Paterson – Jim Jarmusch – USA 2016

Von Matthias Bosenick (21.11.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour Der Stadtblog

Mit diesem Puzzlespiel von einem Film beschäftigt Jim Jarmusch seine Zuschauer noch Stunden nach Verlassen des Kinos. Nimmt man nur die Zwillinge als Leitmotiv, kann man schon auf schier unendliche Entdeckungsreise gehen. Die kleine Geschichte am Rande nimmt man dann trotzdem gern mit, weil sie so warmherzig und anrührend ist. Typisch für Jarmusch sind die skurrilen Normalen in diesem Film, die fast märchenhafte Abwesenheit von Rassenunterschieden sowie die vielen pop- und sonstwie kulturellen Verweise. Ein Fest!

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Ich, Daniel Blake (I, Daniel Blake) – Ken Loach – GB 2016

Von Matthias Bosenick (13.11.2016) / Auch erschienen auf Kult-Tour Der Stadtblog

Wenn ein Regisseur es schafft, mit seiner Geschichte die Zuschauer so sehr zu berühren, dass sie wahlweise in Tränen ausbrechen oder stinkwütend werden, muss er eine besondere Gabe des Erzählens haben. Ken Loach ist so einer, ein seltener Glücksfall. Mit „Ich, Daniel Blake“ macht er sich einmal mehr zum Sprecher der kleinen Leute, indem er dieses Mal das britische Sozialsystem als Grundlage nimmt, das im Wortsinne die Leute umbringt. Das ist Europa. Leider. Ein hochgradig berührender Film.

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The Childhood Of A Leader – Brady Corbet – USA 2016

Von Matthias Bosenick (12.11.2016)

Stanley Kubrick verfilmt das „Nesthäkchen“: Ein Junge, der aussieht wie ein Mädchen, terrorisiert in Zeiten des ersten Weltenbrandes angesichts autoritärer Eltern sein Umfeld. Fazit: Arschlöcher zeugen Arschlöcher. Als Erklärung für politische Führerfiguren ist das reichlich kurz gedacht und als Film reichlich langatmig. Auch der wohlgepriesene Soundtrack von Scott Walker erzeugt bei Leuten, die schon mal avantgardistische Musik gehört haben, nur für Schulterzucken. Immerhin, die Bilder sind ansprechend und manche One-Liner erinnerungswürdig. Ansonsten wundert man sich, warum Brady Corbet daran zehn Jahre lang gearbeitet haben will.

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The Tiger Theory (Teori tygra) – Radek Bajgar – CZ 2016

Von Matthias Bosenick (12.11.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour Der Stadtblog

Ah, das ist endlich mal wieder europäisches Kino ohne Weichspüler: Der Humor hier unterscheidet sich stark von der französischen Komödie und vom Hollywood-Strandard. „The Tiger Theory“ ist sarkastisch und lakonisch, schwarzböse mithin, und das so beiläufig, dass die Dialoge doppelt sitzen. Veterinärveteran Jan hat nach 40 Jahren Ehe die Schnauze voll von heiler, aber fremdbestimmter Welt und lässt sich angesichts kastrierter Kater und fehldiagnostizierter Gedächtsniskrankheiten bei Graupapageien erfolgreich dazu hinreißen, seiner Familie Alzheimer vorzugaukeln. Spannend sind hier die vielen Charakterentwicklungen, kollidierenden Lebenswelten und beratungsresistenten Stillstände sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Charaktere. Da rückt die nur wenig ausgefeilte Bildsprache in den Hintergrund: Der Film ist gut.

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DeXit – Lars Jordan – D 2016

Von Matthias Bosenick (11.11.2016)

Ist das ernst gemeint? Der Autor muss zugeben, zum ersten Mal seit Ewigkeiten das Kino vorzeitig verlassen zu haben. Das gibt zu sehr in Richtung fremdschämen. Da nun kaum mehr als eine halbe Stunde Film, also gut ein Viertel des Gesamten, als Grundlage für eine Besprechung nicht ausreichen, soll hier Schweigen sein.

