The Absurd – Cancel The Wall – Bent Knee Records 2021

Von Matthias Bosenick (31.01.2022)

Keine vier Jahre alt, erfährt das Debütalbum von The Absurd aus Los Angeles die bereits dritte Wiederveröffentlichung, dieses Mal als „Cancel The Wall“. Physisch leider nur als CDr, außerdem mit anderen Tracks als im Begleit-Download, aber hey, allein für den Hit „Boots On The Ground“ ist es den Erwerb wert. Die Trump-Anleihe des Ur-Titels „Build The Wall“ ist inzwischen umgekehrt, da ist man politisch eindeutiger geworden. Musikalisch bewegt man sich mit Black-Sabbath-Anleihen nahe am Stoner, rifft wuchtig, schreit eindringlich, groovt amtlich, gniedelt episch, und dem Zuhörer bricht der Nacken, wenn er gerade keinen Platz zum Tanzen hat. The Absurd sind lediglich zu dritt – und da steckt mächtig gewaltige Gewalt drin!

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Anna von Hausswolff – Live At The Montreux Jazz Festival – Southern Lord 2022

Von Guido Dörheide (30.01.2022)

Es ist ja irgendwie nur das halbe Vergnügen, wenn Anna von Hausswolff nicht singt. Wie z.B. auf ihrem 2020er Album „All Thoughts Fly“, das trotzdem unglaublich gut ist und auf dem sie aus der Kirchenorgel alles herausholt, was drin ist.

Jetzt gibt es „Live at Montreux Jazz Festival“, und da singt sie dann auch wieder. Und holt aus ihrer Stimme alles raus, was drin ist. Bei der Aufnahme handelt es sich um einen Auftritt aus dem Jahr 2018 (als supporting act [„Vorgruppe“ wäre dem, was auf diesem Album passiert, nicht annähernd gerecht geworden] für Nick Cave and the Bad Seeds), so dass hauptsächlich Songs von dem im selben Jahr erschienenen Album „Dead Magic“ vertreten sind, was aber nichts macht, denn das Album ist ganz hervorragend. So auch „Live At The Montreux Jazz Festival“.

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Wiegedood – There‘s Always Blood At The End Of The Road – Century Media 2022

Von Guido Dörheide (29.01.2022)

Ui! Auf „De Doden hebben het goed“, „De Doden hebben het goed II“ und „De Doden hebben het goed III“ folgt nicht etwa „Nu hebben de Doden het niet meer goed“ oder „Lieveling, ik heb de Doden gekrompen“, sondern einfach „There‘s Always Blood At The End Of the Road“. Aber die üblichen Streichholzspielereien auf dem Cover sind geblieben. Ein eindrucksvoller Titel für ein eindrucksvolles Album. Wiegedood (zugegebenermaßen ein Bandname, wie er negativer kaum geht) sind in Gent in Ostflandern beheimatet und gehören zum belgischen Künstlerkollektiv „Church Of Ra“. Kirchen nicht anzünden, sondern selber zu einer gehören: Sooo muss Black Metal!

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Christin Nichols – I’m Fine – Freudenhaus/Rough Trade 2022

Von Guido Dörheide (28.01.2022) Zu allererst muss ich mal zugeben, dass ich Prada Meinhoff nur vom Namen her kenne und somit völlig unvoreingenommen an Christin Nichols‘ Debütalbum herangehe. Da ich prinzipiell nicht fernsehe, sondern in meiner Freizeit ausschließlich Erdbeermarmelade koche, die ich dann mit einem saftigen Gewinnaufschlag an Waisenhäuser verkaufe, war sie mir bisher auch als Schauspielerin kein Begriff. Perfekte Voraussetzungen, um mich mit dem besagten Debütalbum zu beschäftigen.

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Cäthe – Chill Out Punk – Träum weiter! Records 2022

Von Guido Dörheide (28.01.2022)

Was uns im Inneren zusammenhält? Na was wohl? Unter anderem „Die Lust auf Toast Hawaii“, wie Cäthe ihre HörerInnen gleich im ersten, gleichnamigen Song wissen lässt. Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen der Ich-Erzählerin und ihrem beziehungstechnischen Gegenpart bestünde darin, dass sie beide weder alle Tassen im Schrank noch einen Plan hätten, aber immerhin wüssten, wie das mit dem Küssen ginge. Dieses textliche Niveau weiß Cäthe in den folgenden 9 Songs zu halten, in „Warum Darum“ fragt sie sich, warum sie eigentlich mit ihrer Therapeutin über die Minderwertigkeitskomplexe des Partners reden müsse, einige Songs weiter singt sie darüber, dass sie doch nur einen Orgasmus haben wolle, ohne dass es auch nur annähernd peinlich oder schlüpfrig klingt, und wenn sie singt „Du bist mein Mond, meine Sonne, meine Sterne“, drängt sich dem/der Hörenden glücklicherweise kein einziges Mal die Frage auf, wessen Namen der Stern wohl tragen möge.

