Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Wohin mit dem Hass?

Von Onkel Rosebud

Ich habe festgestellt, dass ich das Wort Hass inflationär benutze, um eine Abneigung zu beschreiben. Meine Freundin mag das nicht. Sie lehnt jede Form von Radikalisierung ab und findet, Hass ist ein gewagter Ausdruck und vergiftet die Seele. Mit dem Hass ist es aber eine seltsame Sache. Ich wiederum neige nicht nur ab und zu zur Übertreibung, sondern habe bei dem Thema auch kognitive und psychologische Tendenzen in Richtung starker emotionaler Antworten. Am deutlichsten zeigt sich das im Straßenverkehr. Lahmarschiges Anfahren von Teilnehmern an Ampeln mit kurzer Grünphase oder die Parkplatz-Anfahrsituation: Ein Sucher fährt langsam in der Mitte der Straße und blinkt nicht, bevor er (meistens ein Er) einparkt. Um dann zwei Parkplätze gleichzeitig auszufüllen, oder, oder, oder. Das bringt mich zur Weißglut und lässt mich Beleidigungen brüllen.

Weiterlesen

Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Danke Goth – Anja Huwe

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin neigt zur Synästhesie. Buchstaben oder Zahlenfolgen erzeugen vor ihrem inneren Auge Farben oder Temperatur. Zum Beispiel bezeichnet sie die Ziffer 9 als warmes Grün. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass Töne für sie nicht nur klingen, sondern gleichzeitig schmecken. Neulich habe ich ihr Auszüge aus dem mich begeisternden Tonträger „Codes“ von Anja Huwe vorgespielt. Ihr Kommentar lautete sinngemäß: „Riecht nach abgestorbenem Gehölz. Schmeckt wie Esche mit Brombeeren.“ Ziemlich gute Antwort, dachte ich, weil meine Freundin bis dahin Anja Huwe nicht kannte, und dass sie mit ihr eine Sache und mit 4-5% der Weltbevölkerung gemein hat: Synästhesie. Kurze Erklärung: Normalerweise reagiert beispielsweise der Geruchssinn auf einen olfaktorischen Reiz, etwa eine duftende Blume oder frische Brötchen. Das Gehör wiederum nimmt Lärm oder klackende Hackenporsche wahr. Menschen mit Synästhesie riechen Gerüche oder hören Töne aber nicht nur, sie können sie auch „sehen“ oder „schmecken“.

Weiterlesen

Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Was ist eigentlich mit Lauryn Hill passiert?

Von Onkel Rosebud

Nach wie vor geht Lauryn Hill meiner Freundin runter wie kaltes Malzbier. Über 25 Jahre ist es mittlerweile her, dass sie ihren Solo-Durchbruch mit „The Miseducation Of Lauryn Hill” feierte. Ein Album, das weltweit Erfolge erzielte und einen Meilenstein in der Hip-Hop-Szene setzte. Ihr Debüt gewann als erste Hip-Hop-Platte 1999 den „Album des Jahres“-Grammy, neben vier weiteren Auszeichnungen in den wichtigen Kategorien. Das hatte zuvor noch kein Rapper, geschweige denn, ein weiblicher MC geschafft. Ja, und wer sich mal eben, mit 23 Jahren, von den Fugees auskoppelt, hat schon einen eklatanten Vorsprung am Start für die Solo-Karriere. Wer das nicht glaubt, gleich mal Roberta Flacks Coverversionen von „Killing Me Softly With His Song“ auflegen.

Weiterlesen

Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Was meine Freundin gerne hört.

Von Onkel Rosebud

In dieser Folge der Kolumne gehe ich auf einen besonderen Wunsch meiner Freundin ein. Sie hält mir regelmäßig vor, in ihrem werten Namen über Zeugs zu schreiben, was sie oft gar nicht kennt, und fordert eine Richtigstellung: Schreib‘ doch mal wirklich über das, was deine Freundin gerne hört, zum Beispiel über Stereolab. Na, sehr gern.

Weiterlesen

Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Once a Stuffie always a Stuffie.

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin hat meine aktive Wonderstuff-Phase nicht mitgekriegt. In unserer Kennenlern-Periode hat sie im Angesicht meines schwarzen T-Shirt-Friedhofs mal gefragt, wieso ausgerechntet auf der offensichtlich am meisten getragenen Obertrikotage ausgerechnet „The Idiot“ steht. „Wolltest Du Deinen Kritikern zuvorkommen“, kicherte sie. Ich stammelte was über Selbstironie und eine Platte namens „Construction For The Modern Idiot“ (Polydor, 1993), schnallte aber schnell, dass ich bei ihr nicht mit geigengestützem, englischem Alternitive-Rock (sondern mit walisischem Trip-Hop, aber das ist eine andere Geschichte) punkten kann.