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The Laundryman (青田街一号, Qīngtián jiē yī hào) – Chung Lee – Taiwan 2015

Von Matthias Bosenick (11.11.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour Der Stadtblog

Diesen Film gesehen zu haben, war eine mindestens doppelte Herausforderung: Erstens behandelt er übersinnliche Themen, die dem gemeinen Mitteleuropäer fremd sind, und zweitens hing bei der Präsentation die Spur mit den englischen Untertiteln dem Film um eine halbe Minute nach. Die Geschichte ist – schön, aber konventionell gefilmt – diese: Ein Mann arbeitet als Auftragskiller für eine Wäschereibesitzerin und sieht sich bald von den Geistern seiner Opfer bedrängt. Ein Medium soll ihm helfen, sie loszuwerden, doch die Lösungen dafür sind nicht förderlich für andere Lebende. Man sieht sich mit einem recht abenteuerlichen Humor und einer ungewöhnlichen Geschichte konfrontiert.

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Aloys – Tobias Nölle – F/CH 2016

Von Matthias Bosenick (09.11.2016) / Auch veröffentlicht auf Kult-Tour Der Stadtblog

Filmfest!!! Der einzige Grund, sich auf den November zu freuen. In der Reihe „Neues Deutsches Kino“ läuft „Aloys“ aus Frankreich und der Schweiz, weil die Sprache zumindest an den Reihentitel angelehnt ist. Mit Titelfigur Aloys mäandert der Film durch diverse Genres, je nach Zustand dieser Person: Familiendrama, Detektivfilm, Psychogramm, Horror, Fantasy, Liebesgeschichte; alles indes nicht dem Genre gemäß, sondern sorgsam um die Figur herumdrapiert. Und in Motiven dargeboten, die der klassischen Bildkomposition folgen und damit bewundernswert ästhetisch sind. Für den umfassenden Genuss ist es indes unerlässlich, dass man sich auch auf Filme ohne galoppierendes Tempo einlassen kann. Dann hat man seine Freude.

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Saint Amour – Benoît Delépine & Gustave Kervern – F/B 2016

Von Matthias Bosenick (26.10.2016)

Sobald die Filme von Benoît Delépine und Gustave Kervern nicht im erfundenen Groland spielen, geht ihnen reichlich der Witz ab. Dabei beginnt „Saint Amour“ noch recht akzeptabel, kippt dann aber zur Hälfte in einen müden Sexwitz. Weder die Geschichte noch die Charaktere retten den Film, nur die verblassende Erinnerung an einige sehr witzige Dialoge aus der ersten Hälfte lässt das Werk nicht als kompletten Ausfall zurück. Zweimal sehen muss man „Saint Amour“ aber nicht.

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Die Insel der besonderen Kinder (Miss Peregrine’s Home For Peculiar Children) – Tim Burton – USA/B/GB 2016

Von Matthias Bosenick (13.10.2016)

So sehr man Tim Burton auch vergöttert, nicht zwingend jeden seiner Filme will man mehr als einmal sehen („Sweeney Todd“), manche sogar nicht mal überhaupt einmal („Big Eyes“). Es war Zeit für einen neuen Lieblingsfilm von ihm, und „Die Insel der besonderen Kinder“ ist dies ganz leicht. Gute Geschichte, zweckdienliche Effekte, pralle Ideen, morbid-brutale Überraschungen, stringente Erzählung: Burton schöpft aus dem Vollen, aus dem er schon so viele andere Meisterwerke fütterte. Schön auch in 3D.

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One More Time With Feeling – Andrew Dominik – AUS 2016

Von Matthias Bosenick (09.09.2016)

Interesse wecken durch Verknappung: „One More Time With Feeling“, die Dokumentation zum neuen Album von Nick Cave & The Bad Seeds mit dem Titel „Skeleton Tree“, läuft weltweit nur einmal in den Kinos, und zwar am Vorabend der Albumveröffentlichung. In dem fast zweistündigen Film offenbart der Bandchef Einblicke in seine Seele, die der Tod seines Sohnes traumatisierte. Die Auswirkungen schlagen sich in Texten und Musik seiner Bad Seeds nieder. Ergreifend, überwiegend schwarzweiß, musikalisch unerwartet, poetisch und trotzdem nicht frei von Humor.

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