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The Perc Meets The Hidden Gentleman – Lavender – Strange Ways/Sireena 1991/2021

Von Matthias Bosenick (20.01.2022)

Das Hit-Album, man könnte bald die abgelutschte Bezeichnung „Kult“ heranziehen, von The Perc Meets The Hidden Gentleman ist 30 Jahre später wieder auf CD und Vinyl erhältlich: „Lavender“ klingt trotz seiner Gothic-Gäste (Alexander Veljanov, Jochen Schoberth, The Voodoo, Achim Färber) nicht nach Gothic, und in der Rückschau freut man sich, dass damals noch die Mucke vor der Tanzflächentauglichkeit stand – Clubhits hat das Album nämlich aus heutiger Sicht keine, ist aber trotzdem ein Hit. So war das 1991, an der Schnittstelle zwischen Synthiepop und Grunge, als Dutzende grandioser Alben herauskamen, vor der großen Kommerzwelle Dank MTV und Majorlabels. „Lavender“ ist mehr als ein Zeitdokument des Indierock, Neofolk, Psychedelic Rock, Progrock, Artrock und weiß der Geier was noch: Es ist eine bis heute gültig spannende Reise durch die Kreativität von Tom Redecker und Emilio Winschetti sowie dem vielköpfige „Lavender Orchestra“.

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Spezial: Head Perfume Records

Von Matthias Bosenick (18.01.2022)

Zwei neue LPs bringt der Dresdener Tausendsassa René Seim auf seinem Label Head Perfume Records heraus, in denen der Fuzz eine wesentliche Rolle spielt: „Always Memphis Rock And Roll – Volume 1“ ist eine Zusammenarbeit mit Robert Wyatt von Black & Wyatt Records aus der titelgebenden Gegend mit Songs, die mehrere Jahrzehnte abdecken und die große Bandbreite lokaler Mucker dokumentiert, und die Compilation „Hotzenplotz“, die den Anschein einer Zusammenstellung diverser Artisten hat, indes ausschließlich den verstorbenen Oldenburger Krachmacher Nils Damage in all seinen Inkarnationen portraitiert. Lärm!

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Schneider Collaborations – Schneider | Gutjahr Jung – Schneider Collaborations 2021

Von Matthias Bosenick (12.01.2022)

Eine neue Runde Entspannungs-Lärm von Jörg A. Schneider und einem Kollaborateur seiner Wahl, heute: Martin Gutjahr-Jung aus Koblenz, mit dem er bereits im Trio Bone Machine spielte und den er überhaupt seit über 25 Jahren noch aus BluNoise-Zeiten kennt. Heißt für diese LP: Schneiders taktfreies Schlagzeug trifft auf ebenso improvisiert gespielte Gitarre und Bass, was Sounds im Geiste von Jimi Hendrix, früher Swans oder dem Caspar Brötzmann Massaker ergibt, nur ohne die Songs dahinter, aber dafür so dicht atmosphärisch, dass man das Fehlen von Songs nicht als Versäumnis auffasst.

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Krüger – Unerhört EP Vol. 1 & Vol. 2 – Bauchpfannen Aufnahmen 2021

Von Matthias Bosenick (11.01.2022)

Geil, Krüger entrümpelt seinen Keller und fördert stapelweise Kassetten mit Demos und Liveaufnahmen zutage. Wenn er schon seit mehr als vier Jahren keine neue Musik herausbringt, dann wenigstens alte, und die ist ja deswegen nicht schlechter. Der Indierocker hat einfach das Gespür für Hooks, Arrangements und Punchlines, schon bei den Trottelkackern war das so, und damit überzeugen auch diese einstmals aussortierten Songs. Live kommen die Stücke, die er ansonsten zu Hause allein einspielt, noch besser zur Geltung, mit noch mehr Groove und einem fantastischen Zusammenspiel seiner erstklassigen Mitmusiker. Bei aller Ironie kann Krüger eines aber nie verbergen: seine Melancholie, die seinen Indierocksongs Tiefe und Schwere gibt, so straight sie auch rocken.

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Deine Lakaien – Dual+ – Prophecy 2021

Von Matthias Bosenick (06.01.2022)

Der Nachschlag zum Doppelalbumboxmegarelease vor wenigen Monaten: Deine Lakaien haben noch mehr Coversongs im Köcher, inklusive eigenkomponierten Referenzen dazu. „Dual+“ nennen sie das und untermauern damit, wie weit das kulturelle und musikhistorische Spektrum der beiden Gruftmusiker geht – weiter jedenfalls als das der meisten Gruftis. Ohne Pink Floyd etwa ist ja ohnehin der Gothic Rock kaum denkbar. R.E.M. und Devo sind hier eher unerwartet dabei, und mit dem abschließenden „Wiegenlied“ des Komponisten Michael Glinka entspricht das Verhältnis von Coverversion zu Eigenkomposition auf „Dual+“ nicht dem von „Dual“ – hier gibt’s mehr Originale. Sound und Stil der Lakaien bleiben wiedererkennbar zwischen balladeskem Akustik-Piano und beinahe an Industrial angelehnter Elektronik mit Gruftpopgrundlage. „Dual+“ ist sogar geschlossener als der Vorgänger, nur „Losing My Religion“ wirkt hier ähnlich deplatziert wie weiland „The Walk“ von The Cure auf „Dual“, nur nicht so peinlich.

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