Die andere Seite der Hoffnung (Toivon tuolla puolen) – Aki Kaurismäki – FIN/D 2017

Von Matthias Bosenick (04.04.2017)

Flüchtlingsdrama, Menschlichkeit, Eheprobleme, Rassismus, Behördenwillkür, Livemusik – alles in einem Film, alles in einem Kaurismäki, und alles so begnadet gut wie kaum etwas dieser Tage. Kati Outinen, wenigstens kurz! Und jedes Bild wie ein Kunstwerk. Da fließen die Tränen allein schon vor Rührung über dieses Wunderwerk. Eindringlicher als Nachrichten gucken. Und mit mehr Appellpotential.

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Wilde Maus – Josef Hader – A 2017

Von Matthias Bosenick (23.03.2017)

Die Aufmerksamkeit des Feuilletons ist Josef Hader sicher, denn die Hauptfigur seines Regiedebüts ist ein Arbeitskollege: Hader selbst spielt einen geschassten Konzertkritiker, der mit seiner neuen Lebenssituation nicht zurechtkommt. Das Orientierungslose des Fiftysomethings greift der Film recht gut auf, denn auch die Geschichte kommt nicht zur Sache. Da hätte man insbesondere von Hader deutlich mehr erwartet.

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T2 Trainspotting – Danny Boyle – UK 2017

Von Matthias Bosenick (21.02.2017)

Mega mega wildes Ding, diese überraschende Fortsetzung des Neunziger-Popkultur-Meilensteins (als solchen muss man den Film auffassen) „Trainspotting“. Regisseur Danny Boyle holte die verbliebene Clique zusammen und erzählt, was aus den perspektivlosen Edinburgher Junkies und Kriminellen nach 20 Jahren so geworden ist. Das brutale und melancholisch-humorige Ergebnis ist nicht nur inhaltlich stimmig, sondern auch formal, in Sound und Vision. Spannend ist außer dem Film sicherlich die Frage nach dessen Zielgruppe.

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The Lego Batman Movie – Chris McKay – USA/DK 2017

Von Matthias Bosenick (15.02.2017)

Wie schade: Nach dem überraschend zynischen „The Lego Movie“ war vom Spin-Off „The Lego Batman Movie“ sehr viel zu erwarten. Doch verliert der sich in Anspielungen an Superhelden- und Monsterfilme und in eine Hollywood-typische Dramahandlung um Egoismus und den Wert der Familie. Die Story ist so flach, dass es die spärlichen guten Gags auch nicht mehr reißen. Auch das Baumaterial Lego kommt reichlich kurz. So ist dies leider kaum mehr als ein weiterer überdrehter Animationsfilm.

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Arrival – Denis Villeneuve – USA 2016

Von Matthias Bosenick (05.12.2016)

Die Bilder sind eindrucksvoll und nachhaltig: Wie da so die außerirdischen Riesenlinsen über den verschiedensten Weltgegenden hochkant in der Luft hängen, das bleibt hängen. In „Arrival“ geht es um genau diese Ankunft Außerirdischer, die zwar Töne absondern, die aber niemand versteht. Dafür muss eine Sprachwissenschaftlerin ran. Und die dreht die Geschichte mit ihren Erkenntnissen in eine gänzlich unerwartete Richtung. Man kann über diesen Film kaum angemessen berichten, ohne zu spoilern – das sei warnend vorweggeschickt.

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Train To Busan (부산행) – Sang-Ho Yeon – ROK 2016

Von Matthias Bosenick (03.12.2016)

Überraschend familienfreundlich, also für andere wiederum enttäuschend blutarm, und erfreulich charakterentwickelnd gestaltet sich der südkoreanische Zombiefilm „Train To Busan“. Akribisch bedient sich der Plot bei Katastrophenfilmen wie „Airport ’78“ und wendet jede erdenkliche Wendung an, die einem nebst Zombiezähnen in den Kopf kommt, wenn man sich das Geschehen rund um den Plot „Zombies im Zug“ ausmalt. Hier geht es weniger um Splatter als um die Grundlage der ersten Zombiefilme, die Gesellschaftskritik nämlich. Und die erhebliche Spannung, die sich darauf aufbaut, dass man vor irrsinnigen schnellen Blutsaugern um sein Leben und das seiner Liebsten rennen muss.

