Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit (Still Life) – Umberto Pasolini – GB/I 2013

Von Matthias Bosenick (12.09.2014)

Ein wunderbarer, stiller, poetischer, rührender Film gelingt dem als Regisseur noch zu den Newcomern zählenden Umberto Pasolini. Die Hauptfigur John May ist mit Eddie Marsan perfekt besetzt und ebenso perfekt ausgestaltet, die Filmsprache passt sich der Entwicklung dieser Figur an, das Ende ist konsequent und bewegend. Sensible Menschen verlassen das Kino nicht, ohne sich hinterher eine Menge Gedanken zu machen, und auch Filmanalytiker finden viele Details, an denen sie ihre Freude haben. Europäisches Kino in klassischer Art.

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Jimmy’s Hall – Ken Loach – GB/F/IRL 2014

Von Matthias Bosenick (21.08.2014)

Erschreckend zeitgemäß ist die Geschichte von dem Iren Jimmy Gralton aus dem Jahr 1932, die uns Ken Loach mit seinem offenbar letzten Film erzählt. Das tut er nach alter Schule: ohne schnelle Schnitte, aber mit kunstvoll komponierten Bildern, schönen Farben, schlüssigen Zeitsprüngen, pointierten Dialogen, politischer Botschaft und der wohl schönsten Sexszene ohne Sex, die es im Kino gibt.

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Lucy – Luc Besson – F 2014

Von Matthias Bosenick (16.08.2014)

Was für ein Blödsinn, und das von Luc Besson. Die Story ist hanebüchen, durchsetzt von den typischen Logiklöchern, die in Hollywood mittlerweile Voraussetzung sind, die Hauptfigur lässt den Betrachter kalt, die Elemente sind Versatzstücke aus anderen Filmen, die Action ist flach, der Inhalt nicht minder. Wenn man es recht bedenkt, hat Besson in den vergangenen 20 Jahren nicht mehr bestätigt, wofür man ihn bis dahin zum Meisterregisseur heiligsprach. Schade!

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Die Karte meiner Träume (The Young And Prodigious T.S. Spivet) – Jean-Pierre Jeunet – F/CDN 2013

Von Matthias Bosenick (17.07.2014)

Jean-Pierre Jeunet macht also einen Kinderfilm in 3D. Vielleicht liegt es genau an diesen beiden Faktoren, aber so richtig mitreißend ist „Die Karte meiner Träume“ nicht geworden. Der Film trägt die visuell überbordende Handschrift Jeunets und birgt so manche fantastische Idee, aber reichen die Charaktere nicht, um sich ausreichend mit ihnen zu identifizieren. Zudem erfährt die reichlich vor sich hin pläzschernde Geschichte in ihrer Mitte einen wenig plausiblen Bruch. Das Ansehen lohnt sich aber, denn die Bilder sind schön.

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Muppets Most Wanted – James Bobin – USA 2014

Von Matthias Bosenick (02.05.2014)

Der zweite Teil, der die siebte Fortsetzung ist, wie es die Muppets selbst feststellten, während sie über zweite Teile an sich lästern, ist grundsolide, charmant, humorvoll, zitatreich, spannend, kommt ohne große Überraschungen aus und enttäuscht nicht. Hey! Das war beim besten Willen nicht zu erwarten. Doch die Macher hielten sich auch unter der Disney-Knute an die alten Regeln, die die Serie in den 70ern und 80ern so erfolgreich machte. Zwar ist der Stoff kindgerecht dargeboten, richtet sich in seinen Details aber eindeutig an die Ex-Kinder, die die Muppets schon vor 30 Jahren liebten. Dieser Kompromiss ringt dem Ergebnis zwar einige Abstriche ab, mindert aber die Qualität nicht grundsätzlich. Also: gut gemacht!

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Transcendence – Wally Pfister – USA 2014

Von Matthias Bosenick (01.05.2014)

Wally Pfister: ein Name, wie gemacht für eine Weltkarriere. „Transcendence“: ein Film, wie gemacht für die Goldene Himbeere. In zwei Stunden erzählt der als Regisseur debütierende Kameramann von Christopher Nolan, wie ein ins Internet eingespeister verstorbener Nerd die Weltherrschaft an sich reißt, um eigentlich doch nur Gutes zu tun, dabei verkannt wird und sich auch noch in den Absichten seiner Witwe irrt, für die er das alles tut. Ohne große Momente plätschert der Film so vor sich hin, Vorteil: Er stört nicht beim Chillen.

