Tacet Tacet Tacet – Fickle – Slowth Records 2025

Von Matthias Bosenick (13.01.2025)

Was für ein obskur glitzernder Abgrund tut sich denn da wieder auf: Francesco „Fra“ Zedde ist ein in Utrecht lebender Italiener aus Jesi, der sich in unzählbaren musikalischen Projekten austobt, die auch noch komplett unterschiedlich ausgerichtet sind. Für „Fickle“, sein drittes Album als Tacet Tacet Tacet, reiste er nach Island, um dort Field Recordings zu erstellen, die die Grundlage für diese abstrakte Musik ergeben. Abstrakt, aber zugänglich: Allein die Rhythmen betreffend könnte man „Fickle“ zwischen Jazz und IDM anordnen, die namensgebende Stille (Tacet) liegt allem trotzdem inne. Kunstmusik, die Freude bereitet.

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Ringo Starr – Look Up – Capitol 2025

Von Guido Dörheide (12.01.2025)

Ringo Starr, der sympathische Lieblingsbeatle von Marge Simpson und einer der präzisesten Schlagzeuger weltweit („I am the fucking click!“), entwickelt sich anscheinend zum europäischen Pendant von Willie Nelson: Mit 84 Jahren veröffentlicht er ein wunderschönes Country-Album. Ebenso wie Nelson ist er gut bei Stimme (die 84 hört man nicht raus, was bei Nelson im selben Alter, also vor ca. 7 Jahren, ebenfalls der Fall war – mittlerweile klingt Nelson wie andere Künstler mit knapp über 70, aber wurscht, ich schweife aus. Ringo hört sich auf jeden Fall an, als läge die Beatles-Trennung weniger als 20 Jahre zurück), ebenso wie bei Nelson ist Country ein gut passendes Genre für ihn und ebenso wie Nelson schreibt er nicht alle Songs, die er singt, selbst. Das war es dann aber auch schon fast mit den Gemeinsamkeiten, zumal Nelsons Eigenkompositionsanteil auf den meisten Alben auch höher ist als bei Starr – er bringt es hier gerade mal auf ein selbstgeschriebenes Stück („Thankful“, zusammen mit Bruce Sugar). Was aber nichts macht, schließlich singt er auf allen Songs und – weit wichtiger – er spielt auch auf allen Songs das Schlagzeug. Mit 84! Als Sänger mag ich Ringo eigentlich ganz gerne (was wären die Beatles ohne „I Wanna Be Your Man“, ohne „Yellow Submarine“ und ohne „With A Little Help From My Friends“?) und mit Aufsätzen über den Stellenwert und die Perfektion seines lange Zeit unterschätzten Schlagzeugspiels wurden inzwischen schon ganze Bücherregale gefüllt.

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Six Months Of Sun – Creatures – Cold Smoke Records 2024

Von Matthias Bosenick (09.01.2025)

Riiiiiiiffs!!!! Groooooves!!!! Energieeeeeeee!!!!!!! Was die lediglich drei Musiker aus Genf hier abfeuern, braucht keinen Sänger – ihr Stoner-Post-Hardcore-Metal-Brett zündet auch sprachlos vom ersten bis zum letzten Ton. Six Months Of Sun heißt das Trio, „Creatures“ das erst dritte Album in über zehn Jahren, und es rockt wie Sau. Für Kiffer ist es eigentlich viel zu brutal, oder?

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Red Lorry Yellow Lorry – Driving Black – Cop International 2024

Von Matthias Bosenick (09.01.2025)

Satte 32 Jahre nach der letzten Tonträgerveröffentlichung – außer Compilations – kommen Red Lorry Yellow Lorry aus Leeds plötzlich mit der Splatter-Vinyl-12“ „Driving Black“ um die Ecke, und das auch noch als Vorboten zu einem neuen Album, „Strange Kind Of Paradise“, dem finalen sechsten der Post-Punk-Waverocker. Final, weil Bandmitglieder durchsickern ließen, dass Chef Chris Reed gesundheitliche Probleme habe, die eine Fortführung seiner musikalischen Aktivitäten unterbinden. Daher freut man sich über diese teilweise auch schon 20 Jahre alten neuen Songs, auch wenn diese Rückkehr künstlerisch insgesamt eher lediglich so okay ist.

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Was meine Freundin gerne liest – die Literaturkolumne: Verdienter Lehrer des Volkes – Ottokar Domma

Von Onkel Rosebud

Ottokar Domma war wohl der bekannteste Schüler der DDR. Früchtchen, Weltverbesserer, Gerechter, Schalk und Philosoph in einem. So heißen jeweils auch alle Bücher der Reihe. Ottokar besuchte seit 1967 die sechste Klasse einer brandenburgischen Schule. Er blieb immer zwölf – wie Harald, sein bester Freund, wie der Schweinesigi oder die Mia, die „die dicke Mia“ genannt wird, was heutzutage zu Recht nicht mehr geht. Auch andere Charaktere in den Büchern wie der Klassenlehrer Burschelmann, Direktor Keiler, Fräulein Bella Kohl oder die Pilei Alfons altern in den Büchern nie.

