Mr. Turner – Mike Leigh – GB 2014

Von Matthias Bosenick (18.11.2014)

Wenn man lediglich weiß, dass Altmeister Mike Leigh einen Film über den unangepassten Maler William Turner gedreht hat, und guckt sich dann den Film an, wird man überrascht: Er bricht mit allen Erwartungen. „Mr. Turner“ ist kein klassisches Bio-Pic, und das ist auch gut so. Die Erzählstruktur verwirrt zunächst: Man bekommt Fragmente vorgesetzt, die nicht einmal direkt mit Turners Biografie zu tun haben, sondern eher seinen Alltag abbilden. Sie scheinen keinen Bezug zueinander zu haben, sondern eine Ansammlung von Mosaiksteinen zu sein. Mit der Zeit ähneln sie dann vielmehr Morsezeichen, die hintereinander gelesen sehr wohl eine Geschichte ergeben. Diese Geschichte ist sehr lehrreich, nur ist sie zu lang: In 150 Minuten findet sich leider auch Langeweile.

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Frank – Lenny Abrahamson – GB/IRL 2013

Von Matthias Bosenick (16.11.2014)

Fast alles an diesem Film ist zwitterhaft: Er ist halb Komödie, halb Drama; hat im Grunde zwei Hauptfiguren; hat zwei aufeinander folgende Handlungsstränge; pendelt musikalisch von der Avantgarde zum Mainstream; türmt große Geheimnisse auf, die sich letztlich zumeist als banal entpuppen. Den enttäuschend unausgereiften Charakteren stehen brillante Skurrilitäten und eine fabelhafte experimentelle Musik gegenüber. Mindestens das Rehearsal zu „Secure The Galactic Perimeter“ der Film-Band mit dem großartigen Namen The Soronprfbs um den Pappköpfigen Titelgeber Frank bleibt als absoluter Gewinn des Films haften; über den Rest muss man eine Weile nachdenken, und das ist ja auch schon mal was.

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The Salvation – Kristian Levring – DK/GB/SA 2014

Von Matthias Bosenick (16.11.2014)

„The Salvation“ ist als Film gut gelungen und als Western routiniert. Inhaltlich kompakt, optisch beeindruckend, spannend, doch letztlich lediglich die zeitgenössische Dänische Variante des uralten Spaghettiwesterns. Die Schnörkellosigkeit ist seine Stärke, es gibt keinerlei Redundanzen. Die Musik passt, Mads Mikkelsen spielt großartig, die Gewalt findet nicht im Exzess statt – das sind gut verbrachte anderthalb Stunden.

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The Zero Theorem – Terry Gilliam – USA/GB/RO/F 2013

Von Matthias Bosenick (15.11.2014)

Ein enorm vielschichtiger Film ist „The Zero Theorem“, das ist sehr angenehm. Man kommt aus dem Kino und hat eine Menge mit seinen Sitznachbarn zu besprechen. Hat man alle Einzelheiten und Ebenen erfasst, wie interpretieren andere das Gesehene? Erstaunlicherweise überfrachtet Gilliam den Film nicht, obwohl man anfangs mit der Bilderflut klarkommen muss. Optisch und inhaltlich nähert sich Gilliam seinem Meisterwerk „Brazil“ an, kopiert es aber nicht. Und Christoph Waltz darf zeigen, dass er als Schauspieler mehr als einen Typus drauf hat. Grandios.

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Pussy Riot: A Punk Prayer (Pokazatelnyy protsess: Istoriya Pussy Riot) – Mike Lerner, Maxim Pozdorovkin – GB/RUS 2013

Von Matthias Bosenick (12.11.2014)

Die mehrheitlich anonyme russische Punkband Pussy Riot rückte weniger für ihre Musik in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Dank Globalisierung und technisch ermöglichter permanenter Aufmerksamkeit gerieten drei Mitglieder in die Position, ihrer kritischen Haltung dem autoritären Präsidenten Wladimir Putin gegenüber überhaupt eine Öffentlichkeit zu verschaffen. Damit führten sie den Staatsapparat, der sie mundtot machen wollte, weltweit vor – zuletzt gelang dies ähnlich dem chinesischen Künstler Ai Weiwei. Der Film dokumentiert die dem Verfahren vorangegangene Kunstaktion in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale, das Gerichtsverfahren und den zum Zeitpunkt des Entstehens gegenwärtigen, inzwischen überholten Stand der Dinge.