Weiterlesen

Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Seelenmusik: Tindersticks

Von Onkel Rosebud

Als 1993 das erste Album der Tindersticks erschien, steuerte Britpop auf seinen Höhepunkt zu. Aber die Band aus Nottingham lebte in einer anderen Welt. In dreiteiligen, grauen Anzügen standen die jungen Männer, die damals schon Musik von älteren Herren machten, auf der Bühne und pflegten in ihren Songs eine langsame, düstere Romantik. Das ist nicht als Beleidigung gemeint. Tindersticks steht für Musik von reifen Herren, die gelernt haben, zu reflektieren, zu horchen, zu fühlen und den Zweifel, auch an sich selbst, zu kultivieren. Es ging ihnen immer um Atmosphären und imaginäre Räume, in denen sich Sehnsucht, Trauer, manchmal auch Glück und Hoffnung entfalten können. 

Weiterlesen

Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Eisbergsalat auf Käsebrötchen – Bjarne Sörensen

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin meinte neulich, wir müssen mal über Bjarne Mädel reden. Erklär‘ mir doch mal, warum er Everybody’s Darling ist. Sie hört verschiedentliche Podcasts und immer, wenn er zu Gast ist, freut sich der Host unheimlich und lobt sein Kulturschaffen. Ich hob an und referierte über die Figur Berthold „Ernie“ Heisterkamp aus der Serie „Stromberg“, in der Bjarne Mädel trotz fragwürdiger Krawatten, Schweißflecken auf dem Hemd, Depression und vehementer Unsexyness Kultstatus erlangte. Dann „Der Tatortreiniger“. Insbesondere Folge 3 der 2. Staffel, „Schottys Kampf“, gehört in jede Schultüte, wenn es darum geht, zu beweisen, dass deutscher Humor dem britischen ebenbürtig sein kann. Und natürlich noch frühere „Mord mit Aussicht“, da ist er „der Bär“. Meine Freundin gähnte und mahnte mich, endlich zum Punkt zu kommen.

Weiterlesen

Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Bio-Bananen sind von glücklichen Affen.

Von Onkel Rosebud

Diese Ausgabe der Kolumne stellt eine Verneigung vor Frau Mansmann, bakraufarfita-records, bierschinken.net und wolverine-records dar. Ich halte das für notwendig, weil es auch in meinem Leben diverse Kreuzungen auf der dornigen Straße, die sich das Leben nennt, gegeben hat, wo ich hätte abbiegen können, um mich hingebungsvoll einer mir geliebten Subkultur zu widmen, so wie es Bönx, Fö, Schuldenberg, Felix Wirtz und Sascha Wolff gemacht haben. Und nicht zuletzt Van Bauseneick.

Weiterlesen

Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: „The Last Waltz“ – bester Konzertfilm aller Zeiten?

Von Onkel Rosebud

Neulich haben meine Freundin und ich das Abschiedskonzert „The Last Waltz“ von The Band, der Formation mit dem Understatement im Namen, gesehen. Obwohl wir es normalerweise nicht so mit der Mischung aus Folk-Rock, Country, Jazz und Rhythm’n’Blues haben, fanden wir’s recht sehenswert – auch noch 2024. Es fand am 25. November 1976 im „Winterland Ballroom“, einem ursprünglich als Eislaufhalle geplanten Gebäude, in San Francisco statt. 1967 waren sie dort zuerst unter ihrem offiziellen Namen aufgetreten. So schloss sich der Kreis. The Band – das waren Robbie Robertson (Gesang, Gitarre), Rick Danko (Gesang, Bass, Geige), Levon Helm (Gesang, Schlagzeug, Mandoline), Richard Manuel (Gesang, Keyboard, Piano, Perkussion) und Garth Hudson (Orgel, Saxophon). Sie begannen als Begleitcombo für den Sänger Ronnie Hawkins unter dem Namen „The Hawks“. Später gaben sie auch eigene Konzerte. His Bobness entdeckte „The Hawks“ und heuerte sie als Tournee- und Studioband an. Die Zusammenarbeit dauerte über eine Dekade, in der sich die Gruppe schlicht „The Band“ nannte. Zum Zeitpunkt des Auflösens waren die Musiker seit 16 Jahren zusammen und quasi ununterbrochen auf Tour.

Weiterlesen

Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Alles nur geklaut.

Von Onkel Rosebud

Ich weiß noch, als meine Freundin zum ersten Mal den Song und vor allem das Intro zu „Bitter Sweet Symphony“ von Richard Ashcroft hörte, stellte sie das Rotweinglas ab und ihre Augen schauten mich schräg-fragend an: „Häh, woher kenne ich das?“ Daraufhin erklärte ich ihr, dass der knuddelige Sänger der Formation The Verve nach der ersten Auflösung in einer Rolling-Stones-Coverband jobbte und dabei wohl das Streichersample in der Orchesterversion von „The Last Time“ entdeckt hat. Der Rechtsstreit mit Allen Klein – ehemaliger Manager der Rolling Stones und Rechteinhaber des Songs – dauerte mehr als 20 Jahre und dabei ging es um mehrere Millionen Dollar Veröffentlichungstantiemen.

Weiterlesen