The Nude Spur – The Major Kong Rodeo – Schneider Collaborations 2025

Von Matthias Bosenick (07.02.2025)

Wenn Rodeo bedeutet, dass man sich nicht auf dem Gaul halten kann, weil der selbst mit nackten Sporen nicht zu bändigen ist, dann ist „The Major Kong Rodeo“, das dritte Album des Noise-Free-Jazz-Duos The Nude Spur, die musikalische Übertreffung dessen: Jörg A. Schneider vollführt den wilden Ritt auf seinem Schlagzeug, Thomas Kranefeld lässt seiner Gitarre den ungezügelten freien Lauf. Wer sich auf diese Pferde-Bombe begibt, wird von fehlenden Rhythmen und melodiefreien Gitarrenläufen abgeschüttelt. Dieses Tier ist viel zu freiheitsliebend, als dass es sich überhaupt in ein festes Gatter zwängen ließe. Gezähmt wird hier allenfalls die Hörerschaft: Wer das Album durchhört, ist hinterher ganz schön aus der Puste. Nicht aufgeben: Stetson richten, Staub abklopfen und nochmal aufsitzen!

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Reichenhall – Spiegelmacher – Iapetus Media 2025

Von Matthias Bosenick (06.02.2025)

„Spiegelmacher“ ist das zwölfte Album des Quartetts Reichenhall – seit Sommer 2022! Die Berliner – und nicht etwa Bayern – toben sich hier in einer Art abstraktem Downbeat aus, in dem die Idee, der Sample, der Impuls eine höhere Gewichtung erfahren als die einschmeichelnde Melodie oder die Tanzbarkeit. Spielten Kruder & Dorfmeister ein Album für Warp Records ein, es klänge vermutlich wie „Spiegelmacher“, also wie Chill-Out-Musik, die die Hörenden herausfordert, weil hier ganz viel passiert, aber Dancefloor-Beats oder gewöhnliche Harmonien keine Relevanz haben. Der Spiegel zieht sich als Sujet durch die sechs teils überlangen Tracks und lädt zum Reflektieren ein.

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Was meine Freundin gerne liest – die Literaturkolumne: Frau Krause oder wie Kathrin Aehnlich die DDR erfand

Von Onkel Rosebud

Niemand möchte hören, dass es auch in der DDR zufriedene und glückliche Menschen gab. Aber, wer ein sehr kurzweiliges, humorvolles Ostalgie-Lesevergnügen genießen will, das nach wie vor einen wertvollen Beitrag zum gegenseitigen Ost-West-Verständnis geben kann, dem empfiehlt meine Freundin Kathrin Aehnlich mit dem Frau-Krause-Roman.

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Membrane – Deathly Silence – Blind Prod/P.O.G.O. Records 2025

Von Matthias Bosenick (05.02.2025)

An der Schnittstelle von Noise Rock, Post Hardcore und Doom sitzen Neurosis fest. Die französische Band Membrane versucht sich auf „Deathly Silence“ zum siebten Mal daran, an genau dieser Schnittstelle etwas Eigenes zu generieren – sechs Songs, alle um die sieben Minuten lang, langsames Tempo, Gebrüll, Lärmgitarren: Neurosis lassen sich einfach nicht abschütteln, aber Membrane fügen dem Bild haufenweise eigene Pinselstriche hinzu. Dunkelheit und Verzweiflung bestimmen den Grundton, und, so merkwürdig das auch klingen mag: Es macht Spaß, das Album zu hören.

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The Lings – We Can’t Be Friends – Slack Records/Head Perfume Records 2024

Von Matthias Bosenick (04.02.2025)

Gute Laune ist eine ernsthafte Angelegenheit, und The Lings aus Mantua nehmen sie ernst. Zwar strahlt deren Musik auf ihrem zweiten Album „We Can’t Be Friends“ eine grundsätzliche Fröhlichkeit aus, doch spürt man der Band deutlich an, dass sie es damit nicht übertreibt, sondern seriös zu Werke geht. Dafür erlaubt sie sich, stilistisch nicht eindeutig zu sein: Ungefähr jeder der 14 Songs lässt sich einem anderen Genre zuordnen, von Country über Indie-Rock, Surf, Garage und Rockabilly bis Folk, alles – das eint die Stücke – grundsätzlich im Gewand des Pop. Doch, wir können Freunde sein!

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D-A-D – Speed Of Darkness – AFM Records 2024

Von Matthias Bosenick (03.02.2025)

Herzlichen Glückwunsch, es ist ein D-A-D-Album! Zum 40. Geburtstag gönnen die dänischen Riffrocker sich und uns mit „Speed Of Darkness“ ein weiteres Album in gewohnter Manier: keine Experimente, Rock’n’Roll-Boogie im Mid- bis Uptempo plus ‘n paar Balladen, schön zum Mitnicken und Biertrinken, man könnte fast von Classic Rock sprechen. Sie spielen alle Trümpfe aus, die sie haben, und gewinnen mit einem soliden Blatt. Der stürmische Applaus bleibt vielleicht aus, aber meckern kann man nicht.