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Nymph()maniac 2 – Lars von Trier – DK, B, F, D, GB 2013

Von Matthias Bosenick (08.04.2014)

Wie zu erwarten zeigt die zweite Hälfte des gesplitteten Mammutpornos mit Handlung alles das, was in der ersten Hälfte fehlte: Homoerotik, Sado-Masochismus, Gewalt, Vergewaltigung. Die Stimmung ist dabei zunehmend weniger humorvoll. Die sich für ihre Nymphomanie selbst kasteiende Joe und ihr rational-asexueller Retter Seligman nähern sich seelisch aber immer weiter an. Mit überraschendem Ende: Lars von Trier erlaubt einen Twist, über den es sich trefflich lang diskutieren lässt.

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Nymph()maniac – Lars von Trier – DK/D/F/B/GB 2013

Von Matthias Bosenick (26.02.2014)

Wer hätte das gedacht, dass der depressive Meister des Co-Traumatisierens nach dem verstörenden „Antichrist“ und dem langweiligen „Melancholia“ mit „Nymphomaniac“ als drittem Teil seiner Depressions-Trilogie nicht nur einen guten, sondern auch noch einen unterhaltsamen Film anfertigt – den er zudem zuvor irreführender- und sicherlich provozierenderweise als Porno vermarktete. Nein, der Film hat Handlung, Tiefgang, bietet Ausflüge in Psychologie, Philosophie, Wissenschaft, Kunstgeschichte, ist garniert mit Humor, Tiefgang und natürlich auch expliziten Sexszenen. Am Ende der ersten zwei Stunden der gekürzten Fassung (Teil zwei folgt im April) geht man beschwingt und gut unterhalten aus dem Kino. Das ist einem nach einem Lars-von-Trier-Film bislang ausschließlich nach „The Boss Of It All“ passiert.

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Stop Making Sense – Jonathan Demme & Talking Heads – USA 1984

Von Matthias Bosenick (20.01.2014)

Dieser Text ist auch erschienen auf der Seite des Café Riptide.

Freitag, 17. Januar

Was Braunschweig schon wieder für ein Glück hat. Eigentlich war es vom Verleih anscheinend gar nicht vorgesehen, den Film „Stop Making Sense“ im Kino wiederaufzuführen. Am 27. Februar erscheint Jonathan Demmes 1984 erstmals gezeigter Konzertfilm über die Talking Heads zwar als Neuauflage auf DVD und BluRay, aber nicht für den Kinobetrieb. Außer, man hat es mit dem Universum-Kino zu tun, genauer: mit Beate, die die Sound-On-Screen-Reihe mit dem Riptide organisiert. Für die Januar-Ausgabe der Reihe holte sie sich aus New York die Erlaubnis, „Stop Making Sense“ zum 30. Geburtstag des Films doch noch mal auf großer Leinwand zur vollen Entfaltung zu bringen. Und Braunschweig weiß diese Initiative zu würdigen: Schon Tage im Voraus ist der Film ausverkauft. Das ist erst das ungefähr fünfte Mal, dass ein Sound-On-Screen-Film bis zum letzten Platz belegt ist.

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Onyl Lovers Left Alive – Jim Jarmusch – USA 2013

Von Matthias Bosenick (28.12.2013)

Das ist ein echter Jim Jarmusch. Still, aber nicht langweilig, schöne Bilder, kaum Handlung, aber fesselnd, ein großartiger Soundtrack, den es leider nicht als Tonträger gibt, und dazu ist der Film ein Hochgesang auf das Wissen und eine vernichtende Kritik an der Gesellschaft. Dabei fungieren die Vampire gottlob lediglich als Medium, als Träger der Botschaft, und nicht als Möglichkeit des Regisseurs, auf einen Trendzug aufzuspringen und Kohle zu machen – denn „Twilight“-Guckern wird „Onyl Lovers Left Alive“ vermutlich gar nicht gefallen.

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