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Albireon – Effemeridi – Toten Schwan Records 2024

Von Matthias Bosenick (08.01.2025)

Über 25 Jahre alt ist das Neofolk-Projekt Albireon aus der Emilia-Romagna, „Effemeridi“ dürfte das rund zehnte Studio-Album sein, abgesehen von haufenweise Split-Veröffentlichungen und Compilations. Auf diesem Album bleibt das Quartett dem Genre treu gewogen: kein Schlagzeug, hauptsächlich monoton gespielte Akustikgitarre, gehauchte, bisweilen chorartige Gesänge, leichter Folklore-Einschlag, manches halbwegs exotische Instrument wie Flöte oder Streicher eingesetzt und alles erheblich abgedunkelt. Angelehnt an die Ephemeriden, der in der Antike begonnenen Sammlung astronomischer Daten, tragen Albireon ihr Wissen weiter; das ist gottlob nicht so dunkel, wie es die Szene an sich vorgibt.

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Bicycle Deck – Do Not Fold – Srogi Mroczek 2024

Von Matthias Bosenick (08.12.2025)

Nach Black Metal, Garage Punk, Post Punk und Disco-Metal kommt Synthie-Pop: Dieser Srogi Moroczek aus Baltimore ist für allerlei Überraschung gut. Dieses Mal sperrte er sich mit seinem Kumpan E. Appleton in sein Studio ein, häufte diverse analoge Synthesizer auf und generierte quasi spontan an drei Tagen das halbstündige Album „Do Not Fold“, das er nun unter dem neuen Projektnamen Bicycle Deck veröffentlicht. Darauf verfährt das Duo nicht so abgedreht wie auf vorherigen Alben, sondern ganz in Sinne des Downbeat, Berliner-Schule-Ambient und sonstigen synthetisch generierten Soundspiels.

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Yoo Doo Right – From The Heights Of Our Pastureland – Mothland 2024

Von Matthias Bosenick (07.01.2025)

Die Nähe zum Krautrock steckt ja schon im Bandnamen: „Yoo Doo Right“ ist der Titel eines Stückes der Kölner Can, veröffentlicht 1969 auf dem Debüt „Monster Movie“. Doch hört man sich das dritte Album „From The Heights Of Our Pastureland“ des gleichnamigen Trios aus Montreal an, freut man sich sehr darüber, dass der alte Krautrock hier maximal eine Inspirationsquelle ist – Yoo Doo Right sind eher im Post-Metal zu verorten, im Post-Rock, im analog gespielten Ambient, im Shoegaze, im abgedunkelten Indierock – und ja, die repetitive Monotonie mancher Passagen ordnet man gemeinhin dem Krautrock zu. Sei’s drum, die Kanadier machen mehr draus, man kann das Album mit Fug und Recht unter Knaller einsortieren.

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U2 – How To Re-Assemble An Atomic Bomb – Island/Intersope 2024

Von Matthias Bosenick (06.01.2025)

U2 punkten mal wieder mit alten Aufnahmen: „Ho To Re-Assemble An Atomic Bomb“ ist eine Sammlung von Demos und Raritäten aus der Zeit des nunmehr 20 Jahre alten, vorletzten guten Albums „How To Dismantle An Atomic Bomb“, im Zuge von dessen verkaufsträchtig bonusbestückter Wiederveröffentlichung diese zehn Tracks exklusiv von den Record-Store-Day-Ableger Black Friday als separate LP in den inhabergeführten Plattenhandel kommen, und das auch noch schon in schwarzrot marmoriert. Die Platte lohnt sich, weil die Stadionrocker U2 um 2004 – anders als um 2000 oder ab 2014 – beseelt, inspiriert und motiviert zu Werke gingen.

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Antumbra – Days Of Future Ravaged Lands – Loud Rage Music 2024

Von Matthias Bosenick (02.01.2025)

Als Ein-Mann-Projekt stehen einem mittlerweile haufenweise erschwingliche technische Hilfsmittel zur Verfügung, die beim Hören der Musik den Eindruck von Ein-Mann-Projekt gar nicht mehr aufkommen lassen. Marius Ignatescu aus Transsylvanien erreicht dies ebenfalls, gottlob: Der Black Metal auf „Days Of Future Ravaged Lands“, seinem fünften Album als Antumbra, klingt nach einer Band, die routiniert zusammenspielt. Er selbst spricht von Atmospheric Black Metal, umgeht damit also den seit einigen Jahren beliebten Präfix Post, bedient ihn aber – und das auch noch auf attraktive Weise. Mit Mosten generiert der Mann aus Sibiu Atmosphären, die er mit stilleren Passagen anreichert, wie man das eben so macht. Und er macht es gut.

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