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Baptiste Brun – Elevatio – Baptiste Brun 2025

Von Matthias Bosenick (03.02.2025)

Die Waffe der Wahl ist für Baptiste Brun aus dem Großraum Lyon die achtsaitige E-Gitarre. Auf der komponiert er instrumentale Prog-Metal-Tracks, die er solo in ein neues Album fließen lässt, „Elevatio“ getauft, und es klingt exakt so, wie man es sich vorstellt. Über dezenten tieftönenden Riffs gniedelt Brun herum, verschachtelt die Strukturen, lässt Profis staunen und Amateure – nun, keine Ahnung. Zum Headbangen sind die Tracks zu gebrochen, Prog-Fans hingegen bekommen Futter für ihre Leidenschaft. Brun spielte „Elevatio“ übrigens komplett allein ein, bis auf die Trompete. Ja, Trompete!

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Rainhard Fendrich – Wimpernschlag – RJF Musik 2025

Von Guido Dörheide (02.02.2025)

Als ich vor einigen Jahren anfing, mich für Austropop zu interessieren, habe ich um Rainhard Fendrich erstmal einen Bogen gemacht. Zu sehr verfolgte mich „Macho Macho“ aus meiner Kindheit, ein Lied, das ich nicht mochte, weil ich mich von der albernen Musik ablenken ließ und auf den wirklich guten Text nie geachtet habe. Außerdem hat er „Herzblatt“ moderiert, was ich mir zwar nie angesehen habe (außer davor mit Rudi Carrell), ihn aber für mich als ernstzunehmenden Künstler warum auch immer disqualifizierte. Jahre später hörte ich „Strada del Sole“ und war begeistert („I hob kane Lire – und kane Papiere“) und musste danach feststellen, dass auch „Es lebe der Sport“ kein albernes Herumgeblödel war, wie ich bis dahin annahm (ich war tatsächlich bisweilen ein sehr ignorantes und voreingenommenes Kind, vielleicht lag das an der CDU-Verehrung eines meiner Erziehungsberechtigten), sondern ernsthafte Satire, und mit „Weusd a Herz hast wia a Bergwerk“ und „I Am From Austria“ („Sag ma wer ziagt no den Huat vur dia – Außer mir?“) sowie als Teil von „Austria 3“ hat mich Rainhard Fendrich endgültig überzeugt. Nach ca. fünfzehn Jahren ausgiebigen Koksens ist er seit irgendwann in den Nullerjahren nun glücklicherweise clean und bringt weiterhin alle paar Jahre ein gutes Album nach dem anderen heraus. So auch heuer, wo es auf „Wimpernschlag“ rund 50 Minuten neue Fendrich-Musik, verteilt auf 16 Songs, zu hören gibt.

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Tonnen von Hall – Antlitz/Ein Abdruck vom Messer im Herzen – Iapetus/Unsung 2024/2025

Von Matthias Bosenick (31.01.2025)

Für Metal ist hier ganz schön viel Nichtmetal drin. Als Tech oder Math Metal klassifiziert sich das neu zusammengestellte Trio Tonnen von Hall, bringt aber dem Metal reichlich ferne Sounds unter. Im November gab’s als ersten Vorboten die EP „Antlitz“, jetzt ist das Debüt-Album „Ein Abdruck vom Messer im Herzen“ griffbereit. Das Mathematische drückt sich dadurch aus, dass die Tracks zwar Rhythmen haben, die aber so komplex sind, dass das Mitwippen schwerfällt, und dazu kompositorische Strukturen weit außerhalb des Popradios. Anspruchsvolle und ansprechende, aber keine leichte Kost, und das lässt der Bandname ja bereits vermuten. Die Jazz-Schublade ist nicht weit entfernt. Und das alles ohne Bass!

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Martina Verhoeven Quintet – Indicator Light: Live at Paradox 2023 – A New Wave Of Jazz 2024

Von Matthias Bosenick (30.01.2025)

Wo treibt sich das Antwerpener Wunderkind Dirk Serries denn noch überall herum? Im Free-Jazz-Projekt Martina Verhoeven Quintet zum Beispiel, wie kommt er dazu? Ah – er ist mit der Bandleaderin verheiratet, so kommt der Ambient-, Drone- und Proggitarrist also in den Jazz. „Indicator Light“ ist eine dreiviertelstündige Live-Improvisation, die den herkömmlichen Musikstrukturen so gut wie alles wegnimmt und eine dennoch hörbare Kakophonie errichtet, mit Schlagzeug, Piano, Saxophon, Kontrabass und eben Gitarre. Ornette Coleman grinst sich eins.

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