Von Matthias Bosenick (21.08.2025)
Wenn ein Album gleich mit einem Ohrwurm beginnt, ist das schon mal ein gutes Zeichen, und wenn sich diese Ohrwurmhaftigkeit über die Spielzeit häuft, ein umso besseres – und das bei einem Album, das bei aller Lieblichkeit auch noch leicht sperrig ist, zumindest hintergründig. Hört man sich die fragilen Folkweisen der Faun Fables an, mag man sich kaum ausmalen, dass diese Familie in anderen Zusammenstellungen den größtmöglich brutalen Lärm zu machen in der Lage ist, als Sleepytime Gorilla Museum etwa. Das siebte Album „Counterclockwise“ ist das erste von Faun Fables nach neun Jahren Unterbrechung.
Archiv der Kategorie: Vinyl
Blixa Bargeld & Nikko Weidemann – Blixa Bargeld Sings David Bowie – Bargeld/Weidemann 2025
Von Matthias Bosenick (20.08.2025)
Wenn Blixa Bargeld schon David Bowie singt, dann natürlich vornehmlich dessen Songs mit Berlin-Bezug. Zur Seite sitzt ihm Pianist Nicolai „Nikko“ Weidemann, subkultureller Weggefährte seit 45 Jahren, der die vier ausgewählten Lieder dieser EP warm begleitet, auch stimmlich im Hintergrund. Natürlich hat ein Bargeld nicht die Inbrunst eines Bowie, seine Art, die Stimme einzusetzen, unterscheidet sich massiv, er ist mehr der Erzähler als der Sänger, so kennt man ihn, so liebt man ihn. Dringlicher ist jetzt eigentlich noch der Wunsch nach „Blixa Bargeld singt Rio Reiser“.
Moon’s Mallow – Moon’s Mallow – Moon’s Mallow 2025
Von Matthias Bosenick (12.08.2025)
Beinahe fühlt es sich an wie Verrat, dass „Moon’s Mallow“, die vierte Schallplatte der Psychedelic-Britrocker gleichen Namens aus Bari, trotz melancholischer Grundierung so gutgelaunt daherkommt – schließlich ist es das Vermächtnis von Claudio Colaianni, dem Gitarristen, den Bandkopf Gioia Coppola von den Heavy-Psych-Helden Anuseye und That’s All Folks! für sein Projekt übernommen hatte, denn er verstarb Anfang Juli. Hier hört man ihn und die ganze Band in voller Spielfreude ein Album einrocken, das auch ohne den Trauerflor etwas Besonderes ist.
The Jesus Lizard – Flux – Ipecac 2025
Von Matthias Bosenick (11.08.2025)
Dem Rezensenten waren The Jesus Lizard jahrzehntelang eine Lücke in der Sammlung, die umso lärmender klaffte, als die Band im vergangenen Jahr nach Jahrzehnten Pause plötzlich mit dem siebten Studioalbum „Rack“ wieder auf der Agenda erschien. Zum jüngsten Record Store Day kompilierte Mike Pattons Label Ipecac drei nicht auf dem Album enthaltene Digital-Singles zur 12“-EP „Flux“ mit Etching auf der B-Seite. Überteuert natürlich, wie alles beim RSD, aber geil: Noiserock mit angeschrägten Akkorden und keinem Bock auf Konventionen – wozu auch, nach all den Jahren. Ein wunderbarer Anlass, die Lücke zu stopfen zu beginnen.
Houses Of Heaven – Within/Without – Felte 2024
Von Matthias Bosenick (07.08.2025)
Ein tragisches Ereignis ist der Grund, warum Houses Of Heaven ins Bewusstsein des Rezensenten kamen: Nach dem Tod des Nitzer-Ebb-Sängers Douglas McCarthy teilte jemand in diesem Internet den Song mit dem programmatischen Titel „The End Of Me“, den McCarthy für das Trio aus Oakland einsang. Flugs das Album erworben, stellt sich heraus, dass die anderen Songs sogar noch besser sind: Achtziger-Synthie-Sounds kombiniert mit analogen Instrumenten und zeitgemäßem Songwriting, melancholische Stimmung, und dann noch auf graumeliertem Vinyl. Eine schöne Entdeckung!
