Von Matthias Bosenick (02.06.2021)
Noisecore, der seinen Noise melodiös unterfüttert und seinen Core amtlich grooven lässt: Ihr erst drittes Album rotzen Jars aus Moskau heraus, und es ist eine herrliche Freude, dieser Eruption von Rock’n’Roll im unklassischen Sinne beizuwohnen. Ein reines Rotzen ist das hier aber nicht: Breaks, Dynamik, Riffs, klare Passagen und ein Saxophonsolo zerstreuen den Lärm und das Geschrei. Eine schlechte Laune, die gute Laune macht!
Archiv des Autors: Van Bauseneick
Wolfskull – #2/#3 – Schneider Collaborations 2021
Von Matthias Bosenick (31.05.2021)
Wie man komplett frei von Songstrukturen eine solche Schönheit generiert: Yvonne Nußbaum und Jörg. A. Schneider demonstrieren zum zweiten und dritten Mal unter dem Projektnamen Wolfskull, wie das geht. Nußbaum spielt Piano und Synthesizer warm und harmonisch, während Schneider mit elektronischen Mitteln und seinem zurückhaltend klickernden Schlagzeug jede Ahnung von einem Rhythmus verwischt. Die beiden gleichzeitig erschienenen Alben „#2“ und „#3“ vermitteln den Soundtrack zu einer Kopfreise, die man nur zu gern antritt und die den Hörenden in ungeahnte Areale seines Bewusstseins entführt. Da wird einem warm ums Herz. Und man erweitert seinen persönlichen Begriff von „Noise“.
Devin Townsend – Devolution Series #1: Acoustically Inclined (Live In Leeds) – Inside Out 2021
Von Matthias Bosenick (27.05.2021)
Dev hat ein neues Live-Album! Sein drölfzigstes! Ein Acoustic-Live-Album! Sein drittes! Im Rahmen einer neuen Veröffentlichungsreihe namens „Devolution Series“! Gottlob: Teil 2 hat ein anderes Konzept, also steckt man eben dieses kleine Album ein und freut sich über geile Songs und launiges Gelaber vom mutmaßlich besten lebenden Gitarristen der Welt. Auch wenn man nach dem Erwerb von „Unplugged“ (2011) und „Iceland“ (2016) nicht wirklich ein weiteres Akustikalbum von ihm braucht. Ein Vorteil ist immerhin, dass es sich dabei ursprünglich um ein Bonus-Album der Hyper-Dyper-Delyxe-Edition von „Empath“ handelt, das er hiermit jetzt tauch dem Fußvolk zugänglich macht. Ist das noch Metal? Ja, schon.
Love, Death And Robots (Staffel 2) – Blur Studios – Netflix 2021
Von Matthias Bosenick (26.05.2021)
Selten genug, dass die Fortsetzung besser ist als der Auftakt, aber bei der Serie „Love, Death And Robots“ trifft das zu: Die Episoden sind geschlossener, mehr auf den Punkt, atmosphärischer, tragen mehr Handlung und mehr Emotion. Das Maß an Gewalt und an Porno ist jeweils zurückgenommen, die Figuren und deren existentielle Situationen stehen im Mittelpunkt dieser acht unterschiedlich animierten SciFi-Storys. Hier gibt es keinen Ausfall, wohingegen unter den 18 Kurzfilmen der ersten Staffel einige verzichtbar waren. Das allein kann man schon feiern, und dann möchte man in der Atmosphäre der Geschichten bereitwillig mehrmals abtauchen.
Stefan Thoben – Ein Traum in bunt. Entdeckung Ruhrgebiet – Verlag Andreas Reiffer 2021
Von Matthias Bosenick (17.05.2021)
Wenn man als Außenstehender auch nur leicht zum Ruhrgebiet in Liebe entflammt ist, will man aus diesem Buch nie mehr auftauchen. Aus einer ausgedehnten Radtour machte Stefan Thoben, Journalist aus Hannover, dieses üppig bebilderte Erlebnis- und Sachbuch, in dem er einen Blick auf das Ruhrgebiet wirft, der weder touristisch-euphorisch noch stereotyp daherkommt, sondern vermittels dessen er mit einer persönlichen Wahrnehmung und fachkundiger Recherche seine Eindrücke analysiert. Vollständig kann diese Betrachtung nicht sein, das weiß der Autor auch, und als Leitfaden für oberflächliche Reisende ist das Buch wohl zu herausfordernd; allen anderen ist es wahlweise ein Ersatz für den überfälligen Besuch oder die willkommene Aufforderung zu einem solchen. Das Wort Liebeserklärung drängt sich bei der Betrachtung des Buches einfach auf.