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Interstellar – Christopher Nolan – USA 2014

Von Matthias Bosenick (09.11.2014)

Drei Stunden. Drei Stunden für was? „Interstellar“ hat so wenige überzeugende Momente, dass selbst die Hälfte der Spielzeit noch zu viel gewesen wäre. Der Film bleibt viel zu weit hinter seinen Möglichkeiten zurück: flache Charaktere, wenig Handlung, bekannte Effekte, uninspirierte Kamera, spinnerte Story. Bis endlich etwas Bewegung ins Spiel kommt, lümmelt man sich längst abwesend in den Sesseln. Und fragt sich am Ende, was das eigentlich alles sollte.

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20,000 Days On Earth – Iain Forsyth & Jane Pollard – GB 2014

Von Matthias Bosenick (11.10.2014)

Gute Idee, gut umgesetzt: Musiker Nick Cave spielt in diesem Film einen Musiker namens Nick Cave, der am zwanzigtausendsten Tag seines Lebens auf jenes zurückblickt. In diesen Rückblick fließen sicherlich unzählige reale Begebenheiten und Ansichten des echten Musikers Nick Cave ein, doch sollte man sich bestimmt davor hüten, sämtliches Gezeigtes als real abzuspeichern. Positiv an diesem Film ist nicht nur der Charakter der Figur Nick Cave, die sich nicht mehr auf der Suche befindet, sondern von ihren Funden berichtet. Die Musik des echten Nick Cave untermalt einen Film, der zusätzlich auch noch dem Auge gefällt.

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Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit (Still Life) – Umberto Pasolini – GB/I 2013

Von Matthias Bosenick (12.09.2014)

Ein wunderbarer, stiller, poetischer, rührender Film gelingt dem als Regisseur noch zu den Newcomern zählenden Umberto Pasolini. Die Hauptfigur John May ist mit Eddie Marsan perfekt besetzt und ebenso perfekt ausgestaltet, die Filmsprache passt sich der Entwicklung dieser Figur an, das Ende ist konsequent und bewegend. Sensible Menschen verlassen das Kino nicht, ohne sich hinterher eine Menge Gedanken zu machen, und auch Filmanalytiker finden viele Details, an denen sie ihre Freude haben. Europäisches Kino in klassischer Art.

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Jimmy’s Hall – Ken Loach – GB/F/IRL 2014

Von Matthias Bosenick (21.08.2014)

Erschreckend zeitgemäß ist die Geschichte von dem Iren Jimmy Gralton aus dem Jahr 1932, die uns Ken Loach mit seinem offenbar letzten Film erzählt. Das tut er nach alter Schule: ohne schnelle Schnitte, aber mit kunstvoll komponierten Bildern, schönen Farben, schlüssigen Zeitsprüngen, pointierten Dialogen, politischer Botschaft und der wohl schönsten Sexszene ohne Sex, die es im Kino gibt.

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Lucy – Luc Besson – F 2014

Von Matthias Bosenick (16.08.2014)

Was für ein Blödsinn, und das von Luc Besson. Die Story ist hanebüchen, durchsetzt von den typischen Logiklöchern, die in Hollywood mittlerweile Voraussetzung sind, die Hauptfigur lässt den Betrachter kalt, die Elemente sind Versatzstücke aus anderen Filmen, die Action ist flach, der Inhalt nicht minder. Wenn man es recht bedenkt, hat Besson in den vergangenen 20 Jahren nicht mehr bestätigt, wofür man ihn bis dahin zum Meisterregisseur heiligsprach. Schade!

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