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Paterson – Jim Jarmusch – USA 2016

Von Matthias Bosenick (21.11.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour Der Stadtblog

Mit diesem Puzzlespiel von einem Film beschäftigt Jim Jarmusch seine Zuschauer noch Stunden nach Verlassen des Kinos. Nimmt man nur die Zwillinge als Leitmotiv, kann man schon auf schier unendliche Entdeckungsreise gehen. Die kleine Geschichte am Rande nimmt man dann trotzdem gern mit, weil sie so warmherzig und anrührend ist. Typisch für Jarmusch sind die skurrilen Normalen in diesem Film, die fast märchenhafte Abwesenheit von Rassenunterschieden sowie die vielen pop- und sonstwie kulturellen Verweise. Ein Fest!

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Ich, Daniel Blake (I, Daniel Blake) – Ken Loach – GB 2016

Von Matthias Bosenick (13.11.2016) / Auch erschienen auf Kult-Tour Der Stadtblog

Wenn ein Regisseur es schafft, mit seiner Geschichte die Zuschauer so sehr zu berühren, dass sie wahlweise in Tränen ausbrechen oder stinkwütend werden, muss er eine besondere Gabe des Erzählens haben. Ken Loach ist so einer, ein seltener Glücksfall. Mit „Ich, Daniel Blake“ macht er sich einmal mehr zum Sprecher der kleinen Leute, indem er dieses Mal das britische Sozialsystem als Grundlage nimmt, das im Wortsinne die Leute umbringt. Das ist Europa. Leider. Ein hochgradig berührender Film.

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The Childhood Of A Leader – Brady Corbet – USA 2016

Von Matthias Bosenick (12.11.2016)

Stanley Kubrick verfilmt das „Nesthäkchen“: Ein Junge, der aussieht wie ein Mädchen, terrorisiert in Zeiten des ersten Weltenbrandes angesichts autoritärer Eltern sein Umfeld. Fazit: Arschlöcher zeugen Arschlöcher. Als Erklärung für politische Führerfiguren ist das reichlich kurz gedacht und als Film reichlich langatmig. Auch der wohlgepriesene Soundtrack von Scott Walker erzeugt bei Leuten, die schon mal avantgardistische Musik gehört haben, nur für Schulterzucken. Immerhin, die Bilder sind ansprechend und manche One-Liner erinnerungswürdig. Ansonsten wundert man sich, warum Brady Corbet daran zehn Jahre lang gearbeitet haben will.

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The Tiger Theory (Teori tygra) – Radek Bajgar – CZ 2016

Von Matthias Bosenick (12.11.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour Der Stadtblog

Ah, das ist endlich mal wieder europäisches Kino ohne Weichspüler: Der Humor hier unterscheidet sich stark von der französischen Komödie und vom Hollywood-Strandard. „The Tiger Theory“ ist sarkastisch und lakonisch, schwarzböse mithin, und das so beiläufig, dass die Dialoge doppelt sitzen. Veterinärveteran Jan hat nach 40 Jahren Ehe die Schnauze voll von heiler, aber fremdbestimmter Welt und lässt sich angesichts kastrierter Kater und fehldiagnostizierter Gedächtsniskrankheiten bei Graupapageien erfolgreich dazu hinreißen, seiner Familie Alzheimer vorzugaukeln. Spannend sind hier die vielen Charakterentwicklungen, kollidierenden Lebenswelten und beratungsresistenten Stillstände sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Charaktere. Da rückt die nur wenig ausgefeilte Bildsprache in den Hintergrund: Der Film ist gut.

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