm – junge Bands und Musizierende auf Konventionen scheißen. Gliitch aus Bordeaux machen Noiserock, und selbst den machen sie unkonventionell. Lärm schwingt den Hörenden des selbsterklärend betitelten Debütalbums „A Fire Inside“ als erstes und als letztes entgegen, dazwischen variiert das Trio die Intensität und die sonstigen Zutaten. Der Geist von Steve Albini weht über den Wassern, und Bands wie die Bordelaiser Gliitch lassen die Hoffnung aufkommen, dass ein Noiserock-Leben mit dessen Tod nicht beendet ist.

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Fuzziliers – Most Fun – Addicted Label 2025

Von Matthias Bosenick (06.05.2025)

Über „Most Fun“, dem zweiten Album der aus politischen Gründen von St. Petersburg kurioserweise ausgerechnet nach Istanbul ausgewanderten Band Fuzziliers, steht riesengroß das Wort POP, und zwar der aus den Sechzigern, als harmonischer Chorgesang und psychedelisches Gitarrenspiel für euphorisierende Hörgenüsse sorgten. Doch das Quartett belässt es nicht dabei, sondern fusioniert seinen Fuzz mit dem des Neunziger-Britpops und generiert erbauliche, gutgelaunte und musikalisch eindrucksvolle Perlen, die ordentlich Sonne in den Alltag bringen. So ganz ohne Melancholie geht das nicht, angesichts der genannten und bekannten Umstände, aber erst in so einem Kontext funktioniert Ermunterung ja so richtig.

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