Spezial: addicted/noname Label aus Moskau, Teil 8
Von Matthias Bosenick (12.05.2021)
Drei Veröffentlichungen aus jüngerer Zeit stehen dieses Mal an: Neue Alben von Grey Mouse und Crust sowie eine Compilation rund um Doom und Stoner in Russland – mit satten sieben Stunden Musik, darunter natürlich auch vom liebenswerten Label addicted/noname.
Matthieu Bonhomme – Lucky Luke Hommage 4: Wanted – Egmont 2021
Von Matthias Bosenick (10.05.2021)
Das Cover ist vielversprechend: Unter dem Titel „Wanted“ sieht man drei Frauen, die sich mit Lucky Luke bewaffnet in Positur werfen. Was könnte man daraus machen: Female Empowerment im Wilden Westen der frankobelgischen Funnys, ein zum Outlaw gewandelter, verbitterter, desillusionierter früherer Westernheld, möglicherweise eine falsche Verdächtigung, der sich der Schnellschütze mithilfe dreier Superfrauen zu erwehren hat? Nichts davon: In seiner zweiten Hommage an Lucky Luke, der vierten dieser Nebenserie, begleitet Luke drei zwar mutige, aber schutzbedürftige Frauen, die um seine Gunst als Liebhaber buhlen und ansonsten ganz gut aussehen. Wanted ist Luke nur, weil eine Serienfigur das behauptet, um alle Verbrecher wegen des vermeintlichen Kopfgeldes gegen ihn aufzubringen. Ernüchternd und enttäuschend, so ansehnlich die Zeichnungen auch sein mögen. Die einzige schwache Hommage bisher.
K÷ – K÷93 – Cadiz 2021
Von Matthias Bosenick (06.05.2021)
Die Geschichte dieser EP reicht 40 Jahre zurück, zu einer gemeinsamen Tour, doch als sich Mitglieder von Killing Joke und Joy Division dann endlich wie verabredet zu den vorliegenden Aufnahmen trafen, gab es Joy Division ja längst nicht mehr. Erst 1993 kam es zwischen Jaz Coleman, Kevin „Geordie“ Walker und Peter Hook zu spontanen Sessions, die bis 2019 als verschollen galten. Drei dieser Songs waren rettbar und liegen nun als transparente 10“ vor. Die Songs sind erstaunlich zeitlos und lassen tatsächlich beide beteiliget Projekte heraushören, ohne dass sie wie die Veröffentlichungen von New Order oder Killing Joke aus jenem Jahr klingen. Luftiger Wave-Pop mit Emotion und Melancholie.
Infest – Psychosis – Defying Danger Records 2021
Von Matthias Bosenick (05.05.2021)
Die Serben beherrschen die Folklore – und zwar die des Metal: Umgedrehtes Kreuz im Logo, mangelnde Gottesfürchtigkeit und gesteigerte Feuerverehrung in den Texten und Titeln, alles dabei. „Psychosis“ ist das sechste Studioalbum in knapp 20 Jahren, und es brettert bestens ausproduziert herum. In nicht einmal einer halben Stunde ist alles gesagt, was das Quartett aus Jagodina (Јагодина) in Sachen Death und Thrash zu sagen hat. Danach muss man auch erstmal ordentlich durchatmen, den Nacken massieren und die Restfrisur neu justieren.
Franziska Szmania – Martha: Anarchie – BoD/Szmania 2021
Von Michael „Arni“ Arnold (22.04.2021)
MARTHA: Teil zwei einer hochspannenden feministischen Dystopie
Eines vorweg: Dieses Buch habe ich in Rekordzeit verschlungen.
Ich habe schon bei EVA, dem ersten Roman der Selvia-Saga, Blut geschwitzt und dementsprechend auf den zweiten Teil MARTHA gelauert.
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