Pulmonary Fibrosis/Repulsive Feast – Fetish Of Gore – Lycanthropic Chants 2025
Von Matthias Bosenick (25.07.2025)
Da tun sich zwei Bands zusammen, die mit jeweils zwei Songs belegen, wie divers ein Auf-die-Fresse-Genre wie der Death Metal so sein kann. Pulmonary Fibrosis aus Yzeures-sur-Creuze verlegen sich aufs Growlen und groovende Knüppeln, während Repulsive Feast aus Wolfsburg die ein oder andere unerwartete Verschachtelung einbauen. Pinkes Vinyl ist mehr als angemessen für eine 7“ mit so einem Sound!
Himmelaya – Lost Horizon – Fruits de Mer Records 2025
Von Matthias Bosenick (21.07.2025)
Auf seinem Debütalbum „Lost Horizon“ treibt das neu aus der Taufe gehobene internationale Projekt Himmelaya den Krautrock nach (La) Düsseldorfer Art munter vor sich her und versetzt ihn im Wechsel mit ausgedehnten Ambient-Ausflügen wahlweise nach Westdeutschland, nach Fernost oder ins Kosmische. Hinter diesem Projekt stecken der Düsseldorfer (das erklärt einiges) Jochen Oberlack, der Engländer Marc Hunt alias Swordfish von Astralasia sowie als Sprecherin und gelegentlich auch Sängerin Britt Rönnholm von Us And Them aus Schweden. Verrückt: Wer die anderthalbstündige Doppel-LP kauft, bekommt eine Doppel-CD mit Bonustracks on top obendrauf. Im Stream gibt’s dieses besondere Album bedauerlicherweise gar nicht.
Ursula Nistrup – As I Move Towards Embrace – Nordsø Records 2025
Von Matthias Bosenick (09.07.2025)
Die Schönheit dieses Vinyls liegt im Gesamtpaket: „As I Move Towards Embrace“ ist der Titel einer Ausstellung der Künstlerin Ursula Nistrup, für die Sängerin Lis Sørensen sowie die Musizierenden Jomi Massage und Luke Sutherland eine Art Score erstellten. Goldenes marmoriertes Vinyl, einseitig bespielt, monochrom blaues Cover einer trüben Landschaft, dazu melancholischer Gesang – eine Platte für den Herbst, möchte man meinen, aber diese Musik umarmt einen auch ganzjährig.
Bono – Stories Of Surrender EP – Island 2025
Von Matthias Bosenick (18.06.2025)
Mit der „Stories Of Surrender EP“ promotet und Politaktivist und Sänger der Rockband U2 Paul Hewson alias Bono Vox aus Dublin, Republik Irland, eine bei Apple+ erschienene gleichnamige Dokumentation über – Überraschung – ihn selbst, die wiederum seine Autobiografie „Surrender“ begleitet. Die drei Songs dieser 7“-Vinylsingle sind dem Film entnommen und wurden quasi live mit dem Jacknife Lee Ensemble aufgeführt, als hätte Hewson nicht bereits eine Band. Aber ja, die Versionen unterscheiden sich erheblich, sie sind in zwei Fällen minimalistischer und in einem auf eine ansprechend aufgebrochene Weise tanzbar.
Krügerglantzquartett – Alles gut – KGQ 2024

Von Matthias Bosenick (08.05.2025)
Zehn Jahre Krügerglantzquartett – das eigentliche Duo aus Christian Krüger und Peter M. Glantz, das live per Projektion als bis zum Oktett hin auftritt, ist inhaltlich wie visuell ironisch, widersprüchlich, paradox, abstrakt mit seiner electrobasierten theatralischen Kunstpopmusik, die es auf bisher drei Alben veröffentlichte. Der runde Geburtstag nun ist der Anlass, ein Extrakt davon als Schallplatte herauszubringen: „Alles gut“ entlarvt die Doppelbödigkeit der Texte bereits im Titel, denn das Duo mag diese Floskel nicht. Man selbst hingegen kann aber nicht anders, als diese Musik zu mögen. Glücklich, wer im Dezember die Show zur Platte im Das Kult zu Braunschweig erleben konnte. Noch glücklicher, wer mit dem DJ-Team Rille Elf diese fantastische Show auch noch begleiten durfte!